«Rien ne va plus»?

Die Schuldfähigkeit eines glücksspielsüchtigen Täters

Gian Ege / Elinor Edem *

Die Verbreitung von Glücksspielangeboten und damit einhergehend auch die Prävalenz von Glücksspielsucht sind in den letzten Jahren zunehmend gestiegen. Betroffene Personen sind dadurch einem hohen Leidensdruck ausgesetzt und greifen zur Ermöglichung des fortgesetzten Glücksspiels immer wieder auf kriminelle Verhaltensweisen zurück. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, dass es sich dabei oftmals um eine auf die Befriedigung der Sucht abzielende «Beschaffungskriminalität» handelt. Entsprechend zur Situation bei einer stoffgebundenen Sucht kann dies zur Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit entsprechender Täter führen.

Zitiervorschlag: Gian Ege/Elinor Edem, «Rien ne va plus»?, sui generis 2021, S. 157

URL: sui-generis.ch/179

DOI: https://doi.org/10.21257/sg.179

* Dr. iur. Gian Ege, Oberassistent für Strafrecht und Strafprozessrecht, Universität Zürich (gian.ege@rwi.uzh.ch); Elinor Edem, Studentin BA Sozialwissenschaften (Soziologie und Rechtswissenschaften), Universität Zürich (elinorjosephine.edem@uzh.ch).


I. Einleitung

«Gambling is the child of avarice, the brother of iniquity, and the father of mischief.»[1]

Glücksspiel ist ein gewichtiger Bestandteil des menschlichen Zusammenlebens. Aus Funden von Würfeln aus Knochen ist bekannt, dass Menschen bereits 3000 v.Chr. dem Glücksspiel nachgingen.[2] Dabei ist man sich seit langem im Klaren, dass Glücksspiel zu problematischem Verhalten und im Extremfall zu einer Sucht führen kann.[3] Seit Mitte der 1980er-Jahre hat das kommerzielle Glücksspiel ein beispielloses Wachstum erfahren, das sich mit dem weltweit expandierenden Zugang zum Online-Glücksspiel weiter verstärkt hat. Dieses Wachstum ist mit mehreren Problemen verbunden, wozu insbesondere eine signifikante Zunahme des pathologischen Glücksspiels gehört.[4] Hinzu kommt, dass die Glücksspielsucht oftmals im Zusammenhang mit Kriminalität steht.[5]

In der Schweiz ist problematisches Spielverhalten durchaus ein ernstzunehmendes Problem. So wird die Lebensprävalenz des pathologischen Glücksspiels auf 0.6% geschätzt.[6] Ebenso ist gerichtlich anerkannt, dass Spielsucht mit schwerwiegender Kriminalität zusammenhängen kann.[7] Ausserdem ist die Verhinderung von «Beschaffungskriminalität» ein wesentlicher Bestandteil der schweizerischen Gesetzgebung im Spielbanken- und Lotteriebereich.[8] Trotzdem ist die strafrechtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang zwischen Glücksspielsucht und Kriminalität gering. Die äusserst relevante Frage, ob und inwiefern die Glücksspielsucht eines Straftäters dessen Schuldfähigkeit beeinflusst, wird in der schweizerischen juristischen Lehre und Praxis wenig beachtet. Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Beitrag der Zusammenhang zwischen Glücksspiel und Kriminalität aufgearbeitet (II.), um daraus Folgerungen für die Schuldfähigkeit eines glücksspielsüchtigen Täters abzuleiten (III.), bevor der Aufsatz mit einem Schlusswort endet (IV.).

II. Glücksspielsucht und Kriminalität

1. Allgemeines zur Glücksspielsucht

Obschon die Frage, ob die Glücksspielsucht als eigenständiges Krankheitsbild behandelt werden sollte, kontrovers diskutiert wurde und noch heute nicht endgültig geklärt ist,[9] wurde das problematische Glücksspielverhalten 1980 von der American Psychological Association (APA) erstmals offiziell als psychische Krankheit anerkannt.[10] In der dritten Ausgabe des diagnostischen und statistischen Manuals Psychischer Störungen (DSM-III), wurde die Krankheit unter der Bezeichnung pathologisches Glücksspiel in der Kategorie der Impulskontrollstörung aufgenommen. Fast 35 Jahre später wurden sowohl an der Klassifizierung als auch an der Bezeichnung Änderungen vorgenommen: Seit dem DSM-V wird von einer Glücksspielsucht[11] (gambling disorder) gesprochen, die in der Kategorie der Suchterkrankungen und verwandten Störungen eingeordnet ist.[12] Sie ist die einzige nicht-substanzbezogene Störung in dieser Kategorie.[13] Auch in der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD) wurde diesbezüglich mit der Veröffentlichung der aktuellen Version ICD-11 eine Anpassung vorgenommen. Die Glücksspielsucht wurde von den Impulskontrollstörungen zu den Störungen aufgrund von Substanzgebrauch oder Suchtverhalten (disorders due to substance use or addictive behaviours) verschoben.[14]

