Teilrevision der Polizeibefugnisse der Armee und Gruppe Verteidigung - Eine Weiterentwicklung?

Jan Imhof *

Unabhängig von der konkreten Lage, d.h. in Friedenszeiten bis hin zu einem internationalen bewaffneten Konflikt, verfügt die Armee über Polizeibefugnisse, um ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen zu können. Die Polizeibefugnisse der Armee sind sowohl im Militärgesetz (MG) als auch im Zwangsanwendungsgesetz des Bundes (ZAG) geregelt. Mit der jüngsten Teilrevision wurde der Geltungsbereich des ZAG in sachlicher Hinsicht auf den Assistenzdienst im Inland und in persönlicher Hinsicht auf zivile Mitarbeitende der Gruppe Verteidigung (Gruppe V) ausgedehnt. Weiter wurden die bestehenden Polizeibefugnisse im MG moderat geschärft und sprachlich bereinigt. Eine kurze Übersicht zeigt, dass sie dem heutigen Stand im Polizeirecht hinsichtlich Normstufe und Normdichte jedoch weiterhin hinterherhinken.

Indépendamment de toute situation concrète, c'est-à-dire aussi bien en temps de paix qu'en cas de conflit armé international, l'armée dispose de pouvoirs de police qui lui permettent d'accomplir ses tâches légales. Les pouvoirs de police de l'armée sont régis à la fois par la loi fédérale sur l'armée et l'administration militaire (LAAM) et par la loi fédérale sur l'usage de la contrainte et de mesures policières dans les domaines relevant de la compétence de la Confédération (LUsC). Lors de la dernière révision partielle, le champ d'application de la LUsC a été étendu, sur le plan matériel, au service d'appui à l'intérieur du pays et, sur le plan personnel, aux collaborateurs civils du Groupement Défense. En outre, les pouvoirs de police existants dans la LAAM ont été modérément renforcés et la terminologie épurée. Un bref aperçu montre que l'état actuel du droit de la police laisse encore à désirer, tant en ce qui concerne le niveau que la densité des normes.

Zitiervorschlag: Jan Imhof, Teilrevision der Polizeibefugnisse der Armee und Gruppe Verteidigung - Eine Weiterentwicklung?, sui generis 2023, S. 151

DOI: https://doi.org/10.21257/sg.238

* Jan Imhof (jan.imhof@justice.be.ch), Rechtsanwalt, MLaw Recht der öffentlichen Verwaltung (Universität Bern), Gerichtsschreiber an der Strafabteilung des Regionalgerichts Bern-Mittelland, Angehöriger der Militärjustiz, Fachbereich Ausland, und ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rechtsdienst Kriegsvölkerrecht (KVR), Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Der Autor vertritt in diesem Beitrag seine eigene Meinung.



I. Einleitung

Die Schweizer Armee muss zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigenfalls Zwang bzw. Gewalt anwenden können. Die Polizeibefugnisse der Armee spielten in der bisherigen Militärgesetzgebung (zu) häufig eine zweitrangige Rolle. Seit der Totalrevision des Militärgesetzes (MG)[1] 1995 scheinen sie nur soweit aktualisiert worden zu sein, als dies unausweichlich war - so etwa 2014 mit der Schaffung einer formell-gesetzlichen Grundlage für den Waffeneinsatz gegen Luftfahrzeuge[2] (Art. 92a MG[3]). Die ausführende Verordnung über die Polizeibefugnisse der Armee (VPA)[4] datiert noch aus dem Jahr 1994. Mit der jüngsten Teilrevision des MG wurden die Polizeibefugnisse sprachlich und inhaltlich präzisiert und mit einem eigenen Gliederungstitel aufgewertet.[5] Gleichzeitig wurde auch die VPA moderat angepasst. Entgegen der etwas stiefmütterlich anmutenden Behandlung in der Gesetzgebung sind die Polizeibefugnisse der Armee zentral für die Aufgabenerfüllung in einem bewaffneten Konflikt, aber auch in Friedenszeiten, wie die neulich diskutierte Unterstützung beim Botschaftsschutz im Kanton Bern zeigt.[6] Die nun am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen, teilrevidierten Polizeibefugnisse der Armee geben Anlass für eine kritische Begutachtung. Der vorliegende Beitrag beschränkt sich auf die Neuerungen in den formell-gesetzlichen Grundlagen und nimmt, wo erforderlich, Bezug auf die Ausführungsverordnung.

II. Einordnung der Polizeibefugnisse der Armee

Die Befugnisse der Armee, Gewalt bzw. Zwang anzuwenden, lassen sich auf das Kriegsvölkerrecht und die Polizeibefugnissegemäss nationalem Recht (MG/ZAG) zurückführen, wobei sich die Anwendungsbereiche in sachlicher, örtlicher und zeitlicher Hinsicht überschneiden können. Darüber hinaus existieren weitere zu beachtende (internationale) Rechtsquellen wie etwa das internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung[7] oder das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe[8], auf welche hier aber nicht weiter eingegangen wird.

Das Kriegsvölkerrecht unterscheidet sich vom nationalen «Polizeirecht der Armee» insbesondere im Umfang der Befugnisse,welche der Armee zustehen,[9] und damit letztlich in der Intensität, mit welcher auf die Grundrechte der Adressaten eingewirkt wird. Illustrativ zeigt sich dies etwa darin, dass im Rahmen des Kriegsvölkerrechts ein gegnerischer Kombattant mit einem gezielten Schuss getötet werden darf (vgl. Art. 48 ZP I[10]). Ein solches Vorgehen ist im Rahmen des allgemeinen Polizeirechts hingegen nur in Ausnahmefällen und als ultima ratio zulässig (sog. finaler oder gezielter Rettungsschuss).[11]

Der Umfang der Befugnisse ist einerseits von der konkreten Lage und andererseits vom Adressaten einer Massnahme (Kombattant oder geschützte Person) abhängig:


(a) In Friedenszeiten gelten für Grundrechtseingriffe durch sicherheitspolizeiliches Handeln der Armee die allgemeinen Voraussetzungen gemäss Art. 36 BV[12]. Aus der grundrechtlichen Perspektive unterscheiden sich die Voraussetzungen für sicherheitspolizeiliche Massnahmen der Armee nicht von jenen anderer Bundesbehörden oder kantonaler Polizeikorps.

