I. Einführung
Rechtsunterworfene sind darauf angewiesen, die Rechtsprechung in Erfahrung
zu bringen, besonders wenn sie sich nach Normen richten sollen, deren Sinn
sich erst durch Auslegung ergibt. Das gilt zum Beispiel für
Arbeitgebende: Art. 328 OR
verpflichtet sie, «zum Schutz von Leben, Gesundheit und
persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand
der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes …
angemessen sind.» Diese gesetzliche Vorgabe ist sehr offen formuliert
und dadurch in hohem Masse auslegungsbedürftig. Was die gesetzliche
Fürsorgepflicht im Einzelfall verlangt, muss aufgrund der
Rechtsprechung ermittelt werden.[1]
Dies ist besonders wichtig, wenn Arbeitnehmende vor psychosozialen Risiken
geschützt werden sollen, da diese schwierig zu erfassen sind.[2]
Die Wirtschaft ist darauf angewiesen, ihr Risikomanagement entsprechend der
Rechtsprechung ausrichten zu können. Auch Arbeitnehmende brauchen
diese Informationen, damit sie ihre Rechte am Arbeitsplatz einfordern und
im Streitfall ihre Prozesschancen abschätzen können.
Diese Bedürfnisse können aber unter den heutigen Gegebenheiten
nur mit sehr grosser Mühe erfüllt werden. Das Bundesgericht
publiziert zwar seit 2000 einen grossen Teil und seit 2007 sämtliche
Endentscheide kostenlos,[3]
damit alle Rechtssuchenden gleichermassen seine Rechtsprechung konsultieren
können.[4]
Aber die Urteile des Bundesgerichts geben nur ein unvollständiges
Bild. Zu vielen Problemen zwischen Arbeitsvertragsparteien gibt es keine
höchstrichterlichen Entscheide. Die Gerichte in den Kantonen
schöpfen die elektronischen Möglichkeiten für die
Publikation ihrer Urteile hingegen nicht aus und liefern nur
beschränkt taugliche statistische Daten. Dadurch fehlen sowohl den
Betroffenen als auch der Wissenschaft und der Politik wertvolle
Informationen. So wäre es zum Beispiel wichtig zu wissen, welche
Arbeitsprobleme überhaupt vor Gericht
getragen werden, ob es regionale Unterschiede gibt, oder wie sich die
Rechtsprechung im Lauf der Jahre gewandelt hat. Letztlich gilt es zu
prüfen, ob der Zugang zum Recht tatsächlich gewährleistet
ist,[5]
und ob die Verfahren zweckmässig ausgestaltet sind.
Wir wollen anhand der privatrechtlichen Rechtsprechung zu psychosozialen
Arbeitsbelastungen zeigen, welches wissenschaftliche (und letztlich
gesellschaftspolitische) Potential in den Bemühungen des Bundesrats
steckt, alle gerichtlichen Entscheide besser zugänglich zu machen und
für eine einheitliche Justiz-Statistik zu sorgen. Darüber hinaus
soll noch auf weitergehende Anliegen aus wissenschaftlicher Sicht
hingewiesen werden.
II. Rechtslage betreffend Publikation von Urteilen und Statistiken
1. Aktuelle Rechtslage
Im Zivilprozessrecht ist Art. 54 Abs. 1 ZPO massgebend:
«Die Entscheide werden der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht.» Zudem schreibt Art. 27 BGG vor, dass die Urteile
des Bundesgerichts «grundsätzlich in anonymisierter Form» zu
veröffentlichen sind. Beide Bestimmungen beruhen auf Art. 30 BV, wonach
Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung öffentlich sind. Dieses
Prinzip der Justizöffentlichkeit ist auch in Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 UNO-Pakt II verankert.[6]
Werden Urteile im Internet publiziert, ist dies eine vom Bundesgericht
anerkannte Form der Justizöffentlichkeit.[7]
Sinn und Zweck dieser Bestimmungen rufen nach einer vollständigen
Veröffentlichung der Urteile, und zwar einerseits vollständig in
Bezug auf die Gesamtheit aller gefällten Urteile (unabhängig von
ihrer Instanz) und andererseits vollständig in Bezug auf
Spruchkörper, Sachverhalt, Urteilserwägungen und Dispositiv.[8]
Für die Organisation der Gerichte und die Rechtsprechung in
Zivilsachen sind in der Schweiz gemäss Art. 122 Abs. 2 BV die Kantone
zuständig, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht. Auch in
Strafsachen sind die Kantone für die Gerichtsorganisation
zuständig (Art. 123 Abs. 2 BV). Zur Strafjustiz werden freilich seit Jahrzehnten schweizweit Daten
erhoben und publiziert,[9]
und die Strafurteilsstatistik dient als Grundlage für die Strafrechts-
und Kriminalpolitik.[10]
Für die Zivilgerichtsbarkeit fehlen demgegenüber entsprechende
statistische Informationen (abgesehen von einzelnen Teilbereichen wie
Mietschlichtung und SchKG-Vollzug).[11]
Der Bund ist befugt, den Kantonen oder ihren Gerichten gesetzliche Vorgaben
für eine einheitliche Statistik und Urteils-publikation zu machen, da
Kantone auch für die Organisation der Ziviljustiz nur soweit
zuständig sind, als sie nicht durch Bundesgesetz eingeschränkt
werden (gem. Art. 122 Abs. 2 BV).
Auch die Kantone haben Vorschriften zur Justizöffentlichkeit erlassen.
So legt zum Beispiel Art. 78 KV ZH
fest, dass Rechtspflegeentscheide auf angemessene Weise der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Welche Kennzahlen die
Gerichte zu erheben haben, ist meist in den kantonalen Gesetzen zur
Organisation der Justiz festgelegt.[12]
2. Geplante Revision der ZPO
Im März 2018 schickte der Bundesrat eine Änderung der
Zivilprozessordnung in die Vernehmlassung.[13]
Das Ziel dieser Revision ist es, die Rechtsnormen praxistauglicher zu
machen und deren Durchsetzung zu verbessern. Die Vorlage enthält unter
anderem eine gesetzliche Grundlage, die vereinheitlichen soll, welche
Entscheide zugänglich sind und welche Formate und Metadaten bei der
elektronischen Publikation verwendet werden (Art. 400 Abs. 2bis
VE-ZPO). Ausserdem gibt die Vorlage dem Bund die Kompetenz, die
Modalitäten für «genügende statistische Grundlagen und
Geschäftszahlen» einheitlich festzulegen (Art. 401a VE-ZPO).
