Unterirdische Hürden für Cargo Sous Terrain - zur Umsetzung gewässerschutzrechtlicher Vorgaben im Rahmen des Bundesgesetzes über den unterirdischen Gütertransport

Andreas Abegg / Christian Meyer *

Die Cargo Sous Terrain AG plant, die wichtigsten Logistikzentren des Mittellands mit einem automatisierten unterirdischen Gütertransport miteinander zu verbinden. Die erste zum Bau vorgesehene Teilstrecke führt durch die drei Kantone Solothurn, Aargau und Zürich. Zwar schafft das Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport (UGüTG) einen spezifischen Rechtsrahmen samt bundesrechtlicher Sachplanung und Plangenehmigung. Offen bleibt allerdings, inwieweit die sehr unterschiedliche kantonale Vollzugspraxis beim Grundwasserschutz auf die entsprechenden Verfahren einwirkt. Eine Auslegung der einschlägigen Normen legt nahe, dass der Bund mit dem UGüTG die kantonalen Eigenheiten im Vollzug erheblich überlagert.

La société Cargo Sous Terrain AG prévoit de connecter les principaux centres logistiques de la région du Plateau suisse via un réseau de transport de marchandises automatisé et souterrain. La première section de ce projet traversera les cantons de Soleure, d'Argovie et de Zurich. La loi fédérale sur le transport souterrain de marchandises (LTSM) fournit un cadre juridique spécifique pour la planification sectorielle et l'approbation des plans conformément au droit fédéral. Toutefois, l'impact des pratiques d'exécution, qui varient considérablement d'un canton à l'autre en matière de protection des eaux souterraines, reste à évaluer. Une interprétation des normes pertinentes suggère que la Confédération, par le biais de la LTSM, supplante sensiblement les spécificités cantonales en matière d'exécution.

Zitiervorschlag: Andreas Abegg / Christian Meyer, Unterirdische Hürden für Cargo Sous Terrain - zur Umsetzung gewässerschutzrechtlicher Vorgaben im Rahmen des Bundesgesetzes über den unterirdischen Gütertransport, sui generis 2024, S. 135

DOI: https://doi.org/10.21257/sg.259

* Prof. Dr. iur. Andreas Abegg, LL.M., Rechtsanwalt, Professor an der ZHAW School of Management and Law und Titularprofessor an der Universität Luzern, Rechtsanwalt bei AAK Anwälte und Konsulenten AG (andreas.abegg@zhaw.ch). Dr. iur. Christian Meyer, Rechtsanwalt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ZHAW School of Management and Law und Habilitand an der Universität Freiburg/Schweiz, Rechtsanwalt bei AAK Anwälte und Konsulenten AG (merc@zhaw.ch). Die vorliegende Untersuchung basiert auf einem wissenschaftlichen Gutachten, das im Auftrag der Cargo Sous Terrain AG erstellt wurde.


I. Ausgangslage und Fragestellung

Die Cargo Sous Terrain AG beabsichtigt, die wichtigsten Logistikzentren des Mittellands unterirdisch mit einem Tunnel zu verbinden. Die erste zum Bau vorgesehene Teilstrecke führt durch die drei Kantone Solothurn, Aargau und Zürich.[1] Das Logistiksystem von Cargo Sous Terrain soll zur nachhaltigen Entwicklung des Gütertransports in der Schweiz beitragen und die Güterversorgung insbesondere in Städten und Agglomerationen effizienter und umweltfreundlicher machen.[2]

Das Tunnelsystem verläuft im Bereich zwischen Hub 1 in Neuendorf/SO und Hub 3 in Rickenbach/SO im Grundwasserträger des Flusses «Dünnern». Auf allen anderen Tunnelabschnitten verläuft der Tunnel unterhalb der nutzbaren Grundwasserträger im Fels oder in den Grundwasserstauern. Die anzuschliessenden Logistikzentren (sog. Hubs) liegen allerdings mehrheitlich in Grundwassergebieten, welche für die Verbindung mit dem Tunnel mittels vertikaler Schachtbauwerke durchörtert werden müssen.[3] Damit erweist sich die Einhaltung gewässerschutzrechtlicher Vorgaben als eine zentrale Herausforderung für die Umsetzung des Projekts Cargo Sous Terrain.

Der bundesrechtlich vorgegebene Gewässerschutz wird grundsätzlich durch die Kantone umgesetzt, weshalb die Voraussetzungen für den Bau von Cargo Sous Terrain je nach Kanton unterschiedlich ausfallen könnten. Zwar hat der Bundesgesetzgeber mit dem Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport (UGüTG) für Cargo Sous Terrain ein eigenes Gesetz samt bundesrechtlicher Plangenehmigungspflicht eingeführt, welche kantonale Bewilligungen mitumfasst. Es ist aber offen, wie der Bund auf unterschiedliche Beurteilungen der Kantone reagieren würde. Für das Grossprojekt Cargo Sous Terrain wie auch für die betroffenen Kantone und das Bundesamt für Verkehr (BAV) als Bewilligungsbehörde ist deshalb wichtig zu wissen, welche Rechtsfragen sich stellen und in welchem Rahmen kantonale Unterschiede im Vollzug im bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren berücksichtigt werden könnten.

II. Pflicht zur Festlegung der Linienführung

1. Regulierung des öffentlichen Untergrunds im Allgemeinen

Die vertikale Ausdehnung des Grundeigentums ist eine zivilrechtliche Frage, deren Regelung in der Kompetenz des Bundes steht.[4] Mit Art. 667 Abs. 1 ZGB[5] sieht der Bund eine dynamische Begrenzung des Grundeigentums vor. Wie gross die vertikale Ausdehnung ist, bestimmt sich demnach im Einzelfall anhand der schutzwürdigen Interessen des Eigentümers, diesen Raum selbst zu nutzen oder zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren.[6] Diese Bundesregelung ist abschliessend; den Kantonen kommt keine Kompetenz zu, die vertikale Begrenzung des Grundeigentums abweichend zu regeln.[7]

Die Kantone sind dagegen kraft ihrer Gebietshoheit befugt, den «öffentlichen Untergrund» zu regulieren. Als solchen können jene Bereiche des Erdreichs bezeichnet werden, an denen die Grundeigentümer kein schutzwürdiges Interesse mehr an einer Ausübung ihrer Nutzungsrechte haben.[8]

Aus der Sachherrschaft der Kantone über den öffentlichen Untergrund folgt, dass sie dessen Nutzung einer Bewilligungs- oder Konzessionierungspflicht unterstellen dürfen. Einzelne Kantone - wie namentlich der Kanton Aargau und der Kanton Zürich - haben zudem Spezialgesetze zur Regulierung des öffentlichen Untergrunds erlassen.[9] Diese kantonale Kompetenz kann jedoch durch Erlasse des Bundesrechts, wie das UGüTG, übersteuert werden.[10]

2. Die Regelungen des UGüTG

Das UGüTG ist der rechtliche Rahmen für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen des kantonsübergreifenden unterirdischen Gütertransports sowie den Betrieb von Fahrzeugen auf diesen Anlagen.[11] Das Gesetz sieht ein Plangenehmigungsverfahren vor, womit das Bundesrecht das Verfahren abschliessend regelt und - vorbehalten Art. 21 UGüTG -[12] kein Raum für separate kantonale Bewilligungen oder Konzessionierungen besteht.[13] Zudem sieht das Gesetz vor, dass ein neuer Sachplan unterirdischer Gütertransport (SUG) als eigenständiger Teil des Sachplans Verkehr[14] vom Bundesrat erlassen wird.[15] Der Sachplan legt geeignete Räume für die Linienführung (Planungskorridor) sowie für die Anlagen fest (Planungsperimeter).[16]

Sachpläne sind die zentralen Raumplanungsinstrumente des Bundes.[17] Sie enthalten räumlich und zeitlich konkrete Aussagen sowie Anweisungen an die zuständigen Bundesbehörden.[18] Der Bund zeigt damit auf, wie er von seinem planerischen Ermessen Gebrauch machen will.[19] Form und Inhalt des Sachplans ergeben sich aus dem Raumplanungsrecht.[20] Das Verfahren zum Erlass des Sachplans richtet sich nach den massgebenden Sachgesetzen (wie vorliegend dem UGüTG) sowie den harmonisierenden Vorschriften des Raumplanungsrechts.[21]