(b) In sog. «Notstandsfall» kann von den allgemeinen Voraussetzungen für bestimmte Grundrechtseingriffe derogiert werden (Art. 15 Ziff. 1 EMRK)[13], womit der Umfang der (polizeilichen) Befugnisse eines Vertragsstaates wächst. Als Notstandsfall nennt die EMRK Krieg oder einen anderen öffentlichen Notstand.[14] Die Derogation ist dem Generalsekretär des Europarats zu melden (Art. 15 Ziff. 3 EMRK). So meldete beispielsweise Frankreich am 14. November 2015 als Reaktion auf die Attentate in Paris (Bataclan) und Saint-Denis die Anrufung von Art. 15 EMRK an[15] und setzte sein Notstandsgesetz in Kraft. Dieses sah Massnahmen wie das Einrichten von Schutz- und Sicherheitszonen, das Anordnen von Hausarrest usw. vor, welche ausserhalb des Notstandsfall nicht mit der EMRK vereinbar gewesen wären.[16]

(c) Ein nicht-internationaler bewaffneter Konflikt ohne territoriale Kontrolle durch organisierte und bewaffnete Gruppen[17] löst die Anwendung des «gemeinsamen Artikels 3» der Genfer Abkommen (GA)[18] aus. Er stellt Regeln, etwa über den Schutz von Personen, welche nicht (mehr) an Feindseligkeiten teilnehmen, auf.

(d) Im Fall eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts zwischen einer organisierten und bewaffneten Gruppe mit territorialer Kontrolle und staatlichen Streitkräften[19] kommt das Zusatzprotokoll II zur Anwendung (Art. 1 Ziff. 1 ZP II[20]). Das Zusatzprotokoll II stellt weitere Regeln im Zusammenhang mit der staatlichen Gewaltanwendung auf, bspw. betreffend den Schutz des Sanitäts- und Seelsorgepersonals (Art. 9 ZP II) oder der Zivilbevölkerung (Art. 13 ff. ZP II).

(e) Erst bei einem internationalen bewaffneten Konflikt gemäss dem «gemeinsamen Artikel 2» der Genfer Abkommen gelten die ausführlichen Bestimmungen des Kriegsvölkerrechts und die daraus abgeleiteten weiteren Befugnisse der Armee, so die eingangs genannte Tötung von Kombattanten. Die Polizeibefugnisse der Armee sind für die Anwendung «militärischer Gewalt gegen Kombattanten» hingegen nicht anwendbar (vgl. Art. 1 Abs. 4 Bst. a VPA).[21] Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich einzig auf Zivilpersonen,[22] sofern und solange diese nicht unmittelbar an feindlichen Handlungen teilnehmen (Art. 51 Ziff. 3 ZP I)[23]. Dies ist etwa bei «Checkpoints» oder «Crowd and Riot Controls (CRC)» der Armee denkbar.

Diese kurze Übersicht zeigt, dass die Armee in jeder Lage, d.h. sowohl in Friedenszeiten bis hin zum internationalen bewaffneten Konflikt, Polizeibefugnisse zur Erfüllung ihrer Aufgaben ausüben kann bzw. können muss.[24]

III. Neuerungen im Bereich der Polizeibefugnisse der Armee / Gruppe Verteidigung

1. Sachlicher Geltungsbereich (Art. 92 Abs. 1 MG)

Mit dem Erlass des Zwangsanwendungsgesetzes (ZAG)[25] 2008 wurde auch die Armee im Assistenzdienst zu Gunsten des Bundes dem ZAG unterstellt. Das Ziel des Gesetzgebers war, bei polizeilichen Massnahmen und polizeilichem Zwang einheitliche Bestimmungen anzuwenden.[26] Der Anwendungsbereich für Polizeibefugnisse nach ZAG (Objektschutz, Transportaufträge usw.) ist enger gefasst als jener nach MG (Rückführung, Geiselbefreiung usw.),[27] was für den Assistenzdienst im Inland per se nicht zu beanstanden ist.[28] Für den Ausbildungsdienst und die weiteren Einsatzarten richteten sich die Polizeibefugnisse der Armee auch nach Inkrafttreten des ZAG nach den Bestimmungen des MG. Für den Assistenzdienst zu Gunsten der Kantone konnte das VBS jedoch das Polizeirecht des Einsatzkantons anstelle der MG-Bestimmungen für anwendbar erklären (aArt. 6 Abs. 1 VPA[29]). Auch hier wurde die Idee verfolgt, im Einsatz einheitliche Bestimmungen anzuwenden.[30]

Auch mit der Teilrevision 2022 wurde am Konzept, dass sich das Einsatzrecht an der Dienstart orientiert, festgehalten. Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich des ZAG nun aber gesamthaft auf den Assistenzdienst im Inland ausgedehnt, d.h. auch auf den Assistenzdienst zu Gunsten der Kantone (Art. 92 Abs. 1 MG). Ergänzend stellt er klar, dass die Bestimmungen des ZAG bei der Spontanhilfe gelten, welche im Ausbildungsdienst geleistet werden kann (Art. 48d Abs. 8 MG). In den übrigen Militärdiensten im Inlande (Ausbildungsdienst [Art. 41 ff. MG] und Aktivdienst [Art. 76 ff. MG]) sowie im Ausland (Assistenzdienst im Ausland [Art. 69 ff. MG], Friedensförderungsdienst [Art. 66 ff. MG] und Ausbildungsdienst im Ausland [Art. 48a MG]) gelten auch künftig die Bestimmungen des MG. Bis zur Teilrevision standen die Polizeibefugnisse einzig den militärischen Polizeiorganen zu (vgl. aArt. 1 Abs. 1 und aArt. 2 VPA). Dieser unbestimmte Rechtsbegriff wurde nun ersatzlos gestrichen, womit im Grundsatz alle Armeeangehörige befugt sind, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Polizeibefugnisse auszuüben.