Der Bundesrat möchte den Zugang zur kantonalen Rechtsprechung
verbessern. Er stellte nämlich fest, dass die Kantone Entscheide in
den unterschiedlichsten Formen elektronisch publizieren. Das erschwert es,
Entscheide zu finden.[14]
Verbesserungsbedarf sieht der Bundesrat auch bei statistischen Erhebungen,
weil derzeit zu zentralen Instrumenten und Abläufen des Zivilprozesses
schweizweit kaum verwertbare Geschäftszahlen und einheitliche
Statistiken verfügbar sind.[15]
Ihm schwebt vor, Daten zu Anzahl, Art, Dauer und Kosten der Verfahren zu
erheben,[16]
damit verlässliche Informationen vorliegen, die mit Daten anderer
europäischer Länder verglichen werden können.[17]
Nach diesem Gesetzesentwurf sollen sich die statistischen Erhebungen auf
die «Anwendung der ZPO» beschränken (Art. 401a VE-ZPO).[18]
Diese Revision ist Bestandteil des Projekts Justitia 4.0.[19]
Dies ist ein gemeinsames Projekt von Gerichten des Bundes und der Kantone,
um den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Aktenführung
einzuführen. Damit kann die Schweiz eine einheitliche
kostengünstige Datenbank der Gerichtsentscheide in der Schweiz umsetzen.[20]
In der Vernehmlassung[21]
haben die Kantone die beiden erwähnten Revisionsvorschläge (Art.
400 Abs. 2bis und Art. 401a ZPO) mehrheitlich abgelehnt.[22]
Viele Kantone wehren sich besonders dagegen, die Urteilspublikation zu
vereinheitlichen. Sie stimmen hingegen eher zu, wenn es darum geht, die
Statistik einheitlich aufzusetzen.[23]
Am deutlichsten hat sich der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
geäussert: «Die Schaffung eines faktischen Zwangs zur
umfangreichen Statistikführung und elek-tronischen Aufbereitung von
Entscheiden hat erhebliche Folgekosten für die Kantone ohne einen
entsprechenden Mehrwert für die Rechtssuchenden zur Folge»[24]
. Sowohl die Kosten wie der Mehrwert sind noch genauer zu betrachten.[25]
III. Aktuelle Praxis in den Kantonen
1. Publikation von Urteilen
Bevor das World Wide Web Einzug gehalten hat, erfuhr die interessierte
Öffentlichkeit von Urteilen des Bundesgerichts durch die gedruckten
Entscheidungen (BGE). Urteile unterer Instanzen wurden nur ganz vereinzelt
in Fachzeitschriften oder in einer jährlichen Sammelpublikation
zusammengefasst veröffentlicht.[26]
Solche Print-Publikationen werden immer noch weitergeführt. Swisslex
und Weblaw haben sie zudem grösstenteils in die kostenpflichtigen
Rechtsprechungsdatenbanken übernommen.[27]
Welche kantonalen Urteile zur Publikation in Fachzeitschriften oder
Sammelpublikationen ausgewählt werden, entscheidet das
Gerichtspersonal selber. Die Kriterien für die Auswahl sind nicht
bekannt und können daher weder überprüft noch diskutiert
werden.
Neben den traditionellen Sammlungen von «wichtigen» Urteilen sind
die Gerichte in den Kantonen zunehmend dazu übergegangen, Urteile auf
den Internetseiten der Kantone oder der Gerichte zu publizieren.[28]
Heute publizieren alle Kantone Urteile im Internet.[29]
Sie beschränken sich mehrheitlich auf Urteile zweiter Instanz
(Kantons-, Obergerichte), und auch diese mehr oder weniger stark
selektiert. Nur sechs Kantone gaben bei einer Befragung an, dass sie
sämtliche Sachurteile der oberen Gerichte online veröffentlichen.[30]
Der Kanton Genf verfolgt diese Praxis seit 1999, die anderen fünf
Kantone sind erst in den letzten zehn Jahren dazu übergegangen.[31]
Eine Langzeitbetrachtung der Rechtsprechung ist also auch bei diesen
Kantonen noch kaum möglich.
In der Mehrheit der Kantone bilden die im Internet publizierten Urteile
meist nur eine kleine Auswahl der gesamten Urteilsproduktion. So hat z.B.
das Kantonsgericht St. Gallen nach unserer Zählung im Zeitraum
2002-2017 lediglich fünf von den insgesamt 272 arbeitsrechtlichen
Urteilen im Internet publiziert. Dadurch ist nur bruchstückhaft
bekannt, welche Rechtsprobleme an obere kantonale Zivilgerichte
herangetragen werden, und die Urteile der erstinstanzlichen
Zivilgerichte bleiben fast völlig im Dunkeln.[32]
2. Publikation von Kennzahlen
Quantitative Daten zur Justiz lassen sich heutzutage nur aus den
jährlichen Rechenschaftsberichten der Gerichte zusammentragen.
Über mehrere Kantone hinweg sind diese Zahlen wegen der
unterschiedlichen Qualität aber kaum vergleichbar.[33]
Mit den heute erhobenen Kennzahlen weisen die Gerichte Fallzahlen, Dauer
der Verfahren und Pendenzen aus. Oft lassen sich die Angaben nur nach
Straf- und Ziviljustiz und bisweilen nach Verfahrensarten, nicht aber nach
materiellen Gesichtspunkten aufschlüsseln.
Verdienstvollerweise hat Stephan Aerschmann Rechenschaftsberichte von
Gerichten «als Ort der Wissensproduktion über das
Gerichtswesen» eingehend untersucht und festgestellt, dass
jährliche Rechenschaftsberichte nur beschränkt als Abbild der
Wirklichkeit verstanden werden können.[34]
Sie sind auf das Parlament ausgerichtet, welches auf dieser Grundlage die
Aufsicht ausübt und über die Ressourcen befindet.[35]
Die Berichte bilden die Geschäftslast und die «Erfolgsquote»
von Rechtsmitteln ab und dienen als Grundlage für die
Ressourcenplanung. Die kurze Verfahrensdauer scheint dabei das
«entscheidende Merkmal einer guten Justiz» zu sein.[36]
Viele Verantwortliche für die Gerichtskommunikation haben erkannt,
dass sie die Öffentlichkeit breiter über ihre Tätigkeit
informieren müssen und sich nicht mehr allein auf die Publikation von
(ausgewählten) Einzelfallentscheiden und von Rechenschaftsberichten
beschränken können.[37]
Nachfolgend soll gezeigt werden, dass die wissenschaftliche Vorbereitung
von wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Entscheidungen gewinnen kann,
wenn die Publikationspraxis von Gerichten in den Kantonen verbessert wird.