Sachpläne sind für die staatlichen Behörden verbindlich.[22] Demnach haben die Kantone den SUG im Rahmen des Richtplanverfahrens umzusetzen, indem sie in den vorgegebenen Räumen die Standorte für die Anlagen und die konkreten Linienführungen definieren.[23] Die Kantone haben ihre Richtpläne untereinander und mit den Bundesbehörden zu koordinieren, soweit dies zur Umsetzung des SUG erforderlich ist.[24] Der Bundesrat kann den Kantonen nach Art. 7 Abs. 4 UGüTG hierzu Fristen setzen.[25] Halten die Kantone diese nicht ein, so kann der Bundesrat die Linienführung im Sachplan festlegen.[26] Dem Wortlaut nach handelt es sich zwar um eine «Kann»-Bestimmung. Weil aber die Durchführung des Plangenehmigungsverfahrens von einer vorgängigen Festlegung der Linienführung abhängt, stellt sich die Frage, ob der Bund im Falle einer Fristsäumnis der Kantone die Linienführung nicht vielmehr im Sachplan festlegen muss. Die Gesetzesmaterialien setzen sich mit dem Wortlaut nicht näher auseinander. Sie beschreiben allerdings den Zweck der Regelung damit, dass die «Interessen der Gesuchstellerin [des späteren Plangenehmigungsverfahrens] an einem effizienten Verfahren gewahrt werden können».[27] Dieser Regelungszweck würde vereitelt, wenn es dem Bund im Falle einer Fristsäumnis - oder gar einer Untätigkeit - der Kantone freisteht, ob er die Linienführung im Sachplan festsetzt oder nicht. Dabei ist zu bedenken, dass der späteren Gesuchstellerin des Plangenehmigungsverfahrens nach der gesetzlichen Konzeption bereits in der Planungsphase erhebliche Mitwirkungspflichten zukommen und entsprechende Aufwendungen entstehen.[28] Insofern erschiene es widersprüchlich, wenn es - nachdem das Unternehmen seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist - im freien Ermessen der Behörden liegt, die ihrerseits notwendigen Planungshandlungen durchzuführen, bzw. keinerlei Rechtsschutz gegen entsprechende Verzögerungen und Verweigerungen besteht. Der Wortlaut scheint insofern missglückt;[29] es ist davon auszugehen, dass der Bund im Interesse der Verfahrensbeschleunigung grundsätzlich verpflichtet ist, Fristen anzusetzen und im Säumnisfall die Linienführung selbst festzulegen.[30] Das UGüTG sieht zwar keine Ordnungsfrist vor, innert der die Sachplanung bzw. die Festlegung der Linienführung abgeschlossen werden muss. Legt man Art. 7 Abs. 4 UGüTG allerdings als amtliche Pflicht aus, die das Interesse der späteren Plangenehmigungsgesuchstellerin an einem raschen Verfahren schützen soll, dann muss grundsätzlich auch eine Rechtsverzögerungs- bzw. Rechtsverweigerungsbeschwerde möglich sein. Ab welchem Zeitpunkt eine angemessene Verfahrensdauer überschritten wird, lässt sich nur schwer abstrakt festlegen.[31] Gemäss Botschaft zum UGüTG wird mit drei Jahren ab der Festsetzung der geeigneten Räume im Sachplan für die Festlegung im kantonalen Richtplan ausgegangen.[32]

III. Gewässerschutzrechtliche Vorgaben

1. Die Gewässerschutzgesetzgebung des Bundes

a) Kompetenzen

Der Bund ist für die Erhaltung und Erschliessung der Wasservorkommen zuständig (Art. 76 Abs. 2 BV). Mit dieser Grundsatzgesetzgebungskompetenz ist insbesondere das Grundwasser angesprochen.[33] Für den Gewässerschutz kommt dem Bund überdies eine umfassende Kompetenz zu (Art. 76 Abs. 3 BV).[34]

b) Planungsebene

Planerische Vorgaben sind ein zentrales bundesrechtliches Instrument zum Grundwasserschutz. So sind die Kantone verpflichtet, Grundwasserschutzzonen[35] und Grundwasserschutzareale[36] auszuscheiden.[37] Aktivitäten, die das Grundwasser gefährden könnten, sind in diesen Bereichen nur beschränkt oder nicht zulässig.[38]

Die Kantone haben ihre Grundwasserschutzareale so auszuscheiden, dass die Standorte der Grundwasserfassungen und -anreicherungsanlagen zweckmässig festgelegt und die Grundwasserschutzzonen entsprechend ausgeschieden werden können.[39] Sodann legen die Kantone abgestuft drei Grundwasserschutzzonen fest (S1, S2 oder S3).[40] In der Zone S3 sind Einbauten, die das Speichervolumen oder den Durchflussquerschnitt des Grundwasserleiters verringern, grundsätzlich nicht zulässig. Die Behörde kann aus wichtigen Gründen Ausnahmen gestatten, wenn eine Gefährdung der Trinkwassernutzung ausgeschlossen ist.[41] Gleiches gilt für Anlagen in der Zone S2[42] und in Grundwasserschutzarealen.[43] In der Zone S1 sind ausschliesslich bauliche Eingriffe und andere Tätigkeiten zulässig, welche der Trinkwassernutzung dienen.[44]

c) Bewilligungspflicht für Einbauten ins Grundwasser

Die Kantone haben gemäss Gewässerschutzgesetz dafür zu sorgen, dass Speichervolumen und Durchfluss nutzbarer Grundwasservorkommen durch Einbauten nicht wesentlich und dauernd verringert werden.[45] Die Erstellung und die Änderung von Bauten und Anlagen in besonders gefährdeten Gewässerschutzbereichen bedürfen einer kantonalen Bewilligung, wenn sie die Gewässer gefährden können.[46]

In der Gewässerschutzverordnung werden diese Vorgaben wie folgt weiter ausgeführt: Zu den besonders gefährdeten Bereichen gehört der Gewässerschutzbereich Au zum Schutz nutzbarer unterirdischer Gewässer.[47] Die Bewilligung wird erteilt, wenn mit Auflagen und Bedingungen ein ausreichender Schutz der Gewässer gewährleistet werden kann.[48] Im Gewässerschutzbereich Au dürfen aber keine Anlagen erstellt werden, die unter dem mittleren Grundwasserspiegel liegen. Die Behörde kann hiervon Ausnahmen bewilligen, soweit die Durchflusskapazität des Grundwassers gegenüber dem unbeeinflussten Zustand um höchstens 10 % vermindert wird.[49]

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts besteht aufgrund der «Kann»-Bestimmung des Verordnungsgebers grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Bewilligung, damit im Gewässerschutzbereich Au der mittlere Grundwasserspiegel baulich so unterschritten werden darf, dass eine Verminderung der Durchflusskapazität resultiert. Gesuchstellende müssen - gegebenenfalls mittels hydrogeologischer Abklärungen - den Nachweis erbringen, dass die Anforderungen zum Schutze der Gewässer erfüllt sind.[50] Ob eine Ausnahmebewilligung erteilt wird, steht sodann im Ermessen der zuständigen Behörde. Ihr Ermessen hat die Behörde pflichtgemäss auszuüben. Hierzu hat sie neben dem übergeordneten Recht insbesondere den systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der anzuwendenden Bestimmung zu beachten. Dies legt grundsätzlich eine zurückhaltende Anwendung nahe, weil die Regelungen den Gewässerschutz bezwecken. Die Behörde darf deshalb nicht einfach feststellen, dass die Durchflusskapazität des Grundwassers um höchstens 10 % vermindert werde und keine triftigen Gründe gegen eine Ausnahmebewilligung sprechen. Verlangt ist vielmehr eine Interessenabwägung, bei der die privaten und öffentlichen Interessen an einer Verminderung der Durchflusskapazität die entgegenstehenden Gewässerschutzinteressen überwiegen.[51] Dies setzt eine entsprechend vollständige und richtige Sachverhaltsfeststellung voraus. Aus gewässerschutzrechtlicher Sicht fällt dabei namentlich ins Gewicht, wie gross die Verminderung der Durchflusskapazität innerhalb der zulässigen Bandbreite von 10 % tatsächlich ausfällt und ob ein unterirdisches Gewässer selbst oder bloss ein Randgebiet betroffen ist.[52]

Zu beachten ist ferner, dass die Verbindung von Grundwasservorkommen (z.B. beim Bau unterirdischer Verkehrsanlagen, welche mehrere Grundwasserleiter durchschneiden) nur zulässig ist, wenn dadurch Menge oder Qualität des Grundwassers nicht beeinträchtigt werden können.[53]

2. Das UGüTG als lex specialis

Die Erteilung der Bewilligung, auch für Einbauten ins Grundwasser, wird im UGüTG in Art. 9 Abs. 6 geregelt. Nach dieser Norm wird «[d]ie Plangenehmigung […] erteilt, wenn: a. keine wesentlichen öffentlichen Interessen, namentlich der Sicherheit, der Raumplanung, des Umweltschutzes oder des Natur- und Heimatschutzes, entgegenstehen; und b. das Unternehmen finanziell leistungsfähig ist.»