Die konsequente Anwendung des ZAG in allen Assistenzdiensten im Inland besticht auf den ersten Blick mit ihrer Einfach- und Klarheit. In der Umsetzung birgt sie jedoch Herausforderungen. Armeeangehörige müssen für die Ausübung von Polizeibefugnissen, unabhängig deren Rechtsgrundlage, ausgebildet werden (vgl. dazu etwa explizit Art. 8 ZAG und Art. 32 ff. ZAV[31]).[32] Je schwerer der potentielle Grundrechtseingriff durch die polizeiliche Massnahme wiegt, desto intensiver muss die Ausbildung erfolgen. Aus Art. 2 EMRK wird eine «positive duty» der Vertragsstaaten abgeleitet, wonach bspw. der Einsatz von Schusswaffen trainiert sein muss («trained in the use of firearms»).[33] Der EGMR fordert hierzu «clear guidelines and criteria governing the use of force».[34] Dieser Forderung ist durch den Erlass von Einsatzregeln («rules of engagement», ROE[35]), welche die Zwangsanwendung konkretisieren und in Taschenkarten («pocket cards») zusammengefasst sind, nachzukommen. Mit Blick auf das Milizsystem der Schweizer Armee ist der Ausbildung besondere Rechnung zu tragen, damit Armeeangehörige im Fall der Zwangsanwendung rechtmässig und angemessen (re-)agieren können.[36]

In Friedenszeiten ordnen nur eine kleine Anzahl (Miliz-)Armeeangehörige tatsächlich polizeiliche Massnahmen an. Noch weniger finden sich in einer Situation wieder, in welcher sie zum Vollzug der angeordneten Massnahme tatsächlich Zwang anwenden müssen. Abgesehen von spezifischen Truppen wie jene der Miliz- und Berufsformation der Militärpolizei fehlt den Armeeangehörigen systembedingt die Routine in der Ausübung von Polizeibefugnissen, welche mit Übungen kompensiert werden muss. Die Doppelspurigkeit der Rechtsquellen hat nun zur Folge, dass die Polizeibefugnisse sowohl gemäss MG als auch ZAG gelehrt und geübt werden müssen. Bereits ein exemplarischer Vergleich von Art. 16 VPA mit dem restriktiveren Art. 11 ZAG über den Waffeneinsatz zeigt, dass sich die Voraussetzungen massgeblich unterscheiden.[37] Die Parallelität von Polizeibefugnissen erscheint vor diesem Hintergrund herausfordernd und unnötig.[38]

Der Gedanke, dass Armeeangehörige sowie Angestellte der Bundesverwaltung (Gruppe V, fedpol usw.) bei einem gemeinsamen Einsatz denselben Regeln unterstehen, ist nachvollziehbar. Mit der Ausdehnung des Geltungsbereichs des ZAG auf den Assistenzdienst zu Gunsten kantonaler Behörden wurde jedoch kein Mehrwert geschaffen. Hier besteht weiterhin eine Parallelität; nun zwischen dem ZAG und dem kantonalen Polizeirecht. Aus Sicht der Ausbildung und der (Miliz-)Anwender:innen wäre mit einer einheitlichen Regelung die rechtmässige Ausübung der Polizeibefugnisse und damit auch der Grundrechtsschutz besser gewahrt. Die Beschränkung auf eine Rechtsquelle - etwas das MG - würde nicht bedeuten, dass die Polizeibefugnisse bei jedem Einsatz im vollen Umfang zum Tragen kämen. Sie haben sich stets nach dem konkreten Auftrag auszurichten und sind in den entsprechenden Einsatzregeln auszuformulieren. Das Gesetz und die Ausführungsverordnung bilden dabei lediglich den äusseren Rahmen der Polizeibefugnisse.[39]

2. Persönlicher Geltungsbereich (Art. 92 Abs. 3 MG)

Neu sind Angestellte der Militärverwaltung des Bundes zur Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen nach ZAG berechtigt, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist (vgl. Art. 92 Abs. 3 MG i.V.m. Art. 7 ZAG). Damit wird der persönliche Geltungsbereich des ZAG auf Angestellte der Gruppe V, nicht aber der weiteren militärischen Bundesbehörden wie die armasuisse oder das Oberauditorat, ausgedehnt. Gemäss dem Gesetzeswortlaut könnten sich m.E. nebst den zivilen Angestellten auch das militärische Personal,[40] welches gestützt auf einen öffentlich-rechtlichen Vertrag seine Arbeit leistet, auf das ZAG berufen - sofern es nicht im Dienst steht. Laut Botschaft ist dies aber nicht vorgesehen.[41] Folglich müsste sich das militärische Personal weiterhin auf die Polizeibefugnisse gemäss MG berufen können. Mit der neuen Formulierung von Art. 92 Abs. 2 MG stehen die Polizeibefugnisse jedoch nicht mehr der Truppe, sondern nur noch den Armeeangehörigenin den übrigen Militärdiensten zu. Da militärisches Personal wie bspw. die Berufsformationen der Militärpolizei mit ihren sicherheitspolizeilichen Aufgaben[42] gerade keinen Dienst leistet, fällt es bei strikter Befolgung des Wortlauts von Art. 92 Abs. 2 MG und gemäss der einschränkenden Auslegung von Art. 92 Abs. 3 MG (so jedenfalls die Botschaft) durch die Maschen der Gesetzgebung. Eine Klarstellung wäre angezeigt.