Dies soll erörtert werden am Beispiel einer Untersuchung von
psychosozialen Arbeitsbelastungen in der arbeitsgerichtlichen
Rechtsprechung.
IV. Gesellschaftliche Bedeutung der Rechtsprechung
Der Gesundheitszustand der Bevölkerung hat grosse volkswirtschaftliche
Bedeutung. Aus entsprechenden Daten lassen sich Strategien für
Prävention und medizinische Versorgung ableiten. Arbeitsrechtliche
Verfahren können ein Indikator für gesundheitliche Probleme sein,
da ein grosser Teil der aktiven Bevölkerung Arbeitnehmende sind.
Das Bundesamt für Statistik erhebt mit der Schweizerischen
Arbeitskräfteerhebung SAKE regelmässig Daten zu berufsbedingten
Gesundheitsproblemen, sowohl zu physischen wie zu psychischen Risiken. Die
folgende Grafik zeigt, welche psychosozialen Risiken bestehen und wie stark
diese von den Erwerbstätigen
wahrgenommen werden.[38]
Auch die Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen liefert Daten zu Arbeitsbelastungen.[39]
Im Vergleich zum europäischen Durchschnitt sind in der Schweiz die
psychischen Belastungen hoch. Die Schweiz nimmt beim hohen Arbeitstempo und
beim Termindruck den Spitzenplatz ein und steht bei den störenden
Arbeitsunterbrechungen an dritter Stelle.[40]
Während 2005 in der Schweiz 8 % der Befragten angaben, dass sie von
Mobbing betroffen sind, waren es 2015 noch 4,2 %. Zugenommen haben
demgegenüber Benachteiligungen aufgrund der Nationalität (von 3
auf 4,2 %) und sexuelle Belästigungen (von 1,1 auf 2,5 %).[41]
Seit 2014 lässt die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz mit
einer repräsentativen Online-Umfrage den Job-Stress-Index erheben,
welcher das Verhältnis von Arbeitsbelastungen und Arbeitsressourcen
abbildet.[42]
Als Belastungen gelten Zeitdruck, arbeitsbezogene Unsicherheit,
arbeitsorganisatorische Probleme, qualitative Überforderung, soziale
Stressoren durch Vorgesetzte und Arbeitskollegen, während auf der
anderen Seite als Arbeitsressourcen der Handlungsspielraum, ganzheitliche
Tätigkeit, unterstützendes Verhalten der Vorgesetzten und
allgemeine Wertschätzung gewichtet werden. Dieser Index beruht auf der
allgemein anerkannten Tatsache, dass ein chronisches Ungleichgewicht
zwischen Belastungen und den verfügbaren
Bewältigungsmöglichkeiten (Ressourcen) dazu führen kann,
dass Arbeinehmende krank werden und die Produktivität letztlich
abnimmt.[43]
Der Anteil der Erwerbstätigen in der Schweiz, die unter mehr
Belastungen als Ressourcen leiden, betrug 27,1 % im Jahr 2018 und ist damit
seit der ersten Erhebung im Jahr 2014 (24,8 %) angestiegen. Die damit
verbundenen Produktivitätsverluste schätzt die Stiftung
Gesundheitsförderung Schweiz für 2018 auf rund CHF 6,5 Mrd.[44]
2. Niederschlag in der
Rechtsprechung?
Wenn ein grosser Anteil der Erwerbsbevölkerung psychosoziale
Arbeitsbelastungen wahrnimmt und über ein Viertel unter Stressfolgen
leidet, ist anzunehmen, dass sich dies auch in Gerichtsverfahren infolge
Verletzung der Fürsorgepflicht niederschlägt, und dass bei einer
Langzeitbetrachtung eine Entwicklung zu beobachten ist. Eine quantitative
Aussage darüber zu machen, ist aufgrund der heutigen Datenlage aber
alles andere als einfach.
Wie beschränkt die Möglichkeiten für eine wissenschaftliche
Beobachtung und Reflexion des Geschehens vor Gericht unter den heutigen
Rahmenbedingungen sind, zeigt das nachfolgende Beispiel.[45]
Es zeigt aber auch, welch grosses Feld an neuen Erkenntnissen sich auftut,
wenn die verfügbaren technischen Möglichkeiten besser genutzt
werden. Dieses neu gewonnene Wissen kann wertvoll sein, sowohl um die
Justiz weiterzuentwickeln als auch ausserhalb des Rechtswesens für
Wirtschaft und Gesellschaft.[46]
V. Erkenntnisgewinn dank
technischen Verbesserungen
1. Vereinheitlichung der Textformate
Da nur ein Teil der kantonalen Urteile elektronisch zugänglich ist,
können Urteile unterer Instanzen nicht vollständig und auch nicht
kantonsübergreifend elektronisch durchsucht werden.[47]
Jeder Kanton publiziert seine Urteile im Internet nach einer eigenen
Systematik und legt die Dokumente auf einer individuell gestalteten Website
in Formaten ab, die von Kanton zu Kanton unterschiedlich sind. Dies
schränkt den Einsatz von technischen Hilfsmitteln unnötig ein.
Will man heute die Entscheide von Gerichten unterer Instanzen finden,
welche sich mit psychosozialen Arbeitsbelastungen befassen, bleiben nur
komplizierte, zeit- und ressourcenintensive Such- und Analysemethoden.