Da der Bund mit dem UGüTG eine spezifische rechtliche Grundlage für das kantonsübergreifende Grossprojekt Cargo Sous Terrain geschaffen hat und hierfür einen Sachplan und ein Plangenehmigungsverfahren vorsieht, gilt Art. 9 Abs. 6 UGüTG als lex specialis, welche die kantonalen Bewilligungsnormen ersetzt.[54]

Art. 9 Abs. 6 UGüTG schreibt wie die Normen des Gewässerschutzes eine umfassende Interessenabwägung vor. Eine grammatikalische Auslegung legt aber den Schluss nahe, dass die dargestellte Praxis zur Ausnahmebewilligung für Bauten ins Grundwasser nach Ziff. 211 Abs. 2 Anhang 4 GSchV zu relativieren ist. Während im kantonalen Vollzug der Ausnahmebewilligung das Interesse an der Verminderung der Durchflusskapazität die Gewässerschutzinteressen überwiegen muss,[55] setzt das UGüTG die Schwelle für die Plangenehmigung etwas niedriger an. Im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 9 Abs. 6 UGüTG ist nämlich nicht ein überwiegendes Interesse an der Verminderung der Durchflusskapazität nachzuweisen, sondern umgekehrt zu prüfen, ob öffentliche Interessen (wie etwa der Grundwasserschutz), die «wesentlich» bzw. nach den weiteren Sprachfassungen «prépondérant» oder «rilevante» sind, dem Bau der Anlagen zum unterirdischen Gütertransport entgegenstehen.[56]

Auch teleologische Argumente sprechen dafür, dass die Praxis zur Ausnahmebewilligung für Bauten ins Grundwasser nach Ziff. 211 Abs. 2 Anhang 4 GSchV durch das UGüTG relativiert ist. Erstens dürfte unstrittig sein, dass ein Rechtsanspruch auf die Plangenehmigung besteht, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Bereits aus diesem Grund verfügt die Plangenehmigungsbehörde (konkret: das BAV) im Vergleich zu den kantonalen Bewilligungsbehörden, die Ziff. 211 Abs. 2 Anhang 4 GSchV vollziehen, über einen reduzierten Ermessenspielraum. Zweitens hat der Bundesgesetzgeber mit Erlass des UGüTG entschieden, dass die Anlagen für den unterirdischen Gütertransport besonders gewichtige öffentliche Interessen fördern. Nach Art. 1 Abs. 2 UGüTG dienen die Anlagen nämlich der nachhaltigen Entwicklung des Gütertransports und einer effizienteren und umweltfreundlicheren Güterversorgung.[57] Auch wenn eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Grundwasserproblematik in den Materialien fehlt: Der Zweck von Art. 9 Abs. 6 UGüTG kann in der Absicherung dieser Interessen auf verfahrensrechtlicher Ebene gesehen werden; sie sollen zwar nicht um jeden Preis, aber doch konsequenter als sonstige Bauten ins Grundwasser verwirklicht werden.[58]

In systematischer Hinsicht ist auf Art. 7 Abs. 5 UGüTG hinzuweisen. Demnach können Bund und Kantone bereits im Sachplanverfahren vom (potenziellen) Plangenehmigungsgesuchsteller verlangen, unter Mitwirkung der betroffenen Kantone mindestens zwei Varianten für die Linienführung der Transportanlagen und für die Standorte oberirdischer Anlagen zu erarbeiten.[59] Die Varianten haben bestehende Handlungsspielräume aufzuzeigen und sollen somit den beurteilenden Behörden ermöglichen, die jeweiligen Vor- und Nachteile von zumindest zwei durchführbaren Varianten gegeneinander abzuwägen.[60] Zudem sollen damit die Anliegen der Kantone bezüglich Linienführung und Standorte der oberirdischen Anlagen angemessen berücksichtigt werden.[61] Mit den gesetzlich vorgesehenen Variantenstudien können folglich (auch) Interessen des Gewässerschutzes bereits frühzeitig im Stadium der Sachplanung einfliessen. Insofern dürften im Rahmen der finalen Interessenabwägung nach Art. 9 Abs. 6 lit. a UGüTG keine grundlegend neuen Bedenken mehr auftreten. Damit trägt das UGüTG den planerischen und baulichen Eigenheiten von Anlagen des unterirdischen Gütertransports Rechnung, bei denen die unterirdische Strecke und die Lage der Oberflächenanlagen sich unmittelbar auf die Gewichtung der öffentlichen Interessen, wie namentlich des Gewässerschutzes, auswirken.[62]

3. Ausgewählte Fragen zum Gewässerschutzbereich Au

a) Durchflusskapazität: die 10 %-Regel

aa) Vollzugsföderalismus im Überblick

Der Kanton Zürich verlangt trotz der erwähnten 10 %-Regel,[63] dass unter dem mittleren Grundwasserspiegel die Durchflusskapazität grundsätzlich vollständig (100 %) erhalten bleibt.[64] In den Grundwasserschutzarealen dürfen ferner u.a. keine Bauten und Anlagen erstellt werden, die künftige Nutzungs- oder Anreicherungsanlagen beeinträchtigen könnten.[65] Gemäss dem kantonalen Wasserwirtschaftsgesetz bedürfen nachhaltige Eingriffe und Veränderungen innerhalb des Grundwasserleiters einer Konzession.[66] Diese wird i.d.R. befristet erteilt.[67]

Im Kanton Aargau kann in begründeten Ausnahmefällen die Fachstelle Grundwasser Einbauten unter den mittleren Grundwasserspiegel bewilligen.[68] Die Durchflussreduktion darf dabei maximal 10 % betragen, wobei gemäss kantonaler Praxis die Durchflussreduktion durch Ersatzmassnahmen auf den ursprünglichen Zustand auszugleichen ist.[69] Die Bewilligung wird i.d.R. unbefristet erteilt.[70]

Im Kanton Solothurn benötigen Einbauten unter den mittleren Grundwasserspiegel neben der Ausnahmebewilligung gemäss GSchV eine wasserrechtliche Nutzungsbewilligung[71] bzw. eine Konzession.[72] Bemerkenswert ist, dass der Kanton Solothurn das Anliegen der Vollzugsharmonisierung explizit in seine Gesetzgebung aufgenommen hat.[73]

Die gewässerschutzrechtlichen Vorgaben des Bundes zur 10 %-Regel belassen den Kantonen einen recht weitgehenden Ermessenspielraum.[74] Wie streng die jeweilige kantonale Praxis ist, hängt dabei massgeblich von drei Parametern ab:

  • Die Referenzgrösse zur Bestimmung des relevanten Durchflussquerschnittes,
  • ob bzw. wie weitere, auch zukünftige Bauten ins Grundwasser berücksichtigt werden,
  • und wie hoch die Anforderungen an die Sicherung der Durchflusskapazität sind bzw. inwieweit Beeinträchtigungen durch Ersatzmassnahmen kompensiert werden dürfen.

bb) Referenzgrösse

Nach der Wegleitung Grundwasserschutz des Bundesamt für Umwelt (BAFU, ehemals Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft [BUWAL]) dürfen die Kantone für die Ermittlung des Durchflussquerschnittes auf unterschiedliche Durchflussbreiten abstellen: diejenige unter dem Einzelbauwerk, diejenige unter der Projektparzelle oder die gesamte Durchflussbreite des Grundwasserleiters. Unabhängig von der berücksichtigten Durchflussbreite darf die Summe aller Einbauten die Durchflusskapazität des Grundwasserleiters gesamthaft nicht um mehr als 10 % verringern.[75] Im Rahmen des Bundesgerichtsentscheids «Lachen» vertrat das BAFU die Auffassung, für die Beurteilung, ob eine Baute bewilligungsfähig sei, bedürfe es keiner Unterscheidung von Grundwasserleitern. Namentlich, wenn der Grundwasserleiter im Projektgebiet sehr inhomogen ist, könne nicht von grossflächig getrennten, hydraulisch unabhängigen Grundwasserstockwerken ausgegangen werden. Zur Berechnung der Durchflusskapazität sei demnach alles unterirdische Wasser in seiner Gesamtheit, das in einem oder mehreren Grundwasserleitern fliesst, zu berücksichtigen.[76]

Gemäss der Zürcher Praxis ist die Referenzgrösse für die Berechnung der Durchflusskapazität grundsätzlich die «mit Untergeschossen bebaubare Grundstücksfläche».[77] Diese Referenzgrösse kann bei Anlagen des unterirdischen Gütertransports allerdings nur insoweit greifen, als überhaupt eine Verbindung zur Oberfläche besteht. Dies trifft namentlich bei den Hub-Schächten zu.[78] Bei Tunnels im Untergrund greift die Referenzgrösse mangels Konnexes zur Oberfläche hingegen nicht. Die unterirdischen Tunnels der Cargo Sous Terrain befinden sich im öffentlichen Untergrund und verfügen - ausser wo sie an die Oberfläche treten - über keine Verbindung zu einer konkreten Parzelle.[79] Somit erweist sich die gesamte Durchflussbreite des Grundwasserleiters als einzige sachgerechte Referenzgrösse für die Anwendung der 10 %-Regel.

cc) Berücksichtigung weiterer Einbauten im Grundwasser

Soweit die gesamte Durchflussbreite des Grundwasserleiters als Referenzgrösse der 10 %-Regel dient, stellt sich die Frage, inwieweit bereits bestehende oder zukünftige Einbauten im Grundwasser berücksichtigt werden müssen.