In der Botschaft wird ausgeführt, dass zivile Angestellte die Polizeibefugnisse gemäss ZAG zum Schutz von Material sowie von Führungs- und Einsatzmitteln ausüben sollen. Zwangsmittel dürften dabei zwecks Notwehr(-hilfe) und Notstands(-hilfe) und (situativ) zur Erfüllung des Auftrags eingesetzt werden.[43] Der Verweis auf die Jedermannsrechte, Notwehr(-hilfe) und Notstands(-hilfe), läuft ins Leere. Das ZAG ist expressis verbis in solchen Situationen nicht anwendbar (vgl. Art. 4 ZAG). Der eigentliche Anwendungsbereich beschränkt sich auf die offene Formulierung «(situative) Erfüllung des Auftrags».[44] Während der Debatte im Nationalrat nahm die Departementsvorsteherin des VBS zu dieser offenen Formulierung Stellung und nannte als Beispiel den Schutz von Spezialmunition und Sprengstoffen, von Material mit Schutzbedarf, von sicherheitsrelevanten Geräten und besonders schutzwürdigen Sachen wie z.B. Impfstoffen. Es würden nur jene Angestellte der Militärverwaltung ausgerüstet werden, die für den Schutz dieser Spezialmittel zuständig und gewissen Gefahren, Vandalismus usw. ausgesetzt seien.[45] So wird nun in Art. 5a ZAV festgehalten, dass zivile Angestellte der Gruppe V insbesondere bei der Transportbegleitung oder Umlagerung von Armeematerial, dem Schutz militärischer Anlagen sowie der Intervention bei Alarmen eine Feuerwaffe und Reizstoff tragen dürfen.[46]

3. Inhaltliche Präzisierung und Bereinigung

Gemäss Botschaft wurden die Polizeibefugnisse mit der Teilrevision präzisiert, Lücken zwischen bereits bestehenden sicherheitspolizeilichen Massnahmen geschlossen und in Abgrenzung zu den gerichtspolizeilichen Massnahmen sprachlich bereinigt.[47]

a) Zweck: «Erfüllung der Aufgaben»

In den übrigen Militärdiensten sind Armeeangehörige berechtigt, zur «Erfüllung der Aufgaben» polizeiliche Massnahmen anzuordnen und, wenn nötig, mit Zwang durchzusetzen. Die erwähnten «Aufgaben» ergeben sich in erster Linie aus der Verfassung (Art. 58 Abs. 2 BV) sowie dem ausführenden Katalog in Art. 1 MG. Diese allgemein gefassten Aufgaben vermögen die Vorhersehbarkeit, in welchen Situationen eine polizeiliche Massnahme angeordnet und ggf. mit Zwang durchgesetzt werden darf, nicht ausreichend bestimmen. Es fehlt damit an einer genügenden Normdichte. Zwar darf nicht verkannt werden, dass Polizeibefugnisse nicht für jede Eventualität geregelt sein können und sich auch Unvorhergesehenes ereignet. Entsprechend wäre eine abschliessende Aufzählung möglicher Situationen, in welchen polizeiliche Massnahmen angeordnet werden dürfen, nicht zielführend und übermässig einschränkend.[48] Anders als im Polizeirecht der kantonalen Polizeikorps ist das sicherheits polizeiliche Aufgabengebiet der Armee enger. Eine klarere Umschreibung, etwa durch eine Typisierung der Aufgaben,[49] wäre daher möglich und angezeigt. Denkbar wäre etwa eine beispielhafte Nennung folgender «typischer» Aufgaben:


(a) Objektschutz («Wache») und Personenschutz,

(b) Zutrittskontrolle zu Anlagen und Arealen («Wache»/«Checkpoint»),

(c) Verkehrskontrolle hinsichtlich militärischer Fahrzeuge und deren Insassen,[50] sowie

(d) Rettung und Rückführung von Personen aus dem Ausland («Geiselbefreiung»).[51]

Damit sei für den konkreten Auftrag noch nicht gesagt, welcher Truppengattung, in welchem Umfang die Polizeibefugnisse zustehen oder ob die Polizeibefugnisse auf Berufsformationen beschränkt sind. Eine beispielhafte Nennung «typischer» Aufgaben würde aber einen klaren Rahmen abstecken und die Vorhersehbarkeit für den Adressaten polizeilicher Massnahmen und generell die Transparenz und Akzeptanz erhöhen.

b) Massnahmen gegenüber Personen (Art. 92 Abs. 2 Bst. a MG)

Die Armeeangehörigen können zur Erfüllung ihrer Aufgaben Personen anhalten und ihre Identität kontrollieren, sie von bestimmten Orten wegweisen oder fernhalten, sie befragen, durchsuchen und bis zum Eintreffen der zuständigen Polizeikräfte kurzfristig festhalten (Art. 92 Abs. 2 Bst. a MG). Dabei handelt es sich um typische, sicherheitspolizeiliche Kontrollaufgaben im Rahmen von Zutrittskontrollen, Checkpoints und des Objektschutzes. Die Anhaltung ist die Vorstufe weiterer polizeilicher Massnahmen. Sie ist bereits zulässig, um auf eine (mögliche) Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, bzw. die Auftragserfüllung, zu reagieren. Ein allgemeiner Verdacht hierzu genügt. Er muss sich also nicht speziell auf die anzuhaltende Person beziehen.[52]

Soweit notwendig sind Personen, welche etwa in der Umgebung eines bewachten Objekts oder Areals angehalten und kontrolliert wurden, anschliessend wegzuweisen. M.E. kann eine solche Wegweisung im Einzelfall mit Art. 292 StGB[53] verknüpft werden.[54] Eine automatische Verknüpfung von (mündlicher) Wegweisung und Strafandrohung ist gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts jedoch unverhältnismässig.[55] Damit die Strafandrohung tatsächlich auch greift,[56] müsste zumindest auf Verordnungsstufe erwähnt werden, dass in Abweichung des Grundsatzes des Schrifterfordernis (Art. 34 VwVG[57])[58] die Wegweisung auch mündlich verfügt werden kann und sofort vollstreckbar ist.