Die Anpassung der Klassifizierung beruht auf der wissenschaftsbasierten Erkenntnis, dass bedeutende Ähnlichkeiten zwischen Glücksspielsucht und substanzbezogenen Suchterkrankungen bestehen: Die Glücksspielsucht hat nicht nur eine ähnliche Symptomatik, sondern es bestehen auch genetische sowie physiologische Überschneidungen.[15] Letztere äussern sich beispielsweise im Erleben eines Rauschzustandes, der zu bedeutsamen Entzugserscheinungen wie Reizbarkeit, Antriebslosigkeit, Depression und vegetativen Reaktionen wie Schwitzen, Zittern und motorischer Unruhe führen kann.[16] Darüber hinaus ist eine hohe Komorbidität der Glücksspielsucht mit anderen substanzbezogenen Suchterkrankungen festzustellen.[17] Allerdings sind diese Einordnung der Glücksspielsucht und die eigenständige diagnostische Kategorie der Verhaltenssüchte insgesamt umstritten.[18] Für die forensisch-psychiatrische Beurteilung ist indessen nicht die nosologische Einordnung per se, sondern die konkrete psychopathologische Symptomatik entscheidend,[19] weshalb an dieser Stelle nicht vertieft auf diese Debatte einzugehen ist.

Das Störungsbild der Glücksspielsucht lässt sich anhand der geltenden diagnostischen Kriterien in folgende zentrale Punkte zusammenfassen: Dem Glücksspiel wird zunehmend eine höhere Bedeutung zugemessen, bis schliesslich nicht nur die Gedanken vom Glücksspiel eingenommen sind, sondern das gesamte Sozialleben davon beeinflusst bzw. beeinträchtigt wird. Trotz beträchtlicher negativer Konsequenzen (finanziell, gesundheitlich, emotional und in sozialen Beziehungen) wird das Glücksspiel weiter eskalierend betrieben, wobei Kontrollversuche immer wieder scheitern. Generell wird von einer Sucht gesprochen, sobald diese Zustände über einen Zeitraum von zwölf Monaten fortbestehen.[20]

2. Glücksspielsucht als Grund für Straftaten

Für eine strafrechtliche Einordnung der Glücksspielsucht ist entscheidend, wie diese mit kriminellem Verhalten zusammenhängt. Ausgangspunkt ist dabei die Feststellung, dass eine Vielzahl von pathologischen Glücksspielern in kriminelle Aktivitäten verwickelt sind.[21] Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich keine universellen Kausalitäten feststellen lassen und dementsprechend Fragen zum genauen Wirkungsgefüge oftmals offenbleiben.[22] Dennoch wird die Glücksspielsucht im Allgemeinen auf drei Arten mit kriminellem Verhalten in Verbindung gebracht: (1.) Von einem instrumentalen Zusammenhang wird gesprochen, wenn Straftaten aufgrund der Glücksspielsucht begangen werden. (2.) Findet sich neben der Glücksspielsucht ein vermittelnder Faktor, der zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von kriminellem Verhalten beiträgt, so handelt es sich um eine ko-symptomatische Beziehung. (3.) Schliesslich kann auch lediglich eine zufällige Verbindung bestehen, namentlich wenn die Straftat keinen Zusammenhang zur Glücksspielsucht hat, ausser dass sie von einem pathologischen Spieler begangen wurde.[23] Insbesondere bei der erstgenannten Kategorie stellt sich für die strafrechtliche Beurteilung die Frage, wie intensiv der Zusammenhang zwischen der Glücksspielsucht und dem kriminellen Verhalten tatsächlich ist. Demzufolge liegt der Fokus der weiteren Ausführungen auf dieser Kategorie.