Bestehende Einbauten sind gemäss der Wegleitung des BAFU zu berücksichtigen, da wie erwähnt die Durchflusskapazität des Grundwasserleiters gesamthaft nicht um mehr als 10 % verringert werden darf.[80]

Wie die zukünftigen Bauten zu behandeln sind, ergibt sich einerseits aus der Rechtsform der Konzession: Bei der Nutzung der Grundwasserleiter handelt es sich um ein sog. faktisches Monopol,[81] das durch die 10 %-Regel rechtlich weiter verknappt wird. Mit der Erteilung der Plangenehmigung wird mithin ein dauerhaftes Privileg an der Nutzung des Untergrunds (und der entsprechenden Grundwasserleiter) verschafft und spiegelbildlich zugleich allen anderen zukünftigen Interessenten die Nutzung desselben untersagt.[82] Folgerichtig stellt die Bewilligung der Baute im Plangenehmigungsverfahren eine Sondernutzungskonzession dar.[83] Die Behörde hat nach pflichtgemässem Ermessen, das allenfalls auch durch spezialgesetzliche Bestimmungen beschränkt ist, zu entscheiden.[84] Demnach müssen ungewisse, zukünftige Interessen an einer Nutzung der Grundwasserleiter für Einbauten nicht zwingend einbezogen werden.[85] Die Behörde darf diese im Rahmen ihres pflichtgemässen Ermessens aber in ihre Beurteilung einbeziehen.[86]

An den Anlagen für den unterirdischen Gütertransport bestehen allerdings - wie bereits erwähnt[87] - besonders gewichtige öffentliche Interessen, die der Bundesgesetzgeber in Art. 1 Abs. 2 UGüTG explizit aufführt und in Art. 9 Abs. 6 UGüTG absichert.[88] Insofern dürften allfällige zukünftige Privatinteressen an einer Nutzung der Grundwasserleiter der Bewilligungserteilung nicht entgegenstehen. Auch andere öffentliche Interessen, die im Vergleich zu den Wertungen des UGüTG als geringfügig erscheinen, müssten zurücktreten.[89]

dd) Sicherung der Durchflusskapazität und Ersatzmassnahmen

Eine Baute, welche die Durchflusskapazität um mehr als 10 % verringert - und damit an sich unzulässig wäre - kann gemäss der Wegleitung des BAFU bewilligungsfähig werden, wenn durch gezielte Ersatzmassnahmen (z.B. Sickerpackungen) die vorhandene Durchflusskapazität erhalten oder in Ausnahmefällen um höchstens 10 % vermindert wird.[90]

Der Kanton Solothurn lässt die Durchflussreduktion durch Bauten im Grundwasserleiter grundsätzlich bis maximal 10 % zu.[91] Diese Praxis liegt eng an den gesetzlichen Mindestanforderungen und den Ausführungen der Wegleitung des BAFU.[92]

Der Kanton Zürich erachtet demgegenüber die bundesrechtliche 10 %-Regel als «für den Vollzug im Einzelfall nicht geeignet».[93] Aufgrund der grossen Abhängigkeit der kantonalen Wasserversorgung von den Grundwasservorkommen verlangt das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft der Baudirektion des Kantons Zürich (AWEL) grundsätzlich die vollständige Erhaltung der Durchflusskapazität (100 %).[94] Das Erstellen von Bauteilen unterhalb des höchsten Grundwasserspiegels im Gewässerschutzbereich Au bedarf einer Bewilligung bzw. einer Konzession des Kantons.[95] Gemäss Merkblatt des AWEL ist eine Ausnahmebewilligung (ohne Rechtsanspruch)[96] möglich für Vertiefungen unter dem Mittelwasserspiegel, die zwingend unterhalb der Bodenplatte angeordnet werden müssen (z.B. Rühlwandträger, Lift- und Pumpenschächte, einbetonierte Kanäle und Werkleitungen). Die Vertiefung darf maximal 10 % der mit Untergeschossen bebaubaren Grundstücksfläche betragen. Vorausgesetzt ist ferner, dass der Grundwasserdurchfluss lokal nicht wesentlich beeinträchtigt wird.[97] Auch zur Frage der zulässigen Ersatzmassnahmen äussert sich das Merkblatt: Zulässig sind demnach Sickerteppiche, Sickerdüker oder Hinterfüllungen aus entsprechend durchlässigem, sauberem kiesig-sandigem Material.[98] Die Vorgaben des Merkblatts schliessen wie bereits erwähnt abweichende Bewilligungsentscheide nicht aus. Der Entscheid über die Ausnahmefälle (Mass der Abweichung, Inhalt der Bewilligung) ist dem pflichtgemässen Ermessen der Bewilligungsbehörde unterstellt.[99]

Auch der Kanton Aargau geht insofern über die bundesrechtlichen Mindestanforderungen hinaus, als Bauvorhaben grundsätzlich so anzupassen sind, dass es zu keinem Einbau unter den mittleren Grundwasserspiegel kommt. Ist dies aus zwingenden Gründen nicht möglich, kann in Ausnahmefällen die Durchflusskapazität durch technische Mittel auf den ursprünglichen Zustand ausgeglichen werden (Verringerung der Durchflusskapazität um 0 %). Ist auch dies nicht möglich, kann eine Ausnahmebewilligung beantragt werden, wenn die maximale Reduktion der Durchflusskapazität 10 % beträgt. Die Bewilligungspraxis hierfür ist indes zurückhaltend, und es besteht kein Rechtsanspruch.[100]

Mit Blick auf den je nach Kanton unterschiedlichen Vollzug ist festzuhalten, dass die bundesrechtlichen Grundlagen des Gewässerschutzes einen zwingenden Mindeststandard vorgeben,[101] den Kantonen aber grundsätzlich Raum lassen, bei der Sicherung der Durchflusskapazität strengere Bewilligungsstandards zu setzen. Wie bereits erwähnt, geht jedoch Art. 9 Abs. 6 UGüTG den allgemeinen gewässerschutzrechtlichen Bewilligungsregeln als lex specialis vor.[102] Für das Plangenehmigungsverfahren nach UGüTG ist daher entscheidend, ob es ein wesentliches Interesse darstellt, die Verminderung der Durchflusskapazität von maximal 10 % zu vermeiden, und ob dieses wesentliche Interesse wichtiger ist als die vom Gesetzgeber festgestellten erheblichen Interessen an der Realisierung des Untergrundgütertransports. Für eine strengere Praxis bleibt kein Raum.

b) Lage am Rand oder im Grundwasserleiter

Das Bundesrecht macht keine expliziten Vorgaben zur Positionierung von Bauten im Grundwasserleiter. Die kantonale Praxis ist diesbezüglich unterschiedlich. Während die Behörden im Kanton Solothurn zentrale Bereiche des Grundwasserleiters vorziehen, ist im Kanton Zürich möglichst eine Randlage zu wählen.[103]

Aus rechtlicher Sicht ist hierzu anzumerken, dass der Vollzug des Bundesrechts durch die Kantone dazu dient, den regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Unterschiedliche kantonale Vorgaben können insofern gerechtfertigt sein, müssen aber auf sachlichen Gründen beruhen, wie namentlich einer unterschiedlichen hydrogeologischen Situation. Mit Vorgaben zur Lage der Einbauten im Grundwasser, die unverhältnismässig oder willkürlich sind oder denen kein öffentliches Interesse zugrunde liegt, üben die Behörden ihr Ermessen hingegen nicht mehr pflichtgemäss und damit bundesrechtswidrig aus.[104] Überdies gilt auch hier, dass die kantonalen Interessen das Projekt nicht übermässig behindern dürfen und der Plangenehmigung nur dann entgegenstehen dürfen, wenn sie wesentliche, überwiegende Interessen darstellen.[105]

c) Erwärmung des Grundwassers (3 °C-Regel)

Gemäss GSchV darf die Temperatur des Grundwassers durch Wärmeeintrag oder -entzug gegenüber dem natürlichen Zustand um höchstens 3 °C verändert werden (sog. 3 °C-Regel); vorbehalten sind örtlich eng begrenzte Temperaturveränderungen.[106]

Die 3 °C-Regel ist nicht unumstritten, namentlich weil sie nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhe, zu starr sei und damit fallweise einer nachhaltigen Entwicklung von Grundwasserressourcen und der sachgerechten Bewältigung von Nutzungskonflikten entgegenstehe.[107] Sie ist allerdings als geltendes Bundesrecht - auch von den Kantonen - zwingend einzuhalten. Eine flexiblere Handhabung könnte nur durch eine Änderung der GSchV ermöglicht werden.