Angehaltene Personen können bis zum Eintreffen der zuständigen Polizeikräfte kurzzeitig festgehalten werden. Die altrechtliche Formulierung der vorläufigen Festnahme ist den gerichtspolizeilichen Massnahmen zuzuordnen (vgl. Art. 55 MStP[59]) und wurde im Rahmen der Bereinigung richtigerweise gestrichen.[60]

Auch nach der Teilrevision bleibt hingegen unklar, wie mit den Personendaten der angehaltenen, kontrollierten und weggewiesenen Personen zu verfahren ist. Entsprechende Bestimmungen existieren nur für die Militärpolizei (Art. 167a ff. MIG[61]), nicht aber im Allgemeinen für die übrigen Militärdienstleistenden und das übrige militärische Personal.

c) Massnahmen gegenüber Sachen (Art. 92 Abs. 2 Bst. b MG)

Die Armeeangehörigen können zur Erfüllung ihrer Aufgaben Grundstücke betreten, persönliche Effekten sowie Gegenstände, Räume und Fahrzeuge kontrollieren, durchsuchen und sicherstellen (Art. 92 Abs. 2 Bst. b MG). Die beispielhafte Nennung, welche Objekte durchsucht werden dürfen, ist neu und zu begrüssen. Weiter wurden auch die Begrifflichkeiten bereinigt und Objekte werden nunmehr sichergestellt.[62] Die Beschlagnahme, so die altrechtliche Formulierung, obliegt einzig den Strafuntersuchungsbehörden (Art. 63 MStP). Die VPA ist hingegen noch nicht aktualisiert.

Die Befugnisse, Grundstücke zu betreten, ist gänzlich neu und war aus rechtsstaatlicher Sicht zwingend in den Katalog polizeilicher Massnahmen aufzunehmen. Schliesslich decken sich Störer und Berechtigter eines Grundstücks häufig nicht. Nur der Störer muss aber eine polizeiliche Massnahme dulden (sog. Störerprinzip). Polizeiliche Massnahmen gegen Nicht-Störer setzen daher eine explizite Rechtsgrundlage voraus.[63]

d) Einsatz von Zwangsmitteln und insb. der Waffe (Art. 92 Abs. 2 Bst. c und d MG)

In Buchstabe c wird rudimentär das Verhältnismässigkeitsprinzip rekapituliert[64]: Armeeangehörige dürfen in einer den Umständen angemessenen Weise unmittelbaren Zwang mit körperlicher Gewalt, Hilfsmitteln oder Waffen ausüben, wo weniger schwerwiegende Mittel nicht ausreichen. Gemäss Buchstabe d dürfen Armeeangehörige Waffen als letztes Mittel zur Ausübung ihres (ohnehin geltenden) Notwehr- und Notstandsrechts[65] sowie zur Erfüllung eines Schutz- oder Bewachungsauftrags einsetzen. Der Bundesrat regelt den weiteren Waffeneinsatz (Gesetzesdelegation in Art. 92 Abs. 4 Bst. a MG). So finden sich die exemplarischen Konstellationen von möglichem Schusswaffeneinsatz[66], ähnlich den Katalogen in den kantonalen Erlassen, erst auf Verordnungsstufe (Art. 16 VPA). Die VPA geht um einiges weiter als der im Gesetz genannte «Schutz- und Bewachungsauftrag» und nennt bspw. den Schusswaffeneinsatz bei Flucht eines fliehenden Straftäters oder bei der Geiselbefreiung. Eine Überführung in das formelle Gesetz ist unbedingt angezeigt.[67]

4. Luftgestützte Überwachung

Die Gruppe V verfügt über handelsübliche Drohnen, welche auch beim Weltwirtschaftsforum WEF zur Überwachung und zum Schutz von Objekten im Einsatz standen.[68] Diese Überwachungsmethode kann zudem für das sog. «crowd management» bei Grossanlässen oder -ereignissen eingesetzt werden.

Die Personenidentifikation zulassende Aufzeichnung und Aufbewahrung von Überwachungsmaterial berührt den Schutzbereich der Privatsphäre gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 BV.[69] Bei Kundgebungen kann eine Überwachung im Sinne eines «chilling effects» zudem die Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit tangieren.[70] Der rechtmässige Einsatz von solchen Überwachungsmitteln setzt daher eine formell-gesetzliche Grundlage voraus. Im Rahmen zweier abstrakter Normenkontrollen hielt das Bundgericht fest, dass das Gesetz eine wirksame zeitliche Aufbewahrungsgrenze der Überwachungsdaten enthalten muss. Für (polizeiliches) Handeln erkennt es eine Aufbewahrungsdauer von 100 Tagen als verhältnismässig.[71]

Die formell-gesetzliche Grundlage für die luftgestützte Überwachung ist in Art. 180 ff. MIG zu finden.[72] Hiernach können Überwachungsmittel zum Objektschutz und Schutz der Armeeangehörigen sowie generell zur Erfüllung des Auftrags eingesetzt werden. Sie sind in allen Einsatzarten und auch in der Ausbildung zulässig (Art. 181 Abs. 1 MIG). Mit der revidierten Fassung, in Kraft seit 1. April 2023, ist auch die Überwachung militärisch genutzter Objekte der Militärverwaltung und Dritter möglich (Art. 181 Abs. 1 Bst. a Ziff. 2 MIG). Die Botschaft nennt beispielhaft zivile Liegenschaften der Logistikbasis der Armee (LBA), in denen Armeematerial gelagert werde.[73] Die Armee kann zudem zivilen Behörden auf Gesuch hin luftgestützte Überwachungsleistungen erbringen (Art. 181 Abs. 2 MIG). Die Überwachungsleistungen können sowohl in, aber auch ausserhalb einer bestimmten Dienstart erbracht werden.[74] Mit der Teilrevision wird unterstrichen, dass die Armee den zivilen Behörden weder Personal noch Material überlässt, sondern lediglich eine Überwachungsleistung erbringt.[75] Die Datenbeschaffung zu Gunsten ziviler Behörden, wohl gemeint sämtliche Datenbearbeitung,[76] erfolgt nach den Rechtsgrundlagen der ersuchenden Behörde (Art. 183 Abs. 2 MIG). Für die übrige Überwachung gelten die Bestimmungen des MIG. Dabei ist auffallend, dass die Daten erst vernichtet werden, sobald sie für die Erfüllung der Aufgaben nicht mehr notwendig sind (Art. 185 Bst. a MIG). Eine solche offene Bestimmung ist mit der eingangs erwähnten höchstrichterlichen Rechtsprechung[77], jedenfalls ausserhalb des Aktivdiensts, nicht vereinbar und zu präzisieren.