Da es sich beim Glücksspiel um eine kostenintensive Beschäftigung handelt, bei der grosse Verluste üblich sind, wenden sich pathologische Glücksspieler oft illegalen Wegen zu, um ihre Gewohnheit zu finanzieren. Daher werden Straftaten, die von pathologischen Glücksspielern begangen werden, meist als «Beschaffungskriminalität» bezeichnet.[24] Typischerweise handelt es sich um Straftaten gegen das Vermögen wie Veruntreuung, Diebstahl, Raub oder Betrug. Allerdings kommen auch andere Delikte wie Urkundenfälschung oder Steuerhinterziehung regelmässig vor.[25] Albanese führt dazu aus, dass entsprechende Delikte von pathologischen Spielern besonders häufig begangen werden, weil sie aufgrund der vermeintlichen Ersetzbarkeit von Geld als opferlose Taten rationalisiert bzw. als nicht so schwerwiegend wahrgenommen werden. Ausserdem werden Legitimierungsstrategien angewandt, indem etwa angenommen wird, den eigenen Lebensumständen nicht auf eine andere Weise entkommen zu können.[26] Eine systematische Übersichtsarbeit über neuere Studien zur Glücksspielkriminalität hebt hervor, dass gewaltfreie Straftaten zwar überwiegen, Gewaltverbrechen aber möglicherweise häufiger vorkommen als zunächst angenommen.[27]

Zur Erklärung, wie pathologische Glücksspieler zu Kriminellen werden, werden oftmals die verschiedenen Phasen der Sucht beigezogen. Gleich wie eine stoffgebundene Sucht entwickelt sich die Glücksspielsucht typischerweise in drei Phasen: (1.) Der erste Kontakt mit dem Glücksspiel ist mit positiven Erfahrungen (insbesondere Gewinnen) verbunden. (2.) Auf diese positiven Erfahrungen folgt eine Verlustphase, wobei typischerweise versucht wird, die Verluste durch zunehmende Investitionen auszugleichen. (3.) Bleiben solche Versuche erfolglos, tritt die Verzweiflungs- bzw. Suchtphase ein. Diese ist durch Kontrollverlust, Depressionen, Angstzustände, Persönlichkeitsveränderungen, suizidales Verhalten, soziale Entfremdung und nicht zuletzt kriminelles Verhalten geprägt.[28] Demzufolge wird angenommen, dass die mit Glücksspielsucht zusammenhängende Kriminalität oftmals aus Verzweiflung entsteht: Durch die gesteigerte Häufigkeit und Intensität des Spielverhaltens nimmt gerade in der Verzweiflungsphase der finanzielle Druck zu und das Hauptinteresse reduziert sich auf die Beschaffung von Mitteln zur weiteren Ermöglichung des Glücksspiels.[29] Kombiniert mit der fehlerhaften kognitiven Überzeugung pathologischer Spieler, dass die Fortsetzung des Glücksspiels ein legitimer Weg sei, um durch das anfängliche Glücksspiel ausgelöste Probleme zu lösen, verstärkt sich der Drang, ihre Gewohnheit fortzusetzen.[30] Dies kann dazu führen, dass die Person keinen anderen Weg mehr erkennt, als illegale Handlungen zu begehen, um an die dafür notwendigen finanziellen Mittel zu kommen.[31]

Hervorzuheben ist allerdings, dass sich Straftaten, die aufgrund einer Glücksspielsucht begangen wurden, nicht allein durch finanzielle Beweggründe erklären lassen.[32] So deuten gewisse Studien darauf hin, dass die Hauptursache für die von pathologischen Spielern begangenen Straftaten in deren Persönlichkeit und sozialen Bindungen liegt und nicht aus der Glücksspielsucht alleine hervorgehen.[33] Ein gewichtiges Problem besteht mitunter darin, dass pathologische Spieler ihre Situation als ein «nicht teilbares Problem» wahrnehmen. Weil die Spielsucht oftmals mit Scham oder Angst behaftet ist, wird das soziale Umfeld selten zur Hilfe beigezogen, um nebst der eigenen finanziellen und psychologischen Belastung nicht noch weitere Probleme zu schaffen. Auch dieser Umstand motiviert spielsüchtige Personen dazu, die auf der Glücksspielsucht beruhenden Probleme mittels krimineller Aktivitäten zu lösen.[34]

Psychophysiologische Variablen deuten zudem darauf hin, dass pathologische Spieler Schwierigkeiten bei der Risikoeinschätzung haben.[35] Dies lässt sich auch durch neurowissenschaftliche Erkenntnisse stützen: Mehrere Studien zeigen auf, dass pathologische Glücksspieler Störungen von Hirnregionen aufweisen, die für das Entscheidungsvermögen verantwortlich sind.[36] Diese Beeinträchtigung korreliert positiv mit der Häufigkeit, mit der eine Person im Glücksspiel involviert ist: Je mehr eine Person Glücksspiele spielt, desto stärker ist ihr Entscheidungsvermögen beeinträchtigt. Dieses Defizit ist ausserdem mit einer «Insensibilität gegenüber zukünftigen Konsequenzen und einer Unfähigkeit, sich in die Zukunft zu projizieren»[37] verbunden und scheint durch eine höhere Sensitivität für monetäre Gewinne angetrieben zu werden.[38] Obwohl ein fehlerhaftes Entscheidungsvermögen nicht automatisch zu kriminellem Verhalten führt, unterstützen diese Befunde die Annahme, dass die Glücksspielsucht selbst als entscheidender Faktor für Beschaffungskriminalität anzusehen ist.