IV. Die Stellung der Kantone und die Bedeutung ihrer Praxis im Plangenehmigungsverfahren

Das BAV prüft das Plangenehmigungsgesuch und stellt mit dem erfolgreichen Abschluss des Verfahrens sämtliche nach Bundesrecht erforderlichen Bewilligungen aus.[108] Wie erwähnt sind keine zusätzlichen kantonalen Konzessionen, Bewilligungen und Pläne erforderlich.[109] Die Anliegen der betroffenen Kantone bezüglich der Linienführung der Transportanlagen und der Standorte der übrigen Anlagen sind im Rahmen der Planung und des Baus der Anlagen angemessen zu berücksichtigen.[110] Das kantonale Recht ist im Übrigen «zu berücksichtigen, soweit es das Unternehmen in seiner Tätigkeit nicht unverhältnismässig einschränkt».[111] Die Kantone nehmen folglich in erster Linie als politische Körperschaften am Plangenehmigungsverfahren teil. Namentlich übermittelt das BAV das Plangenehmigungsgesuch den betroffenen Kantonen und fordert sie auf, innerhalb von drei Monaten dazu Stellung zu nehmen.[112] Es stellt sich somit die Frage, wie mit einer abweichenden Beurteilung der Kantone umzugehen ist, namentlich wenn sie ihre gewässerschutzrechtliche Vollzugspraxis angewendet sehen möchten.

Besteht ein Widerspruch zwischen den Stellungnahmen der Fachbehörden des Bundes bzw. ist das BAV mit diesen nicht einverstanden, ist ein Bereinigungsverfahren gemäss dem Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG[113]) durchzuführen.[114] Eine entsprechende Bestimmung für Widersprüche mit den Kantonen und Gemeinden fehlt. Allerdings sieht Art. 20 RPV vor, dass bei Widersprüchen zwischen dem Sachplan und der kantonalen Richtplanung ein Bereinigungsverfahren nach Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 RPG verlangt werden kann. Zudem können die betroffenen Gemeinden ihre Interessen mit einer Einsprache wahrnehmen.[115] Obwohl nicht explizit im UGüTG festgehalten, steht die Einsprache auch den Kantonen offen, sofern sie von der Plangenehmigung direkt betroffen sind.[116] Eine formelle Zustimmung durch die Kantone resp. eine Art kantonales «Vetorecht» sieht das Bundesrecht dagegen nicht vor.[117]

V. Zusammenfassung und Fazit

Der Grundwasserschutz ist eine zentrale rechtliche Herausforderung bei der Umsetzung des Grossprojekts Cargo Sous Terrain. Die projektierten Anlagen befinden sich im öffentlichen Untergrund, soweit sie sich nicht unter einer konkreten Liegenschaft befinden und mit dieser unmittelbar verbunden sind (z.B. Hub-Schächte).

Der öffentliche Untergrund ist Hoheitsgebiet der Kantone. Es sind zudem auch die Kantone, welche bundesrechtlichen Vorgaben zum Grundwasserschutz vollziehen. Dabei kommt ihnen grundsätzlich ein recht weitgehendes Ermessen zu. Es mag daher kaum erstaunen, dass die untersuchten Kantone Solothurn, Aargau und Zürich bei den Anforderungen für Einbauten ins Grundwasser unterschiedliche Massstäbe anlegen.

Der Bundesgesetzgeber hat jedoch mit dem UGüTG ein spezielles Regelwerk für das Vorhaben Cargo Sous Terrain geschaffen, das sich auf den planungs-, materiell- und verfahrensrechtlichen Grundwasserschutz auswirkt:

Auf der Planungsebene müssen die für den Tunnel geeigneten Räume in einem Sachplan unterirdischer Gütertransport bezeichnet werden. Nach Erlass des Sachplans müssen die Kantone ihre Planung so weit koordinieren, als es zu dessen Umsetzung erforderlich ist. Tun sie dies nicht innert rund drei Jahren, muss der Bund die Linienführung konkret festlegen. Bleibt der Bund untätig, so steht nach hier vertretener Auffassung bereits in diesem Verfahrensstadium eine Beschwerde wegen Rechtsverzögerung bzw. -verweigerung offen.

Materiellrechtlich bleiben grundsätzlich die allgemeinen Vorgaben des Bundes relevant (GSchG, GSchV). Demnach dürfen Speichervolumen und Durchfluss nutzbarer Grundwasservorkommen nicht wesentlich und dauernd verringert werden. Grundsätzlich dürfen keine Anlagen erstellt werden, die unter dem mittleren Grundwasserspiegel liegen. Die Anlagen können (müssen aber nicht) ausnahmsweise bewilligt werden, wenn die Durchflusskapazität um höchstens 10 % vermindert wird und überwiegende Interessen am Bau der Anlage bestehen. Dabei interpretieren die Kantone die gewässerschutzrechtlichen Vorgaben des Bundes unterschiedlich, namentlich zur sogenannten 10 %-Regel. Nach vorliegend vertretener Auffassung stellt allerdings das UGüTG als lex specialis konkrete Anforderungen an die Interessenabwägung: Die Plangenehmigung wird erteilt, wenn keine wesentlichen öffentlichen Interessen entgegenstehen.[118] Damit ist der gewässerschutzrechtliche Bewilligungsstandard in zweifacher Weise reduziert: Erstens darf das kantonale Recht nur so weit berücksichtigt werden, als es das Unternehmen in der Erfüllung seiner Tätigkeit nicht unverhältnismässig einschränkt. Zweitens erlaubt das UGüTG keine freie Interessenabwägung: Der Plangenehmigung dürfen lediglich keine wesentlichen öffentlichen Interessen entgegenstehen. Geringfügig reduzierte Durchflusskapazitäten oder zukünftige private Nutzungsinteressen dürften somit beim Bewilligungsentscheid nach UGüTG (im Gegensatz zum kantonalen Verfahren nach Gewässerschutzgesetz) nicht ins Gewicht fallen.

Zur 10 %-Regel ist ferner Folgendes zu berücksichtigen:

  • Die Durchflusskapazität kann nur dann in Relation zu der «mit Untergeschossen bebaubaren Grundstücksfläche» gesetzt werden (Zürcher Praxis), wenn sich die Anlagen direkt unter der Parzelle befinden und eine Verbindung zur Oberfläche aufweisen. Ein solcher Konnex besteht bei Hub-Schächten, aber nicht bei Tunnels. Bei Tunnels gilt die vom BAFU im Bundesgerichtsentscheid «Lachen» vertretene Auffassung, dass zur Berechnung der Durchflusskapazität das gesamte unterirdische Wasser zu berücksichtigen ist, das in einem oder mehreren Grundwasserleitern fliesst.
  • Die Kantone Zürich und Aargau verlangen, dass die Durchflusskapazität nicht reduziert oder zumindest auf den ursprünglichen Zustand ausgeglichen wird. Damit gehen sie über den bundesrechtlichen Minimalstandard für Ausnahmebewilligungen hinaus. Nach vorliegend vertretener Auffassung ist auch hier die Regelung von Art. 9 Abs. 6 UGüTG einschlägig. Entscheidend ist somit, ob eine nicht vermeidbare Verminderung der Durchflusskapazität ein wesentliches öffentliches Interesse darstellt, das der Realisierung des Projekts entgegensteht.

Zur Lage von Einbauten im Grundwasser macht das Bundesrecht keine expliziten Vorgaben, und auch in diesem Punkt unterscheidet sich die kantonale Vollzugspraxis. Mit Blick auf das Plangenehmigungsverfahren des UGüTG scheint entscheidend, dass allfällige Vorgaben zur Lage nicht unmittelbar aus der kantonalen Praxis abgeleitet werden können. Da gegenüber den kantonalen Behörden kein Bewilligungsanspruch besteht, geht deren Ermessen weiter als jenes des BAV, der Plangenehmigungsbehörde unter dem UGüTG. Im Plangenehmigungsverfahren müssen Vorgaben zur Lage von Einbauten im Grundwasser daher auf sachlichen Gründen beruhen, wie namentlich der spezifischen hydrogeologischen Situation. Erst unter diesen Voraussetzungen sind Unterschiede im kantonalen Vollzug zu berücksichtigen, soweit es das Unternehmen in seiner Tätigkeit nicht unverhältnismässig einschränkt.