5. Polizeibefugnisse im Ausland

Die Polizeibefugnisse gemäss Art. 92 MG gelten - im Einverständnis des Gaststaates - auch während des Auslandeinsatzes (Assistenzdienst im Ausland und Friedensförderungsdienst) oder im Ausbildungsdienst im Ausland. Die Ausführungsverordnung VPA nennt unter dem Sachtitel «Geltungsbereich» lediglich den Ausbildungs- und Assistenzdienst im Ausland (Art. 1 Abs. 2 VPA). Der Friedensförderungsdienst wird nicht genannt, was ursprünglich darauf zurückzuführen war, dass diese Einsatzart erst nach Erlass der VPA eingeführt wurde. Die Lehre schliesst daraus, dass die VPA im Friedensförderungsdienst nicht gelte, was etwa den Schusswaffeneinsatz im Friedensförderungsdienst stark einschränke.[78] Hier hat die Teilrevision keine eigentliche Veränderung mit sich gebracht. Immerhin lässt die Botschaft mit der Formulierung «Für die übrigen Ausbildungsdienste und die Einsätze der Armee im In- und Ausland gelten für die Truppe die Polizeibefugnisse des MG sowie der Vollzugsverordnung» erahnen, dass die Bestimmungen der VPA auch für den Friedensförderungsdienst gelten sollen. So oder anders sind die konkreten Befugnisse in einer völkerrechtlichen Vereinbarung mit dem Gaststaat festzulegen und in ROE zu konkretisieren, wobei sich bei multilateralen Einsätzen das Mitspracherecht der Schweiz meistens auf das Anbringen von Vorbehalten («caveats») gegen bereits bestehende, standardisierte ROE beschränkt.

Zuständig für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge über Auslandeinsätze ist der Bundesrat (sog. sektorielle Delegation).[79] Er ist damit auch ermächtigt, Vereinbarungen über die Polizeibefugnisse im Ausland abzuschliessen und dem Beitritt zu ROE zuzustimmen. Die Bestimmungen des MG und des MIG sowie deren Ausführungsverordnungen bilden die materiellen Grenzen bei der Vertragsausgestaltung. Weitergehende Polizeibefugnisse kann der Bundesrat nicht mit dem Gaststaat vereinbaren. In der Praxis werden die Vertragsabschlusskompetenzen wohl häufig mit einem Bundesratsbeschluss subdelegiert (vgl. Art. 48a RVOG[80]). Die Subdelegation an sich erscheint unproblematisch, da der Bundesrat in jedem Fall den (Grundsatz-)Entscheid über die Bewaffnung selbst fällen muss.[81] Eine generell-abstrakte Subdelegation in einer Verordnung würde Transparenz schaffen und wäre der Subdelegation in Bundesratsbeschlüssen vorzuziehen.

IV. Fazit und Ausblick

Mit der jüngsten Teilrevision wurden die Polizeibefugnisse der Armee moderat geschärft, aber kaum weiterentwickelt. Eine sorgfältige Legiferierung im Bereich der Polizeibefugnisse ist für die Voraussehbarkeit und Akzeptanz von polizeilichen Massnahmen, einen wirksamen Grundrechtsschutz und auch für die Rechtssicherheit aus der Optik der Anwender:innen zentral. Zu diesem Zweck bedürfen die heutigen Polizeibefugnisse der Armee nicht nur einer sprachlichen Bereinigung, sondern einer konzeptionellen Überarbeitung. Nebst dem Katalog an polizeilichen Massnahmen ist de lege ferenda der Zweck durch eine beispielhafte Nennung typisierter Aufgaben zu konkretisieren und die weiteren Anordnungsvoraussetzungengemäss VPA auf formell-gesetzliche Stufe zu heben und an den heutigen Stand im Polizeirecht anzupassen. Das Festhalten an der Parallelität der beiden Rechtsquellen MG und ZAG erscheint wenig sinnvoll.



[1] Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung vom 3. Februar 1995 (Militärgesetz, MG; SR 510.10).

[2] Zur Thematik vgl. Corina Heri, in: Schlegel/Ammann (Hrsg.), Onlinekommentar zur Bundesverfassung, Version: 16. März 2023, Art. 10 BV N 26 (zit. Onlinekommentar BV-Heri).

[3] Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG), Änderung vom 18. März 2016 (AS 2016 4277).

[4] Verordnung über die Polizeibefugnisse der Armee vom 26. Oktober 1994 (VPA; SR 510.32).

[5] Botschaft vom 1. September 2021 zur Änderung des Militärgesetzes und der Armeeorganisation (BBl 2021 2198), S. 41.

[6] Der Bund vom 20. April 2023 (Hilferuf der Kantonspolizei: Parlament hat letztes Wort über Armeeeinsatz vor Botschaften).

[7] Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, abgeschlossen in New York am 21. Dezember 1965 (SR 0.104).

[8] Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, abgeschlossen in New York am 10. Dezember 1984 (SR 0.105).

[10] Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I; SR 0.518.521), (nachfolgend: ZP I).

[11] Für eine Übersicht siehe Onlinekommentar BV-Heri, Art. 10 N 25. Dazu auch Regina Kiener / Walter Kälin / Judith Wyttenbach, Grundrechte, 3. Aufl., Bern 2018, S. 136 f.

[12] Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101).

[13] Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101).

[14] Christian Johann, in: Karpenstein/Mayer (Hrsg.), EMRK Kommentar, Basel 2022, Art. 15 EMRK N 3 ff. Vgl. auch Markus Mohler, Grundzüge des Polizeirechts in der Schweiz, Basel 2012, N 1197 ff.

[15] Pressemitteilung des Generalsekretärs des Europarats vom 25. November 2015 (France informs Secretary General of Article 15 Derogation of the European Convention on Human Rights).

[16] Für die weiteren Massnahmen vgl. Bericht vom 11. Januar 2016 der wissenschaftlichen Dienste, Deutscher Bundestag, «Die französischen Notstandsbefugnisse im Licht von Artikel 15 der Europäischen Menschenrechtskonvention».