Eine Erleichterung kann zum Beispiel das Textmining bieten:[48]
Dazu muss man zunächst das relevante Textmaterial (hier also Webseiten
mit Gerichtsentscheiden) identifizieren. Danach gilt es die Urteilstexte zu
extrahieren (mittels sog. Webscraping) und in ein maschinenlesbares Format
zu bringen. Solche Texte lassen sich in strukturierte Datensätze
umwandeln und mit Metainformationen versehen.[49] Aus den Urteilstexten kann sodann ein «Korpus» erstellt werden,
der sich mit elektronischen Hilfsmitteln nach verschiedenen Gesichtspunkten
analysieren lässt.[50]
Mit dieser Methode fand man zum Beispiel heraus, dass das Parteibuch die
Urteile von Richtern am Bundesverwaltungsgericht bei Asylbeschwerden
beeinflusst.[51]
Eine technisch unterstützte Analyse der Rechtsprechung des
Bundesgerichts zum Arztrecht ermöglichte sodann neue Erkenntnisse
über den Verfahrensausgang je nach anwaltlicher Vertretung oder
Besetzung des Gerichts.[52]
In der vorliegenden Pilotstudie mussten wir uns aus
Kapazitätsgründen auf einzelne Kantone und auf die Rechtsprechung
ihrer obersten Gerichte beschränken. Die Wahl fiel auf die Kantone
Genf und Zürich, welche in vergleichbarer Dichte ab 2002 ihre
letztinstanzlichen kantonalen Urteile im Internet publizieren.[53]
Ein Auswahlkriterium war aber auch, welche Urteile sich mit
vernünftigem Aufwand scrapen, d.h. von den Webseiten extrahieren
liessen, ohne dass jedes einzelne Dokument aufgerufen und abgespeichert
werden musste. Als Ergänzung dazu stellte der Kanton St. Gallen dem
Forschungsteam sämtliche arbeitsrechtlichen Urteile für den
Zeitraum 2002 bis 2017 elektronisch zur Verfügung. Die Urteile lagen
im PDF-Format vor und mussten in Textdateien umgewandelt werden, damit sie
sich mit einem Konkordanz-Programm zur linguistischen Korpusanalyse
bearbeiten liessen.[54]
Es wurde erhoben, in welchen Fällen einer der Begriffe (gemäss
den Grafiken unten) vorkommt,[55]
welche auf psychosoziale Belastungen hinweisen.[56]
Die Suche mittels «Regular Expressions» (mit spezifischen
Funktionszeichen versehenen Buchstabenfolgen) ermöglicht es, diese
Begriffe unabhängig von der grammatikalischen Flexion sowie Gross-,
Kleinschreibung zu erkennen. Die Anzahl der als relevant identifizierten
Urteile wurde ins Verhältnis gesetzt zur Gesamtzahl der Urteile,
welche sich im betreffenden Kanton im selben Zeitraum mit Streitigkeiten
aus privaten Arbeitsverhältnissen befasst haben.[57]
Damit lässt sich der prozentuale Anteil von arbeitsrechtlichen
Streitigkeiten ermitteln, die psychosoziale Faktoren erwähnen (siehe
Grafiken unten). Dieser prozentuale Anteil ist eine wichtige Kennzahl, weil
sich die Bevölkerungszahl in diesen drei Kantonen unterscheidet.[58]
Zudem ist bekannt, dass es deutliche Unterschiede gibt, wie häufig die
Einwohner/innen der jeweiligen Kantone Gerichte anrufen: In Genf hatten 44
% der Befragten angegeben, dass sie bereits mit einem Gericht zu tun gehabt
hatten, während es in Zürich 31 % und in St. Gallen nur 23 %
waren.[59]
In den ersten acht Jahren des Beobachtungszeitraums geben fast
ausschliesslich die Urteile des Obergerichts Genf Hinweise auf
psychosoziale Belastungen.[60]
In den folgenden acht Jahren (2010-2017) scheint sich das Phänomen auf
das Kantonsgericht St. Gallen und in geringerem Ausmass auf das Obergericht
Zürich ausgeweitet zu haben.
Dies kann damit zusammenhängen, dass die Belastung an den
Arbeitsplätzen kantonal unterschiedlich ist. Laut der Schweizerischen
Gesundheitsbefragung fühlten sich nämlich in der Genfersee-Region
21,5 % der Befragten psychisch belastet, während es in der Region
Zürich 13,5 % und in der Ostschweiz 12 % waren.[61]
Zudem ist der Anteil von Personen mit einer tiefen Arbeitszufriedenheit
in der Deutschschweiz geringer (Region Zürich 8,1 %, Ostschweiz 7,9%)
als in der Region Genfersee (16,9 %).[62]
Auch der Anteil von Personen mit Depressionssymptomen ist in Genf
höher.[63]
Andererseits unterscheidet sich der Arbeitsmarkt in Genf und Zürich
nicht wesentlich,[64]
doch die Arbeitslosenquote ist in Genf mit 4,5 % deutlich höher als in
Zürich (2,7 %) und St. Gallen (2,0 %).[65]
Es gibt zudem laut einer Studie im Auftrag der Suva kulturell bedingte
Unterschiede in der Wahrnehmung von psychosozialen Belastungen am
Arbeitsplatz in den verschiedenen Sprachregionen.[66]
Dies könnte teilweise auch mit den Aktivitäten der kantonalen
Arbeitsinspektoraten zusammen hängen.[67]
Diese ersten Arbeitshypothesen müssten mit weiteren Forschungen
vertieft werden.
Sprachregionale Unterschiede bestätigt auch eine Auswertung von
Urteilen des Bundesgerichts, in denen mindestens einmal der Begriff
«Mobbing»[68]
vorkommt. Hier können die Angaben nur in absoluten Zahlen erfolgen,
weil die jährliche Gesamtzahl der Arbeitsrecht-Urteile in der
jeweiligen Sprache nur mit grossem Aufwand zu ermitteln wäre. Immerhin
ist ersichtlich, dass die absolute Anzahl der bundesgerichtlichen Urteile,
welche das Stichwort «Mobbing» enthalten, im Verhältnis zu
den ca. 5 Mio. Beschäftigten klein ist. Spitzenjahre sind 2006, 2012
und 2016 mit je sieben zivilrechtlichen Urteilen sowie 2009 und 2014 mit je
acht Urteilen zu öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen.
Eine kontinuierliche Zu- oder Abnahme ist auf Ebene Bundesgericht für
den gesamten Untersuchungszeitraum nicht festzustellen.
Die Daten, die vorliegend erhoben und untersucht wurden, lassen jedenfalls
erkennen, dass psychosoziale Arbeitsbelastungen im Kanton Genf (und in den
französischsprachigen Landesteilen) von den Betroffenen oder ihren
Anwältinnen und Anwälten zu einem früheren Zeitpunkt als
rechtlich relevantes Thema wahrgenommen und vor Gericht thematisiert wurden
als in den beiden anderen Kantonen (oder der Deutschschweiz).
Obwohl Mobbing und Stress in der Öffentlichkeit stark wahrgenommen
werden, machen Gerichtsurteile, in denen psychosoziale Arbeitsbelastungen
thematisiert werden, einen relativ kleinen Anteil aller Urteile aus, die zu
Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis gefällt werden. Aus der
Rechtsprechung des Kantonsgerichts St. Gallen, zu der für die
vorliegende Studie alle arbeitsrechtlichen Urteile zur Verfügung
standen, konnten mit der beschriebenen Methode für den Zeitraum 2002-2017 insgesamt 18 Urteile ermittelt werden, bei denen
psychosoziale Arbeitsbelastungen erwähnt wurden, was 6,6 % aller 272
Urteile entspricht. Für die Kantone Genf und Zürich stützt
sich die Analyse nicht auf alle Sachurteile, sondern nur auf die im
Internet publizierten Entscheide. Insofern kann ein Vergleich nur mit
diesem Vorbehalt vorgenommen werden.