III. Die Schuldfähigkeit glücksspielsüchtiger Straftäter

Der enge Zusammenhang zwischen der Glücksspielsucht und einer damit einhergehenden Delinquenz führt in strafrechtlicher Hinsicht zur Frage, ob diese dazu führt, dass dem glücksspielsüchtigen Täter kein oder nur ein geringerer Vorwurf für seine Taten zu machen ist.[39] Es fragt sich mit anderen Worten, wie seine Schuld zu beurteilen ist. Ist ein Täter zum Tatzeitpunkt nicht in der Lage, das Unrecht seiner Tat einzusehen (Einsichtsfähigkeit) oder gemäss dieser Einsicht zu handeln (Steuerungsfähigkeit),[40] so liegt eine Schuldunfähigkeit nach Art. 19 Abs. 1 StGB[41] vor. Waren Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit teilweise eingeschränkt, handelt es sich um eine verminderte Schuldfähigkeit nach Art. 19 Abs. 2 StGB.

Ob für die Feststellung einer ausgeschlossenen oder eingeschränkten Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit zwingend an die Diagnose einer psychischen Störung angeknüpft werden muss, ist Gegenstand einer laufenden Diskussion.[42] Im vorliegenden Kontext ist sie jedoch bedeutungslos, da die Glücksspielsucht zweifelsohne als psychische Störung einzuordnen ist.[43] Wichtig ist dabei, dass aus dem Vorliegen einer psychischen Störung - auch wenn es sich um eine schwere Ausprägung handelt - nicht direkt der Ausschluss oder die Verminderung der Einsichts- und/oder der Steuerungsfähigkeit gefolgert werden kann.[44] Entscheidend sind immer die konkreten Auswirkungen der Störung auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Tatzeitpunkt.

1. Glücksspielsucht und Einsichtsfähigkeit

Die Einsichtsfähigkeit setzt voraus, dass der Täter die Realität der Umwelt erfassen und daraus Schlüsse auf Kausalbeziehungen ableiten kann. Es muss dem Täter möglich sein, die tatsächlichen Auswirkungen seines Verhaltens zu erkennen.[45] Entsprechend ist ihm die wesentliche Bedeutung seines Handelns bewusst.[46] Dazu muss der Täter auch eine gewisse Einsicht in soziale Normen haben, damit es ihm überhaupt möglich ist, zumindest in rudimentärster Weise rechtliche Auswirkungen seines Tuns abschätzen zu können.[47] Unerheblich ist, ob der Täter die ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zum Tatzeitpunkt tatsächlich genutzt hat oder nicht. Es geht lediglich darum, dass er generell im Besitz der fraglichen Fähigkeiten war und diese hätte einsetzen können.[48]

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die intellektuellen Funktionen sowie die Realitäts­wahrnehmung und damit die Fähigkeit, das Unrecht einer Handlung zu erkennen, durch eine Glücksspielsucht nicht beeinträchtigt werden.[49] Eine Ausnahme kann allerdings bestehen, wenn die Glücksspielsucht zu neurologischen Beeinträchtigungen geführt hat. So haben neurowissenschaftliche Studien ergeben, dass bei pathologischen Spielern vermehrt kognitive Defizite festzustellen sind.[50] Bedeutsam ist dabei insbesondere die Möglichkeit einer «verhältnismässig reduzierten Aktivierung des präfrontalen Kortex».[51] Da der präfrontale Kortex u.a. für moralische Urteile verantwortlich ist,[52] können entsprechende Störungen zur Reduktion oder im Extremfall zum Ausschluss der Einsichtsfähigkeit führen.[53] Darüber hinaus konnte mehrfach nachgewiesen werden, dass pathologische Glücksspieler vermehrt kognitive Verzerrungen aufweisen.[54] Dabei ist eine positive Korrelation zwischen dem Schweregrad der Glücksspielsucht und der Beeinträchtigung der Entscheidungsfindung festzustellen.[55] Derartige Verzerrungen können dazu führen, dass die allgemeine Wahrnehmung der Umwelt nur noch lose mit der Realität übereinstimmt.[56] Auch in dieser Hinsicht könnten sich in Ausnahmefällen Einschränkungen der Einsichtsfähigkeit ergeben.