Die 3 °C-Regel ist als Bundesrecht für die Kantone ebenso verbindlich wie für das BAV als Plangenehmigungsbehörde. Es ist am Verordnungsgeber zu prüfen, ob diese Regulierung noch dem aktuellen Stand der Wissenschaft entspricht.

Die verfahrensrechtliche Stellung der Kantone im Plangenehmigungsverfahren nach UGüTG ist differenziert zu betrachten. Mit der Plangenehmigung werden alle kantonalen Bewilligungen ersetzt; kantonale Bewilligungen oder Konzessionen sind zugleich irrelevant. Die Zustimmung der Kantone ist nicht erforderlich, und es besteht kein kantonales «Vetorecht». Das kantonale Recht und damit auch die Unterschiede in der kantonalen Vollzugspraxis sind aber immerhin zu berücksichtigen, soweit sie den Bau und Betrieb von Cargo Sous Terrain nicht unverhältnismässig einschränken. Kantonsrecht, das über die bundesrechtlichen Mindeststandards hinausgeht, ist somit zwar nicht irrelevant, es darf vom BAV als Plangenehmigungsbehörde jedoch auch nicht einfach ungeprüft übernommen werden.

Ihre Interessen vertreten die Kantone im Plangenehmigungsverfahren primär durch das Mitwirkungsrecht der Stellungnahme. Bei Widersprüchen zur Richtplanung tun sie dies im Bereinigungsverfahren und - soweit sie unmittelbar betroffen sind - auf dem Rechtsweg. Im Übrigen sind die Kantone auch bereits im Sachplanverfahren angemessen einzubeziehen.



[1] Website der Cargo Sous Terrain AG, Projekt.

[2] Art. 1 Abs. 2 UGüTG (Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport vom 17. Dezember 2021 [UGüTG; SR 749.1]).

[3] Aktennotiz Geotest vom 16. Februar 2023, Beurteilung der Schächte hinsichtlich Bauten im Grundwasser, Anhang Charakterisierung Hubs mit Einbau in Grundwasser (zit. AN Geotest).

[4] Art. 122 BV (Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV; SR 101]).

[5] Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (ZGB; SR 210).

[6] Urteil des Bundesgerichts 1C_27/2009 vom 17. September 2009 E. 2.4; Heinz Rey / Lorenz Strebel, in: Geiser/Wolf (Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, Art. 457-977 ZGB und Art. 1-61 SchlT ZGB, 7. Aufl., Basel 2023, Art. 667 N 3 ff.

[7] Zum Ganzen Leonie Dörig, Das Recht zur Nutzung der Erdwärme, Diss. Zürich 2020, Rz. 332 ff.; a.M. Etienne Poltier / Denis Piotet, La marge d'autonomie du legislateur cantonal dans l'exploitation de la géothermie, ZSR 2015, S. 463 f.

[8] BGE 119 Ia 390 E. 5c/bb; Dörig (Fn. 7), Rz. 331.

[9] Vgl. Gesetz über die Nutzung des tiefen Untergrunds und die Gewinnung von Bodenschätzen (GNB) des Kantons Aargau vom 19. Juni 2012 (GNB/AG; SAR 671.200) und Gesetz über die Nutzung des Untergrundes des Kantons Zürich vom 25. Mai 2020 (GNU/ZH; LS 725.1).

[11] Botschaft zum Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport vom 28. Oktober 2020 (BBl 2020 8849), S. 8850.

[13] Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8883 f.; vgl. ausführlich unten Rz. 41 f.

[15] Art. 21 RPV (Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 [RPV; SR 700.1]); Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8882 a.E.

[17] Vgl. Art. 13 RPG (Bundesgesetz über die Raumplanung vom 2. Juni 1979 [RPG; SR 700]); vgl. Eloi Jeannerat / Lukas Bühlmann, in: Aemisegger/Moor/Ruch/Tschannen (Hrsg.), Praxiskommentar RPG: Richt- und Sachplanung, Interessenabwägung, Zürich 2019, Art. 13 N 51 ff. (zit. Praxiskomm. RPG-Bearbeiter:in).

[18] Pierre Tschannen / Markus Müller / Markus Kern, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Bern 2022, Rz. 1059.

[19] Art. 14 RPV; vgl. Praxiskomm. RPG-Jeannerat/Bühlmann, Art. 13 N 1.

[21] Art. 17 ff. RPV; vgl. zum Ganzen auch Tschannen/Müller/Kern (Fn. 18), Rz. 1060.

[22] Art. 22 f. RPV; Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8881; eingehend dazu Praxiskomm. RPG-Jeannerat/Bühlmann, Art. 13 N 75 ff.

[24] Vgl. Art. 7 Abs. 1 RPG. Einigen sich Kantone untereinander oder mit dem Bund nicht darüber, wie die Richtpläne aufeinander abgestimmt werden, so kann ein Bereinigungsverfahren nach Art. 12 RPG durchgeführt werden; vgl. Art. 7 Abs. 2 RPG.

[25] Gemäss Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8882, wird aktuell von einer rund dreijährigen Frist ab der Festsetzung der geeigneten Räume im Sachplan ausgegangen.

[27] Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8887; Erläuternder Bericht zur Vernehmlassungsvorlage vom 3. April 2019, Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport, S. 16.

[28] Vgl. insbesondere Art. 7 Abs. 1 UGüTG. Demnach muss ein Unternehmen, das beabsichtigt, ein Plangenehmigungsgesuch für ein Vorhaben einzureichen, dem BAV die Unterlagen einreichen, die zur Beurteilung der für die Anlagen geeigneten Räume erforderlich sind. Daraus müssen insbesondere das Konflikt- und das Optimierungspotenzial hinsichtlich der Raumnutzung, der bestehenden Verkehrsanlagen und der Umwelt hervorgehen.

[29] Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass eine explizite «Kann»-Bestimmung als amtliche Pflicht auszulegen ist. So ist beispielsweise weitgehend unbestritten, dass die «Kann»-Bestimmung in Art. 32 Abs. 2 VwVG (Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 [Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021]) tatsächlich eine amtliche Pflicht statuiert; dazu BGE 136 II 165 E. 4.2, mit zahlreichen Hinweisen.

[30] Für den Fall, dass der Bund seine Pflicht zur Sachplanung verletzt, sieht das RPG - wie auch das UGüTG als einschlägiges Sachgesetz - keine unmittelbaren Sanktionen vor: Praxiskomm. RPG-Jeannerat/Bühlmann, Art. 13 N 70. Die Folgen mangelnder Planung sind, dass die Kantone Vorhaben des Bundes, die nicht in einem Konzept oder Sachplan ausgewiesen sind, nicht berücksichtigen müssen. Zudem kann bei raumwirksamen Vorhaben die Verletzung der Planungspflicht in späteren Verfahren gerügt werden. - Die Lehre und Rechtsprechung haben sich bislang allerdings kaum vertieft mit der Frage der Rechtsverweigerung und -verzögerung bei der Sachplanung auseinandergesetzt. Grundsätzlich gilt das Verbot der Rechtsverweigerung nach Art. 29 Abs. 1 BV nur für Rechtsanwendungsverfahren: Giovanni Biaggini, Orell Füssli Kommentar, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl., Zürich 2017, Art. 29 N 13 (zit. OFK BV-Biaggini).

[31] BGE 130 I 269 E. 3.1; Gerold Steinmann / Benjamin Schindler / Damian Wyss, in: Ehrenzeller et al. (Hrsg.), St. Galler Kommentar, Die schweizerische Bundesverfassung, Zürich et al. 2023, Art. 29 N 35 (zit. SGK BV-Bearbeiter:in): «Der Begriff der Angemessenheit ist vor dem Hintergrund eines gerechten Verfahrens unter gesamthafter Beachtung spezifischer Sachverhalts- und Verfahrensverhältnisse für Fallgruppen und Einzelfälle zu konkretisieren und zu differenzieren.»

[32] Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8882. Gesetzliche Ordnungsfristen sind im Stadium der Sachplanung die Ausnahme. Immerhin sieht Art. 15f Abs. 2 EleG (Bundesgesetz betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen vom 24. Juni 1902 [EleG; SR 734.0]) eine zweijährige Frist zur Erarbeitung des Sachplans vor; Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 (Revision des Energierechts) und zur Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» vom 4. September 2013 (BBl 2013 7561), S. 7635 und 7713.

[33] Dieses wurde in Art. 24bis aBV (Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 [aBV; SR 101]) noch explizit genannt; OFK BV-Biaggini, Art. 76 N 4; SGK BV-Marti/Hettich, Art. 76 N 9; Corina Caluori / Alain Griffel, in: Waldmann/Belser/Epiney (Hrsg.), Basler Kommentar, Bundesverfassung, Basel 2015, Art. 76 N 7 (zit. BSK BV-Bearbeiter:in).