Bei der Gesundheitsbefragung 2017 gaben 5,7% der Erwerbstätigen aus
der Ostschweiz (das sind ca. 39'000 Personen) an, dass sie am Arbeitsplatz
Einschüchterung, Belästigung und Mobbing erleben.[69]
Bis zum Kantonsgericht St. Gallen gelangt nach unseren Erhebungen aber im
Durchschnitt nur gut ein Fall pro Jahr.
Diese Befunde rufen nach weiteren Untersuchungen. Warum wenden sich nur
wenige Arbeitnehmende (die unter übermässigen psychosozialen
Arbeitsbelastungen leiden) an Gerichte? Lassen sich betriebsintern
Lösungen finden oder suchen die Betroffenen die
«Lösung» durch Kündigung des Arbeitsvertrages? Ist eine
hohe Anzahl von Urteilen ein Indikator für mangelnde Durchsetzung des
Arbeitsgesetzes? Oder ist es gerade umgekehrt, dass sich Arbeitnehmende in
Kantonen mit einem aktiven Arbeitsinspektorat eher auch auf
zivilrechtlichem Weg für ihre Rechte einsetzen?[70]
2. Automatisierung der
Anonymisierung
Bei allen Bemühungen um Transparenz der Justiz ist unbestritten, dass
die Persönlichkeitsrechte von Beteiligten und Betroffenen angemessen
zu respektieren sind, wenn Gerichte Urteile veröffentlichen.[71]
Aus diesem Grund ist es heute Standard, dass die Urteile anonymisiert
publiziert werden.[72]
Wie weit die Unkenntlichmachung gehen soll und muss, bedarf des Augenmasses[73]
und einer gewissen Umsicht.[74]
Einheitliche Massstäbe und eine einheitliche Praxis gibt es an
schweizerischen Gerichten allerdings nicht.[75]
Wenn man sich bei der Redaktion des Urteils schon bewusst ist, dass der
Text veröffentlicht wird, kann man Formulierungen wählen, die
weniger Bedarf an Anonymisierung hervorrufen, indem die Parteien im
Sachverhalt, bei der Prozessgeschichte und in den Erwägungen nicht mit
ihren Namen, sondern in ihren Prozessrollen genannt werden.[76]
Das Obergericht Zürich, welches sämtliche Sachentscheide im
Internet publiziert, benötigt für die Anonymisierung einhundert
Stellenprozente, welche auf fünf Studierende aufgeteilt sind.[77]
Werden Word-Dokumente mit der «suchen-ersetzen»-Funktion
anonymisiert, beträgt nach den Erfahrungen im Kanton St. Gallen der
Aufwand für die Anonymisierung je nach Urteil eine halbe bis eine
ganze Stunde, was etwa 5 Prozent der Urteilsredaktion ausmache.[78]
Ähnlich war das Ergebnis einer Umfrage bei 17 Kantonen. Gemäss
den Angaben betrug der durchschnittliche Aufwand für die
Anonymisierung eines Urteiles 33 Minuten.[79]
Mittlerweile werden von verschiedenen Anbietern Software-Tools zur
(Teil-)Automatisierung der Anonymisierung angeboten und zunehmend
optimiert.[80]
Das Ziel ist es, im Vergleich zur manuellen Anonymisierung
kostengünstigere und weniger fehleranfällige Hilfsmittel zur
Verfügung zu stellen.[81]
Dadurch werden die Hürden bezüglich Personalaufwand und Kosten
abgebaut. Kosten werden also schon bald kein Argument mehr dagegen sein,
sämtliche Urteile zu veröffentlichen.[82]
3. Vereinheitlichung von Metadaten
Die Urteile der Arbeitsrechtskammer des Obergerichts Genf sind in einzelnen
Jahren mit sogenannten Metadaten ausgerüstet. Für jedes Urteil
wurde u.a. die Vorinstanz, der Streitgegenstand, die zitierten
Rechtsnormen, verschiedene Stichwörter und das Resultat
(Bestätigung oder Korrektur des Urteils der Vorinstanz) erfasst. Diese
Angaben lassen sich in eine Excel-Tabelle extrahieren und ermöglichen
in der Folge eine quantitative Analyse der Rechtsprechung auch nach
materiellen Gesichtspunkten. Damit lassen sich zum Beispiel Urteile
betreffend sexueller Belästigung oder Genugtuung nach weiteren
Kriterien filtern.
Wären sämtliche Gerichte in der Schweiz verpflichtet, solche
Metadaten einheitlich zu erfassen, würde sich ein interessantes
Forschungsfeld eröffnen, das auch für die Ausbildung genutzt
werden könnte. Bereits anhand der Metadaten der Chambre des
prud'hommes lässt sich z.B. erkennen, dass in Genf
Entschädigungen für missbräuchliche Kündigungen
regelmässig mit Genugtuungsforderungen kombiniert werden, was nach
unseren Analysen in Zürich und St. Gallen nicht der Fall ist.
4. Verbesserung der Kennzahlen
Die in den kantonalen Rechenschaftsberichten veröffentlichten Angaben
sind für die Beobachtung der Justiz nur sehr
beschränkt geeignet.[83]
Werden diese Statistiken erstellt, ist offensichtlich bislang nicht im
Blick, dass ein öffentliches Bedürfnis nach quantitativen Daten
besteht, das über Angaben zu Verfahrensdauer und Geschäftslast
hinausgeht. Auch laut der geplanten Revision der ZPO sollen sich die
statistischen Erhebungen nur auf die «Anwendung der ZPO»
beschränken (Art. 401a VE-ZPO). Wünschbar wären jedoch
zusätzlich die Erfassung von soziodemografischen Kennzahlen und
Angaben zur Anwendung des materiellen Rechts.
Im Bereich des Arbeitsrechts wäre es zunächst aufschlussreich zu
erfahren, wie gross der Anteil von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten an der
gesamten Fallzahl der jeweiligen Zivilgerichte ist. Informationen zu
Streitgegenständen, Verfahrensausgängen, betroffenen Branchen
oder Kategorien von Arbeitnehmenden liessen sich wissenschaftlich
auswerten. Gerne möchte man auch erfahren, wie oft das
Arbeitsverhältnis bei Einleitung des Verfahrens schon beendet ist, wer
das Verfahren einleitet, ob die Arbeitslosenkasse subrogiert, und wie viele
der jeweiligen Prozessparteien anwaltlich vertreten sind.