[17] Für den Geltungsbereich des gemeinsamen Art. 3 Genfer Abkommen vgl. die aktuellste Kommentierung in: ICRC, Commentary of 2020 on Article 3 Convention (III), N 418 ff. Siehe auch Mohler (Fn. 14), N 1196.

[18] Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde (GA I; SR 0.518.12), Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der bewaffneten Kräfte zur See (GA II; SR 0.518.23), Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen (GA III; SR 0.518.42 ), Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten (GA IV; SR 0.518.51).

[19] Für den Geltungsbereich des Zusatzprotokolls II vgl. ICRC, Commentary of 1987 on Article 1 Additional Protocol (II), N 4446 ff.

[20] Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll II; SR 0.518.522) (zit. ZP II).

[21] Gianfranco Albertini / Thomas Armbruster / Beat Spörri, Militärisches Einsatzrecht, Zürich 2016, S. 222.

[22] Bereits Albertini/Armbruster/Spörri (Fn. 21), S. 237.

[23] Zur Definition vgl. Nils Melzer, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, Mai 2009.

[24] Die Grüne Fraktion plädierte im Rahmen der Nationalratsdebatte vom 15. Dezember 2021, dass eine Vermischung der Aufgaben der Armee und der Polizei unbedingt vermieden werden müsse (Votum Schlatter, AB 2021 N 2595). Eine Forderung, die gerade nicht vollständig erfüllt werden kann.

[25] Bundesgesetz über die Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes vom 20. März 2008 (Zwangsanwendungsgesetz, ZAG; SR 364).

[26] Botschaft vom 18. Januar 2006 zu einem Bundesgesetz über die Anwendung von polizeilichem Zwang und polizeilichen Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes (BBl 2006 2489), S. 2499.

[27] Albertini/Armbruster/Spörri (Fn. 21), S. 236.

[28] Kritisch Reto Patrick Müller / Hansjörg Meyer, in: Ehrenzeller/Egli/Hettich/Hongler/Schindler/Schmid/Schweizer (Hrsg.) St. Galler Kommentar, Die schweizerische Bundesverfassung, 4. Aufl., Zürich 2023, Art. 58 BV N 50 (zit. SGK BV-Bearbeiter:in).

[29] Verordnung über die Polizeibefugnisse der Armee vom 26. Oktober 1994 in der Fassung vom 1. Januar 2009 (VPA; SR 510.32).

[30] Albertini/Armbruster/Spörri (Fn. 21), S. 252.

[31] Verordnung über die Anwendung polizeilichen Zwangs und polizeilicher Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes vom 12. November 2008 (Zwangsanwendungsverordnung, ZAV; SR 364.3).

[32] Vgl. dazu auch SGK BV-Müller/Meyer, Art. 58 N 50 sowie Reto Patrick Müller / Stéphanie Greuter, Der grundrechtliche Rahmen für Anti-Terror-Operationen in Europa, Bern 2021, S. 249 ff.

[33] Urteil des EGMR 50196/99 vom 17. März 2005 (Bubbins gegen das Vereinigte Königreich), Ziff. 150.

[34] Urteil des EGMR 50385/99 vom 20. Dezember 2004 (Makaratzis gegen Griechenland), Ziff. 70.

[35] Einsatzregeln der Armee vom 1. Januar 2018 (ROE Regel), Reglement 51.011.

[36] Benjamin Schindler, Schusswaffeneinsätze der Armee im Friedensförderungsdienst: Rahmenbedingungen des Schweizer Rechts, Sicherheit&Recht 2008, S. 100 f. Vgl. auch Mohler (Fn. 14), N 1227 und 1254, welcher für den Schusswaffeneinsatz nebst einer höheren Normstufe auch eine höhere Normdichte mit der Begründung fordert, dass auch nicht polizeilich geschulte Armeeangehörige zum Schusswaffeneinsatz berechtigt seien.

[37] Vgl. die Gegenüberstellung von MG/VPA und ZAG/ZAV am Beispiel des Waffengebrauchs in Mohler (Fn. 14), N 1251.

[38] Mohler (Fn. 14), N 1268, bezeichnete bereits die altrechtliche Ausgangslage als «eine für die Praxis zumeist unübersichtliche Gemengelage rechtlicher Grundlagen». Ebenso Markus Mohler, Föderalismus im Sicherheits- und Polizeirecht - Reform dringend!, Newsletter Institut für Föderalismus 1/2018, S. 41.

[39] Dazu auch Mohler (Fn. 14), N 1231.

[40] Art. 47 Abs. 1 MG : «Das militärische Personal umfasst Berufs- und Zeitmilitärs.»

[41] Botschaft Änderung Militärgesetz und Armeeorganisation (Fn. 5), S. 26 und 41.

[42] Vgl. Art. 100 Abs. 1 «Militärische Sicherheit» und Art. 101 MG.

[43] Botschaft Änderung Militärgesetz und Armeeorganisation (Fn. 5), S. 26 und 41.

[44] Botschaft Änderung Militärgesetz und Armeeorganisation (Fn. 5), S. 41.

[45] Votum Bundesrätin Amherd, AB 2021 N 2599.

[46] Damit dürften die Bedenken von Patrick Blumer / Anna Wildt, Änderung des Militärgesetzes und der Armeeorganisation 2022: Reform der Reform?, Sicherheit&Recht 2022, S. 85, jedenfalls teilweise entkräftet sein.

[47] Botschaft Änderung Militärgesetz und Armeeorganisation (Fn. 5), S. 41.

[48] Kiener/Kälin/Wyttenbach (Fn. 11), S. 106. Ebenso Jürg Marcel Tiefenthal, Kantonales Polizeirecht der Schweiz, Zürich et al. 2018, S. 153 f. Siehe auch Rainer J. Schweizer / Lucien Müller, Zweck, Möglichkeiten und Grenzen der Gesetzgebung im Polizeirecht, LeGes 2008, S. 384 ff.

[49] Patrice Martin Zumsteg, Der Polizeigewahrsam nach Zürcher Recht - Anmerkung aus grundrechtlicher Sicht, sui generis 2023, S. 79, führt im Allgemeinen zur Normdichte im Polizeirecht aus, dass es sehr wohl möglich sei, die typischen Situationen der Polizeitätigkeit und die entsprechenden Zwangsmittel zu regeln.