[34] OFK BV-Biaggini, Art. 76 N 5. Die vorliegend wichtigsten Ausführungserlasse sind das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer vom 24. Januar 1991 (Gewässerschutzgesetz, GSchG; SR 814.20) sowie die entsprechende Verordnung (Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 [GSchV; SR 814.201]).

[38] Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 28. Juni 2022, Grundwasserschutz in der Schweiz, S. 2.

[41] GSchV Anhang 4 Ziff. 221 Abs. 1 lit. b. Mit «wichtigen Gründen» ist ein begründbarer und nachvollziehbarer Sachzwang für die Errichtung der Anlage zu verstehen, welcher stärker gewichtet wird als die Anliegen des Grundwasserschutzes und der Trinkwasserversorgung. Die Anliegen des Grundwasserschutzes sind jedoch grundsätzlich sehr stark zu gewichten, weshalb eigentlich nur unverzichtbare Anlagen oder Teile von Anlagen, welche aufgrund geologischer oder topographischer Standorteigenschaften oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit (beispielsweise standortgebundene Lawinenverbauungen) zwingend in der Schutzzone liegen müssen. Wirtschaftliche Gründe oder Nutzungsinteressen rechtfertigen Ausnahmen nicht; vgl. Wegleitung Grundwasserschutz, Vollzug Umwelt, BUWAL 2004, S. 59 (zit. Wegleitung BUWAL).

[49] GSchV Anhang 4 Ziff. 211 Abs. 2; vgl. auch zum Ganzen BGE 145 II 176 E. 3.5; Urteil des Bundesgerichts 1C_556/2013 vom 21. September 2016 E. 9.2.

[50] Urteil des Bundesgerichts 1C_690/2021 vom 12. September 2023 E. 3.2.1.

[51] Vgl. aus der kantonalen Praxis Urteil des Verwaltungsgerichts Kanton Zürich VB.2006.00354 vom 29. Juni 2007 E. 7.2.2.5: Eine Ausnahmebewilligung nach GSchV Anhang 4 Ziffer 211 Abs. 2 ist bei Gebieten mit grosser Grundwassermächtigkeit nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die Durchflusskapazität um höchstens 10 % vermindert wird. Vielmehr müssen besondere Verhältnisse vorliegen, welche den Einzelfall als Sonderfall erscheinen lassen - was etwa bei einem Stadion aufgrund der Zweckbestimmung und Grösse der Fall ist; ferner präzisierend Urteil des Verwaltungsgerichts Kanton Zürich VB.2012.00373 vom 27. März 2013 E. 4.1.2, wonach es in Randgebieten zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung keiner aussergewöhnlichen Umstände bedarf.

[52] Zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts 1C_690/2021 vom 12. September 2023 E. 3.2 ff.; Urteil des Bundesgerichts 1C_460/2020 vom 30. März 2021 E. 4.2.2 f. Das Bundesgericht prüft primär die Frage, ob die zuständige Behörde die in Betracht fallenden öffentlichen und privaten Interessen vollständig ermittelt hat (Rechtsfrage). In die relative Gewichtung der potenziell widerstreitenden Interessen greift das Bundesgericht hingegen nur ein, wenn sie rechtsfehlerhaft ausgeübt wurde (Ermessensfrage); vgl. wiederum Urteil des Bundesgerichts 1C_690/2021 vom 12. September 2023 E. 3.2.2; Urteil des Bundesgerichts 1C_460/2020 vom 30. März 2021 E. 4.2.4.

[54] Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8883 f.; vgl. oben bei Fn. 13 und unten Rz. 41 f.

[55] So die Praxis zu GSchV Anhang 4 Ziff. 211 Abs. 2; dazu oben Rz. 14 f.

[56] Im französischen Gesetzestext ist bei lit. a die Rede von «aucun intérêt public prépondérant», im italienischen von «nessun interesse pubblico rilevante».

[57] Namentlich das Nachhaltigkeitsprinzip (Art. 73 BV) verfügt im verfassungsrechtlichen Kontext über einen «hohen Stellenwert»; BSK BV-Griffel, Art. 73 N 9; siehe eindringlicher noch SGK BV-Errass, Art. 73 N 42: «Mit dem gegenwärtigen Eintritt des dargestellten Wandels nimmt Art. 73, will er sein Ziel überhaupt noch erreichen und zukünftigen Generationen keine ungerechtfertigten und unüberwindbaren Aufgaben überlassen, den Charakter einer Notstandsregelung an. Dies ist bei der gesetzlichen Ausgestaltung zu berücksichtigen.»

[58] Vgl. Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8896 f.; Erläuternder Bericht UGüTG (Fn. 27), S. 21, wonach die Cargo Sous Terrain AG die Tunnellänge im Hartgestein maximieren und darauf achten werde, dass keine Grundwasserschutzzonen und Grundwasserfassungen betroffen sind.

[61] Erläuternder Bericht UGüTG (Fn. 27), S. 14. Die Anhörung der Kantone zum Sachplan Verkehr, Teil Unterirdischer Gütertransport, wurde am 1. Februar 2024 eröffnet; vgl. Medienmitteilung des Bundesamts für Verkehr vom 1. Februar 2024, Anhörung zum Sachplan Verkehr, Teil Unterirdischer Gütertransport.

[62] Damit unterscheidet sich das UGüTG von anderen Transportanlagen: Z.B. bei Seilbahnen sind auch alternative Luftseilbahnsysteme im Rahmen der Plangenehmigung in eine umfassende Interessenabwägung einzubeziehen: vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_567/2020 und 1C_568/2020 vom 1. Mai 2023 E. 4 ff.

[63] Oben Rz. 14 f.

[64] Merkblatt Bauvorhaben in Grundwasserleitern und Grundwasserschutzzonen, AWEL 2019, S. 3 (zit. Merkblatt AWEL); vgl. unten Rz. 34.

[65] § 37 Abs. 2 EG GSchG/ZH (Einführungsgesetz zum Gewässerschutzgesetz vom 8. Dezember 1974 [EG GSchG/ZH; LS 711.1]). Im Übrigen hat ebenfalls eine kantonale Bewilligung einzuholen, wer Vorkehren treffen will, welche die Güte des Wassers beeinträchtigen oder die Wassermenge eines Gewässers verändern könnten: § 8 Abs. 1 EG GSchG/ZH. Eine Bewilligungspflicht besteht ferner auch für die Errichtung, Änderung und Erweiterung von Anlagen mit wassergefährdenden Flüssigkeiten: § 38 Abs. 1 EG GSchG/ZH i.V.m. § 19 ff. KGSchV/ZH (Verordnung über den Gewässerschutz vom 22. Januar 1975 [KGSchV/ZH; LS 711.11]). Unterirdische Transporttunnels könnten prinzipiell in diese Kategorie fallen, da namentlich auch Umschlagplätze als Anlagen mit wassergefährdenden Flüssigkeiten gelten; vgl. § 19 Abs. 1 KGSchV/ZH.

[66] § 70 Abs. 1 i.V.m. § 36 ff. WWG/ZH (Wasserwirtschaftsgesetz vom 2. Juni 1991 [WWG/ZH; LS 724.11]).

[67] § 44 WWG/ZH. Die Erteilung der notwendigen wasser- und gewässerschutzrechtlichen Bewilligungen erfolgt im Rahmen des koordinierten Bewilligungsverfahrens gemäss Bauverfahrensverordnung. Zuständige Bewilligungsbehörde ist grundsätzlich das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL): Merkblatt AWEL (Fn. 64), S. 9; vgl. auch § 3 lit. f KGSchV/ZH.

[68] Vgl. Website des Kantons Aargau, Grundwassertangierende Bauvorhaben. Zur Bewilligungspflicht § 6 Abs. 1 i.V.m. § 33 WnG/AG (Wassernutzungsgesetz vom 11. März 2008 [WnG/AG; SAR 764.100]).

[69] AN Geotest (Fn. 3), S. 4.

[70] § 4 WnV/AG (Wassernutzungsverordnung vom 23. April 2008 [WnV/AG; SAR 764.111]).

[71] § 53 Abs. 1 lit. c GWBA/SO (Gesetz über Wasser, Boden und Abfall vom 4. März 2009 [GWBA/SO; GS 712.15]).

[72] Dies, wenn die Errichtung und Änderung von Bauten unter dem mittleren Grundwasserspiegel in den Gewässerschutzbereichen Au oder Zu von nicht bloss geringfügiger Bedeutung sind: § 54 Abs. 1 lit. d GWBA/SO. Zuständig für die Erteilung dieser Bewilligungen ist das kantonale Bau- und Justizdepartement, vertreten durch das Amt für Umwelt: § 69 GWBA/SO i.V.m. § 10 ff. VWBA/SO (Verordnung über Wasser, Boden und Abfall vom 22. Dezember 2009 [VWBA/SO; GS 712.16]); vgl. Website des Kantons Solothurn, Einbauten ins Grundwasser.