Nur mit solchen Informationen lässt sich untersuchen und sachlich
diskutieren, ob ein genügender Zugang zum Recht und ein ausreichender
Rechtsschutz gewährleistet ist. Werden solche Daten in allen Kantonen
einheitlich erfasst, lassen sich Praktiken und Gewohnheiten zwischen
Kantonen oder einzelnen Gerichten vergleichen und reflektieren.
VI. Verbesserung der Informationen über Vergleichsverhandlungen
Doch ein wichtiger Teil der Tätigkeit von Gerichten und
Schlichtungsbehörden bleibt immer noch ausgeklammert, auch wenn die
oben skizzierten Verbesserungen umgesetzt wären: Nicht erfasst
wären die Vergleiche, die vor diesen Institutionen geschlossen werden.
Gemäss einer Untersuchung bei erstinstanzlichen Gerichten im Kanton
Zürich wurden nur etwa ein Viertel aller Fälle durch ein
Sachurteil erledigt, während deutlich über die Hälfte durch
Vergleich, Anerkennung und Rückzug abgeschlossen wurden.[84]
Gemäss einer Studie[85]
wollen Richterinnen und Richter nicht nur strittige Fälle entscheiden,
sondern vor allem auch Vergleiche fördern, da dies für sie
persönlich befriedigender sei und Kosten spare.
Sowohl die Anwaltschaft wie die Gerichte sind für ihre Argumentationen
darauf angewiesen, einschlägige Präjudizien zu kennen. Ebenso
schöpft die juristische Ausbildung aus dem Fundus von publizierten
Urteilen. Genauso informativ wäre es freilich, die Fälle zu
kennen, in welchen das Verfahren durch Vergleich abgeschlossen wurde. Dazu
gehören auch die Eckdaten der getroffenen Einigung. Diese
Informationen bleiben heute jedoch weitgehend im Dunkeln. Eine Ausnahme
macht die Datenbank mit Urteilen und Vergleichen zum
Gleichstellungsgesetz.[86]
Eine solche Sammlung wäre für den gesamten Bereich des
Arbeitsrechts sowohl für Arbeitnehmende als auch Unternehmen von hohem
Nutzen.[87]
Erst mit solchen breiteren Informationen könnte man die hohe
Vergleichsquote an schweizerischen Gerichten[88]
beleuchten. Die unterschiedlichen Gepflogenheiten besonders zwischen den
Deutschschweizer Kantonen und der Romandie[89]
und das Selbstbild von Akteuren der Justiz[90]
verdienten es eingehender untersucht und zur Diskussion gestellt zu werden.
VII. Ergebnis
Das Auffinden von Präjudizien ist heute noch äusserst
mühsam, wenn man sich nicht auf die bundesgerichtlichen Entscheide
beschränken will und kann. Eine einheitliche kostengünstige Suche
nach Gerichtsentscheiden scheitert derzeit noch an technischen Hürden.
Daher verdient die vom Bundesrat angestrebte Revision der ZPO
Unterstützung, mit welcher diese Hürden abgebaut werden sollen.
Es besteht darüber hinaus ein öffentliches Interesse, dass die
gesamte Tätigkeit der dritten Gewalt transparenter wird. Mit der
Kommunikation von einzelnen Urteilen wird diesem Anliegen nicht Genüge
getan. Am Beispiel der psychosozialen Arbeitsbelastungen wurde gezeigt,
dass eine transparentere Justiz hilft, gesellschaftliche und
wirtschaftliche Phänomene zu erkennen und über einen
längeren Zeitraum zu beobachten. Dies kann Grundlage sein, um
gesellschaftliche Herausforderungen besser zu bewältigen. Das
Erkenntnisinteresse beschränkt sich also nicht auf
Einzelfallentscheide.
Auch aus wissenschaftlicher Sicht ist es zu begrüssen, wenn sowohl die
Urteilspublikation im Internet als auch die statistischen Erhebungen
vereinheitlicht werden. Erst diese Massnahmen ermöglichen es, die
Justiz fundiert zu erforschen und moderne Technologien für
wissenschaftliche Analysen einzusetzen.
[1]
Die analoge Schutzbestimmung von Art. 6 ArG wird durch die
Verordnungen 3 und 4 zum ArG etwas konkretisiert. Gerade in Bezug
auf psychosoziale Belastungen bleiben auch diese Bestimmungen sehr
vage (ausführlich dazu: Steiger-Sackmann Sabine, Schutz vor
psychischen Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz, Rechtliche
Möglichkeiten zur Verbesserung der Prävention,
Zürich 2013, Rz. 158).
[2]
Steiger-Sackmann Sabine, Krankmachende Arbeitsbedingungen - ein
unterschätztes Haftungsrisiko? in: Anna Böhme/Fabian
Gähwiler/Fabiana Theus Simoni/Ivo Zuberbühler (Hrsg.),
Ohne jegliche Haftung, Festschrift für Willi Fischer,
Zürich 2016, S. 492 ff.
[3]
Josi Peter, Medienarbeit des Bundesgerichts, in:
Justice-Justiz-Giustizia 2/2018, Rz. 8.
[4]
Tschümperlin Paul, Öffentlichkeit der Entscheidungen und
Publikationspraxis des Schweizerischen Bundesgerichts, in: SJZ
99/2003, S. 268.
[5]
Kaufmann Claudia, Hausamann Christina (Hrsg.), Zugang zum Recht, Vom
Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsschutz, Basel 2017.
[6]
Santschi Kallay Mascha, Externe Kommunikation der Gerichte,
Rechtliche und praktische Aspekte der aktiven und reaktiven
Medienarbeit der Judikative, Bern 2017, S. 105 ff.
[7]
BGE 139 I 129, E. 3.3; Schindler Benjamin, Justizöffentlichkeit im
digitalen Zeitalter, in: Gschwend Lukas u.a. (Hrsg.), Recht im
digitalen Zeitalter, Festgabe Schweizerischer Juristentag 2015,
Zürich 2015, S. 741-757, S. 747 (mit weiteren Hinweisen).
[9]
Daten zur Strafjustiz sind
auf der Webseite des Bundesamts für Statistik einsehbar.
[10]
Die
Strafurteilstatistik
wird aufgrund der Verordnung über die Durchführung von
statistischen Erhebungen des Bundes vom 30. Juni 1993, (SR 431.012.1), Anhang Ziff.
88, erhoben und enthält Datenreihen seit 1946. Pro Entscheid
werden erhoben: Ort (Gericht) und Datum des Entscheids,
soziodemographische Merkmale der betroffenen Person, Straftat(en),
Sanktionen (Haupt- und Nebenstrafen), Strafmass.
[11]
Meier Isaak, Evaluative Justizstatistik - am Beispiel des
Einleitungsverfahrens, in: ZZZ 37/2016, S. 5-23, S. 5.