[52] Ivo Schwegler / Florian Hirt, Polizeirecht, in: Feller/Müller (Hrsg.), Bernisches Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Bern 2021, S. 309.

[53] Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0).

[54] Zur Frage, ob es sich dabei um einen Realakt oder eine mündliche Verfügung (i.S.d. materiellen Verfügungsbegriffs) handle, vergleiche Hans-Jürg Zatti, in: Donatsch/Jaag/Zimmerlin (Hrsg.), Kommentar zum Polizeigesetz des Kantons Zürich, Zürich 2018, § 33 PolG/ZH N 13 (zit. Komm. PolG/ZH-Bearbeiter:in); Jürg Marcel Tiefenthal (Fn. 47), S. 221 f.; vgl. auch Benjamin Schindler, Rechtsschutz im Polizeirecht: Eine Standortbestimmung, Sicherheit&Recht 2012, S. 219 f.; differenzierte Ansicht Markus Müller, Rechtsschutz gegen Verwaltungsrealakte, in: Tschannen (Hrsg.), Neue Bundesrechtspflege, Bern 2007, S. 326; offen gelassen im Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 100.2008.23334 vom 2. März 2009 E. 5.7, publiziert in: BVR 2009, S. 385. Nach der hier vertretenen Ansicht ist bei einer mündlich eröffneten, auf einen klar umgrenzten Raum und zeitlich beschränkten Wegweisung mit Strafandrohung gestützt auf eine entsprechende spezialgesetzliche Grundlage von einer mündlichen Verfügung auszugehen.

[55] Urteil des Bundesgerichts 1C_181/2019 vom 29. April 2020 E. 10.4 f.

[56] Christof Riedo / Barbara Boner, in: Niggli/Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafrecht, 4. Aufl., Basel 2019, Art. 292 StGB N 63 ff.

[57] Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021).

[58] René Wiederkehr / Christian Meyer / Anna Böhme, VwVG Kommentar, Zürich 2022, Art. 34 VwVG N 7.

[59] Militärstrafprozess vom 23. März 1979 (MStP; SR 322.1).

[60] Zu den Begrifflichkeiten vgl. auch Komm. PolG/ZH-Oppliger/Heimgartner, § 25 N 1.

[61] Bundesgesetz über militärische und andere Informationssysteme im VBS vom 3. Oktober 2008 (MIG; SR 510.91). Art. 167a ff. MIG regelt einzig das Journal- und Rapportsystem der Militärpolizei (JORASYS). Ebenso ist Art. 100 Abs. 3 MG nur auf die Militärpolizei zugeschnitten.

[62] Zu den Begrifflichkeiten vgl. auch Komm. PolG/ZH-Lanter, § 38 N 4. Ebenso Albertini/Armbruster/Spörri (Fn. 21), S. 227.

[63] Komm. PolG/ZH-Jaag, § 20 N 1.

[64] Mohler (Fn. 14), N 1227, fordert angesichts der Tatsache, dass nur die wenigsten Armeeangehörigen eine polizeiliche Ausbildung haben, eine höhere Normdichte.

[65] Vgl. dazu Schindler (Fn. 35), S. 96 und 98, zur problematischen Gleichsetzung zwischen strafrechtlicher Rechtfertigungsnorm und verfassungsrechtlicher Befugnisnorm. Wobei er de lege feranda für eine eigenständige Formulierung plädiert. Der Kritik ist zuzustimmen.

[66] BGE 136 I 87 E. 4.1, hiernach hätten die Konstellationen von möglichem Schusswaffeneinsatz Beispielcharakter und sollen die Grundausrichtung des Schusswaffeneinsatzes konkretisieren. Sie stellen keine Handlungsanweisung dar, erlauben und rechtfertigen einen Schusswaffeneinsatz nicht schon für sich allein genommen.

[67] So auch Schindler (Fn. 35), S. 99. Ebenso Mohler (Fn. 14), N 1253 und Albertini/Armbruster/Spörri (Fn. 21), S. 226.

[68] Pressemitteilung der Schweizer Armee vom 22. Januar 2023 (Bei den Drohnen-Spezialisten).

[69] BGE 133 I 77 E. 3.2 zum Polizeireglement der Stadt St. Gallen; mit weiteren Hinweisen auf die nationale und internationale Rechtsprechung. Ebenso BGE 136 I 87 E. 8.1 zum Polizeigesetz Zürich.

[70] Jörg Paul Müller / Markus Schefer, Grundrechte der Schweiz, 4. Aufl., Bern 2008, S. 375, mit weiteren Hinweisen.

[71] BGE 133 I 77 E. 5.5 sowie BGE 136 I 87 E. 8.4.

[72] Botschaft vom 7. März 2008 zur Änderung der Militärgesetzgebung (Militärgesetz und Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme), (BBl 2008 3213), S. 3219.

[73] Botschaft vom 24. November 2021 zur Änderung des Bundesgesetzes über die militärischen Informationssysteme (BBl 2021 3046), S. 38.

[74] Botschaft Änderung Militärgesetz und Bundesgesetz über militärische Informationssysteme 2008 (Fn. 71), S. 3271.

[75] Botschaft Änderung Bundesgesetzes über militärische Informationssysteme 2021 (Fn. 72), S. 39.

[76] Botschaft zur Änderung der Militärgesetzgebung (Militärgesetz und Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme) (Fn. 71), S. 3272.

[78] Schindler (Fn. 35), S. 99. Ebenso Albertini/Armbruster/Spörri (Fn. 21), S. 232 ff.

[79] Art. 66b Abs. 2 MG für den Friedensförderungsdienst und Art. 69 Abs. 4 MG für den Assistenzdienst im Ausland.

[80] Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010). Zur Thematik siehe auch Jan Imhof, Subdelegation von Vertragsabschlusskompetenzen an Verwaltungseinheiten, LeGes 32 / 2021, S. 4 ff.

[81] Art. 66a MG für den Friedensförderungsdienst und Art. 69 Abs. 3 MG für den Assistenzdienst im Ausland.