[74] Dieser ist im Einzelfall pflichtgemäss auszuüben; vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Kanton Zürich VB.2012.00373 vom 27. März 2013 E. 4.1.3 und 4.2.4; siehe auch Urteil des Bundesgerichts 1C_460/2020 vom 30. März 2021 E. 3.3.4 f. («Lachen»).

[76] Urteil des Bundesgerichts 1C_460/2020 vom 30. März 2021 E. 3.3.4 f.

[77] Merkblatt AWEL (Fn. 64), S. 4.

[78] Im Kanton St. Gallen erachten es die Behörden in derartigen Konstellationen als zulässig, dass die Referenzfläche erhöht wird, indem rechtlich langfristig gesichert wird, dass auf den Nachbarparzellen keine Einbauten in den Grundwasserleiter bestehen und auch künftig keine solchen erstellt werden (z.B. durch Grunddienstbarkeiten); vgl. AN Geotest (Fn. 3), S. 7.

[79] Oben Rz. 2.

[81] Als faktisches Monopol wird die Situation bezeichnet, wenn der Staat aufgrund seiner Herrschaft über den öffentlichen (Unter-)Grund allein in der Lage ist, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, die eine Sondernutzung des öffentlichen Grundes erfordert, ohne eine gesetzliche Grundlage schaffen zu müssen, um Private von dieser Tätigkeit auszuschliessen: Seine Grundlage ist nicht das Gesetz, sondern die allgemeine Herrschaft über die öffentlichen Sachen; vgl. BGE 145 II 252 E. 4 (Pra 2020 Nr. 45).

[82] Vgl. in Bezug auf Sondernutzungskonzessionen Alexander Ruch, Nutzung des Untergrunds: Raumplanerische und umweltrechtliche Aspekte, Sicherheit & Recht 2022, S. 32.

[83] Vgl. Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8883 f., wonach neben dem Plangenehmigungsverfahren ein separates Konzessionsverfahren explizit nicht nötig ist, weil die Kantone ihre Interessen im Rahmen der Plangenehmigung einbringen können; vgl. auch betreffend Rohrleitungsanlagen: Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung der Plangenehmigungsverfahren vom 25. Februar 1998 (BBl 1998 2591), S. 2639; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1351/2017 vom 25. Juli 2017 E. 4.2; Art. 2 ff. RLG (Bundesgesetz über Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn- oder Treibstoffe vom 4. Oktober 1963 [Rohrleitungsgesetz, RLG; SR 746.1]).

[84] Zur Ausnahmebewilligung nach GSchV Anhang 4 Ziff. 211 Abs. 2 vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_460/2020 vom 30. März 2021 E. 4.2.2 f.; zu Sondernutzungskonzessionen im Allgemeinen BGE 142 I 99 E. 2.4.4; René Wiederkehr / Paul Richli, Praxis des allgemeinen Verwaltungsrechts - Band II, Eine systematische Analyse der Rechtsprechung, Bern 2014, Rz. 1348 m.w.H.

[85] Indes enthält aber etwa das WWG/ZH (§ 60 WWG/ZH) eine Bestimmung, wonach ein Konzessionär bei Vorliegen wichtiger Bedürfnisse eines anderen Berechtigten in der Ausübung seines Rechts nachträglich eingeschränkt werden kann, wenn dies gesamthaft im öffentlichen Interesse liegt.

[86] Es besteht zwar kein Anspruch auf Bewilligungserteilung, trotzdem dürfen die Verwaltungsbehörden ihren Ermessenspielraum nicht völlig frei bzw. ungebunden ausüben. Sie müssen bei der Ermessensausübung insbesondere das Rechtsgleichheitsgebot, das Willkürverbot, das Verhältnismässigkeitsprinzip und die Pflicht zur Wahrung der öffentlichen Interessen befolgen; auch haben sie den Sinn und Zweck der gesetzlichen Ordnung zu beachten; vgl. Tschannen/Müller/Kern (Fn. 18), Rz. 591.

[87] Rz. 20.

[88] Vgl. oben Rz. 17 ff.

[89] Als mögliche wesentliche entgegenstehende öffentliche Interessen bezeichnet Art. 9 Abs. 6 UGüTG namentlich die Sicherheit, die Raumplanung, den Umweltschutz und den Natur- und Heimatschutz.

[91] AN Geotest (Fn. 3), S. 4.

[93] Merkblatt AWEL (Fn. 64), S. 3.

[94] Merkblatt AWEL (Fn. 64), S. 3; vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Kanton Zürich VB.2019.00584 vom 3. Dezember 2020 E. 8.3.1.

[95] Merkblatt AWEL (Fn. 64), S. 3.

[96] Vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 1C_460/2020 vom 30. März 2021 E. 4.2.2.

[97] Merkblatt AWEL (Fn. 64), S. 4.

[98] Vgl. mit weiteren Ausführungen Merkblatt AWEL (Fn. 64), S. 5.

[99] Urteil des Verwaltungsgerichts Kanton Zürich VB.2012.00373 vom 27. März 2013 E. 4.2.4; oben Rz. 15 und 30.

[100] Folgende Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein: (1) Es muss ein öffentliches Interesse am Bauvorhaben bestehen. (2) Das Bauvorhaben ist aus zwingenden Gründen nur mit einem Einbau unter den mittleren Grundwasserspiegel realisierbar. (3) Die Reduktion der Durchflusskapazität wird auf 0 % verringert. Aus zwingenden Gründen ist in Ausnahmefällen eine Verminderung der Durchflusskapazität um höchstens 10 % möglich. (4) Es darf keine Grundwassergefährdung bestehen, insbesondere für Trinkwasserfassungen. (5) Durch die im Grundwasser verbleibenden Bauteile dürfen weder ein Aufstau noch wesentliche Veränderungen der natürlichen Strömungsverhältnisse entstehen. Sie sind durch Ersatzmassnahmen auf den ursprünglichen Zustand auszugleichen; vgl. Merkblatt Bauten im Grundwasser vom 27. Juli 2023, Abteilung für Umwelt des Kantons Aargau; ferner AN Geotest (Fn. 3), S. 4.

[101] Vgl. oben Rz. 10 ff.

[102] Oben Rz. 17 ff.

[103] AN Geotest (Fn. 3), S. 4.

[104] Vgl. zum Rahmen des pflichtgemässen Ermessens bereits oben Fn. 86.

[105] Oben Rz. 36.

[107] Vgl. Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK-S) vom 12. Januar 2023 in Sachen Motion Nationalrat (Jauslin), Energiezukunft durch sichere Nutzung des Untergrunds zur Speicherung, Ziff. 4; siehe auch Teilrichtplan Energie Kanton Basel-Stadt, Bericht zur öffentlichen Vernehmlassung vom 8. Juli bis 6. September 2019, Ziff. 181 (Eingabe des Departement Umweltwissenschaften, Angewandte und Umweltgeologie der Universität Basel); siehe: Amt für Umwelt und Energie des Kantons Basel-Stadt, Stellungnahmen zu den Anregungen, Bemerkungen und Anträgen aus der Bevölkerung, von Institutionen und Interessensvertreter/-innen.

[108] Art. 9 Abs. 3 und 4 UGüTG. Das Plangenehmigungsverfahren gemäss dem UGüTG entspricht weitgehend demjenigen des Eisenbahngesetzes: Botschaft UGüTG (Fn. 11), S. 8851 und 8878 ff.; vgl. Art. 18 ff. EBG (Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 [EBG; SR 742.101]).

[109] Oben Rz. 7. Vorbehalten bleiben allfällige Bewilligungen zur Entsorgung von Ausbruch- und Aushubmaterial: Art. 9 Abs. 5 und Art. 21 UGüTG.

[111] Art. 9 Abs. 5 UGüTG; Erläuternder Bericht UGüTG (Fn. 27), S. 14. Analoge Regelungen bestehen praktisch für sämtliche Plangenehmigungsverfahren des Bundes; vgl. etwa Art. 2 Abs. 4 RLG, Art. 18 Abs. 4 EBG, Art. 37 Abs. 4 LFG (Bundesgesetz über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 [Luftfahrtgesetz, LFG; SR 748.0]).

[113] Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010).

[116] So zum Art. 17 Abs. 3 UGüTG gleichlautenden Art. 37f Abs. 3 LFG Kaspar Plüss, Öffentliche Interessen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Flughäfen, Diss. Zürich, Zürich et al. 2007, S. 214, mit Verweis auf Botschaft Koordinationsgesetz 1998 (Fn. 83), S. 2620.

[118] Oben, Rz. 17 ff.

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