[12]
Z.B. § 75 Abs. 2 und § 79 Abs. 2 GOG ZH
betr. Inhalt des Rechenschaftsberichts an den Kantonsrat. Betr.
Kanton Freiburg; Gautschi Alain, Ambivalenz zwischen dem Grundsatz
der Entscheidöffentlichkeit und dem Persönlichkeitsschutz
der Beteiligten, in: Justice-Justiz-Giustizia, 1/2013, Rz. 3 und 47
ff.
[14]
Erläuternder Bericht
zur Änderung der Zivilprozessordnung (Verbesserung der
Praxistauglichkeit und der Rechtsdurchsetzung) vom 2. März
2018, S. 95.
[19]
Piesbergen Jens, Justitia 4.0 - Digitalisierung und Transformation
der Justiz, in: Justice-Justiz-Giustiza, 2/2018, Rz. 6;
Tschümperlin Paul, Die Justiz auf dem Weg zum elektronischen
Dossier, in: SJZ 114/2018, S. 320.
[20]
Guyan Peter, Zugänglichkeit von schweizerischen
Gerichtsentscheiden im Internet, in: Justice-Justiz-Giustizia
2/2018, Rz. 2.
[22]
Einzig der Kanton Graubünden begrüsst eine
Vereinheitlichung der Urteilspublikationen und regt an, die
Bestimmungen der ZPO und der StPO einander anzugleichen.
[23]
Die Ergebnisse der Vernehmlassung sind derzeit noch nicht
ausgewertet, aber die gesammelten Stellungnahmen der
Kantone, Parteien und Verbände sind auf der Webseite
einsehbar.
[25]
Unten Rz. 26 ff.; insbesondere Rz. 40 und 43 ff.
[26]
Z.B. Jahrbuch des Arbeitsrechts JAR oder Entscheide des
Arbeitsgerichtes Zürich.
[27]
Guyan (Fn. 20), Rz. 20.
[28]
Es bestehen derzeit rund 90 Sammlungen von elektronisch
publizierten Entscheiden gem. Guyan (Fn. 20), Rz. 10.
[30]
Wobei diese Aussage im Kanton Bern nur auf Strafurteile, nicht aber
auf Zivilurteile zutrifft. Hürlimann, Kettiger (Fn. 29), Rz.
7.
[31]
Waadt 2009, Zürich 2011, Freiburg 2012, Basel-Stadt 2014,
Solothurn September 2018.
[32]
Die Schweizerische Gesellschaft für die europäische
Menschenrechtskonvention SGEMKO hat in «Mensch + Recht» Nr. 150 von Dezember 2018,
S. 2, festgestellt, dass im Jahr 2018 nur zehn Urteile des
Bezirksgerichts Zürich auf der Website www.gerichte-zh.ch
veröffentlicht wurden, darunter nicht einmal diejenigen,
welche kostenpflichtig in den Blättern für
Zürcherische Rechtsprechung oder auf Swisslex anonymisiert
publiziert sind. Diese Strategie nehme (ungerechtfertigterweise)
auf die kommerziellen Bedürfnisse dieser
Publikationskanäle Rücksicht.
[34]
Aerschmann Stephan, Von der Macht der Zahlen, Justizielle
Wissensproduktion und Gerichtsorganisation im Kanton Luzern
(19.-21. Jahrhundert), Bern 2017, Rz. 128.
[35]
Aerschmann (Fn. 34), Rz. 3
[36]
Aerschmann (Fn. 34), Rz. 55.
[37]
Lienhard Andreas, Kettiger Daniel, Justiz zwischen Management und
Rechtsstaat, Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt «Grundlagen
guten Justizmanagements in der Schweiz», Bern 2016, Rz. 316;
Jacober Kathrin, Gerichtskommunikation, in:
Justice-Justiz-Giustizia 2/2018.
[39]
Krieger Ralph, Maggie Graf, Vanis Margot, Sechste Europäische
Erhebung über die Arbeitsbedingungen 2015, Ausgewählte
Ergebnisse zu den Schweizerischen Arbeitsbedingungen der
abhängig Erwerbstätigen, Bern 2017.
[40]
Bundesamt für Statistik, Valeurs (Gesundheit) 1/2016, S. 23.
[41]
Krieger u.a. (Fn. 39), S. 107.
[43]
Ulich Eberhard, Wülser Marc, Gesundheitsmanagement in
Unternehmen, Arbeitspsychologische Perspektiven, 6. Aufl.,
Wiesbaden 2015, S. 57 ff.; SECO, Anhang zur Wegleitung zu Art. 2
ArGV3, S. 302-A ff.
[45]
Siehe unten ab Rz. 28.
[46]
Lienhard, Kettiger (Fn. 37), Rz. 329 f.
[47]
Guyan (Fn. 20), Rz. 5. Auch die kostenpflichtigen Datenbanken
privater Anbieter enthalten nur eine Auswahl der Urteile unterer
Instanzen.
[48]
Puchinger Carmen, Die Anwendung von Text Mining in den
Sozialwissenschaften - zum aktuellen Stand der Methode, in:
Matthias Lemke, Gregor Wiedemann (Hrsg.): Text Mining in den
Sozialwissenschaften. Grundlagen und Anwendungen zwischen
qualitativer und quantitativer Diskursanalyse, Wiesbaden 2016.
[49]
Dazu unten Rz. 41 f.
[50]
Abegg Andreas, Bubenhofer Noah, Empirische Linguistik im Recht - am
Beispiel des Wandels des Staatsverständnisses im
Sicherheitsrecht, öffentlichen Wirtschaftsrecht und
Sozialrecht der Schweiz, in: Ancilla Iuris 2016, S. 1 ff.; Gerald
Spindler, Text und Data Mining - urheber- und datenschutzrechtliche
Fragen, in: GRUR 2016, S. 1112-1119.
[51]
Skinner Barnaby, Rau Simone, 30'000 Gerichtsurteile in einer Minute
sichten, Datenblog der
Zeitung Tagesanzeiger, 26. Oktober 2016.
[52]
Vokinger Kerstin Noelle, Mühlematter Urs Jakob, Empirische
Analyse bundesgerichtlicher Urteile zum Arztrecht, 2000-2017, in:
Jusletter vom 23. April 2018, Rz. 18 ff.
[53]
Soweit sich aus den jährlichen Rechenschaftsberichten
ermitteln oder schätzen liess, publizierte 2010-2017 die
Chambre des prud'hommes von Genf ca. 55 % und das Obergericht
Zürich ca. 85 % der arbeitsrechtlichen Urteile im Internet.
[54]
Für die vorliegende Untersuchung wurde das Open Source
Programm «Ant Conc» genutzt.
[55]
In den statistischen Angaben zu Mobbing sind bei den
französischen Urteilen auch «harcèlement
psychique» und «harcèlement moral» enthalten.
[56]
Die Auszählung ist auf dem Datenrepositorium Zenodo hinterlegt.
[57]
Diese Gesamtzahl ergab sich für den Kanton Genf aus allen
Urteilen der Chambre des prud'hommes de la Cour civile de la Cour
de justice du canton de Genève, weil sich dieses Gericht nur
mit zivilrechtlichen Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen
befasst. Für den Kanton St. Gallen standen sämtliche
Urteile mit den Dossierbezeichnungen BZ, BO und BE zur
Verfügung, und für den Kanton Zürich wurden Urteile
mit den Dossierbezeichnungen LA, RA und RU berücksichtigt.
[58]
Nämlich per 31.12.2017: Genf 495'249; St. Gallen 504'686 und
Zürich 1'504'346 (Bundesamt für Statistik, Die
Bevölkerung der Schweiz 2017, S. 10).
[59]
Schwenkel Christof, Rieder Stefan, Die Wahrnehmung der Justiz durch
die Bevölkerung, Resultate einer Bevölkerungsbefragung in
26 Kantonen, Justice-Justiz-Giustizia 1/2014.
[60]
Die Angaben für den Kanton Zürich sind in dieser Periode
nicht repräsentativ, weil die Anzahl der im Internet
publizierten Urteile damals noch sehr gering war. Die Urteile aus
dem Kanton St. Gallen wurden uns hingegen vollständig zur
Verfügung gestellt.
[61]
Bundesamt für Statistik, Schweizerische Gesundheitsbefragung
2017, Standardtabelle psychische Belastung
(jeweils die Angaben für hohe und mittlere Belastung addiert).
[63]
Der Prozentsatz der kantonalen Bevölkerung mit Depressionssymptomen
betrug bei der Gesundheitsbefragung 2012 durch das Obsan in Genf
8,9 % und in Zürich 6,2 % (neuere Daten sind nicht
verfügbar). Für den Kanton St. Gallen liegen keine Daten
vor.
[64]
Antonini Matteo, A New Typology to Describe the Regional
Differences in Swiss Labor Market, in: Swiss Journal of Sociology
44 (1), 2018, S. 35-58, S. 52.
[65]
Die Angaben des SECO
beziehen sich auf den Jahresdurchschnitt 2018.
[66]
Zurbriggen Seraphina, Rossi Mara, Lenares Janine, Christen Sibylle,
Schulz Peter, Kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung von
psychosozialen Belastungen am Arbeitsplatz, Schlussbericht zuhanden
der SUVA Progrès, Lugano 2011, S. 11 f.
[67]
Steiger-Sackmann Sabine, Guery-Schindler Michael, Zusammenspiel der
Verfahren vor kantonalen Arbeitsinspektoraten und vor
Arbeitsgerichten bei psychosozialen Belastungen - kantonale
Unterschiede, in: ARV 3/2018, S. 183-194, S. 187 ff.
[68]
Dazu werden auch alle grammatikalischen Flexionen gezählt
sowie «harcèlement psychique» und
«harcèlement moral».
[69]
Bundesamt für Statistik, Schweizerische Gesundheitsbefragung
2017, Standardtabelle Diskriminierung bei der
Arbeit.
[70]
Darauf weist ein Vergleich zwischen drei Kantonen hin:
Steiger-Sackmann, Guery-Schindler (Fn. 67), S. 193 f.
[71]
BGE 133 I 106, E.8.3; Urteil des Bundesgerichts 1C_123/2016 vom
21.06.2016, E. 3.5.2; Gautschi (Fn. 12), Rz. 30 ff.; Hürlimann
(Fn. 8), Rz. 47; Schindler (Fn. 7), S. 748.
[72]
Bieri Peter, Bearbeitung von Daten über Richterinnen und
Richter, Bedarf und Schranken, Bern 2017, Rz. 455 ff.
[73]
Hürlimann (Fn. 8), Rz. 48 ff.; Santschi Kallay (Fn. 6), S. 194
ff.
[74]
Mosimann Hans-Jakob, Entscheidbegründung, Begründung und
Redaktion von Gerichtsurteilen und Verfügungen, Zürich
2013, Rz. 265 ff. und Anhang 3 auf S. 121.
[75]
Santschi Kallay (Fn. 6), S. 196; Schindler (Fn. 7), S. 752 f.
[76]
Hürlimann (Fn. 8), Rz. 46; Santschi Kallay (Fn. 6), S. 198 f.
[77]
Schmidheiny Andrea, Die Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips
am Zürcher Obergericht und an den Bezirksgerichten, in:
Justice-Justiz-Giustizia 2/2012, Rz. 12.
[78]
Nadig Werner, Praxisbericht aus dem Kanton St. Gallen zur
Anonymisierung von Urteilen, Workshop des Vereins
eJustice.ch zur Anonymisierung von Urteilen vom 28. Januar 2018,
Folie 15.
[79]
Hürlimann (Fn. 8), Rz. 44.
[80]
Workshop
des Vereins eJustice.ch zur Anonymisierung von Urteilen vom 28.
Januar 2018, Folie von Franz Kummer (Weblaw AG), Fredy Bittel,
(Tribuna, Delta Logic GmbH) und Dirk Alexander Schäfer
(Abraxas Juris AG).
[81]
Dévaud Blaise, Kummer Franz, (Semi-)automatische
Anonymisierung von Entscheiden, in: Jusletter IT vom 23. Februar
2017.
[84]
Schmid Christoffel Martina, Gerichtliche Vergleichsverhandlungen -
eine praxisorientierte Wegleitung, in: Justice-Justiz-Giustizia
1/2011, Rz. 2 f. Bei der Schlichtungsbehörde des Kantons Bern
beträgt die Einigungsquote sogar 81% gem. Kettiger Daniel, Die
Schlichtungsbehörde im Kanton Bern als Erfolgsmodell? in:
Justice-Justiz-Giustizia 3/2014, Rz. 3.
[85]
Schmid (Fn. 844), Rz. 5.
[87]
Für die übrigen Rechtsbereiche dürfte kaum etwas
anderes gelten.
[88]
Schweizer Mark, Praxis der Vergleichsverhandlung, in:
Justice-Justiz-Giustizia 2/2018, Rz. 1.
[89]
Schweizer (Fn. 88), Rz. 14.
[90]
Lienhard, Kettiger (Fn. 37), Rz. 337.