2. Glücksspielsucht und Steuerungsfähigkeit

Unter dem Begriff Steuerungsfähigkeit wird verlangt, dass ein Täter in der Lage ist, sein eigenes Verhalten einsichtsgemäss zu steuern, das heisst, sich selber zu kontrollieren.[57] Gefordert wird die Fähigkeit, das Verhalten zum Tatzeitpunkt willentlich nach der Einsicht in die Folgen des Tuns auszurichten.[58] Um dies zu beurteilen, sind zum einen die Stärke der Willenskraft und zum anderen die Intensivität von erlebten Triebstrebungen sowie der Ablauf anderer unbewusster Prozesse massgebend.[59] Nicht gefordert ist, dass der Täter sein Verhalten während der Tat bewusst reflektiert.[60] In der Praxis ist die Steuerungsfähigkeit von grösserer Bedeutung als die Einsichtsfähigkeit, was damit zusammenhängt, dass sozialabweichendes Verhalten nicht sehr oft mit mangelnder Selbsterkenntnis zu tun hat; viel eher sind Schwierigkeiten in der eigenen Handlungskontrolle - bspw. indem Bedürfnisse nicht zurückgestellt werden, bis sie auf legale Weise befriedigt werden können - typische Ursachen von deliktischem Verhalten.[61]

Das beschriebene Krankheitsbild der Glücksspielsucht und dessen Zusammenhang mit strafbarem Verhalten legt nahe, dass es sich mehrheitlich um klassische Beschaffungskriminalität handelt.[62] Dabei ist vielfach auch die Handlungskontrolle des glücksspielsüchtigen Täters beeinträchtigt,[63] wobei drei Auswirkungen der Glücksspielsucht im Vordergrund stehen:

Zunächst ist eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit denkbar, wenn die Sucht zu einer schwerwiegenden Persönlichkeitsveränderung führte.[64] Bei einer Glücksspielsucht sind solche Veränderungen insbesondere zu berücksichtigen, wenn der betroffenen Person Strategien zur Lösung von Problemen fehlen und das Spielverhalten ein Symptom für einen unlösbaren Konflikt darstellt.[65] In der Folge kann es zu einem moralischen und sittlichen Verfall der Persönlichkeit kommen, der sich auf die Steuerungsfähigkeit auswirkt.[66] Auch bei einer durch die Sucht hervorgerufenen psychischen Funktionsbeeinträchtigung ist eine verminderte Steuerungsfähigkeit möglich.[67]

Daneben können schwere Entzugserscheinungen (sog. Craving) zum Tatzeitpunkt zur Einschränkung der Steuerungsfähigkeit führen.[68] Bei einer nicht stoffgebundenen Suchterkrankung, namentlich der Glücksspielsucht, ist das Craving dabei ausschliesslich emotional-motivationaler Natur. Die Person erlebt ein «übermässiges, rational nicht kontrollierbares Verlangen nach dem Konsum des Suchtmittels».[69] Ein solches Verlangen kann bei pathologischen Glücksspielern sowohl subjektiv als auch objektiv nachgewiesen werden[70] und hat regelmässig stark handlungsmotivierende Auswirkungen.[71] Zur Beurteilung, ob das Suchtverlangen zu einer Einschränkung der Steuerungsfähigkeit führte, ist das Ausmass des Cravings entscheidend. Je stärker die Entscheidungsfähigkeit des Täters eingeschränkt war, desto eher ist von einer verminderten Steuerungsfähigkeit auszugehen.[72] Das Ausmass des Suchtverlangens lässt sich dabei am ehesten aus den Beschreibungen des Denkens, Erlebens und Verhaltens des Täters im Vorfeld der Tat und zum Tatzeitpunkt ableiten.[73] Zur Beurteilung ist damit auch auf das Verhalten des Täters bzw. den Tatvorgang abzustellen. So spricht ein spontaner Tatentschluss und ein mit erheblichem Entdeckungsrisiko einhergehender Tatvorgang für einen durch die Glücksspielsucht hervorgerufenen erheblichen Motivationsdruck und damit für eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit.[74]

Schliesslich kann die bei einer Glücksspielsucht häufig vorhandene Impulsivität[75] zu einer Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit führen. Als Impulsivität gilt dabei die Tendenz, «unüberlegt zu handeln, während man sich in einer Stresssituation befindet, […] neuartige und aufregende Erfahrungen zu suchen, […] zu handeln, ohne vorauszudenken [und] die Unfähigkeit, sich auf eine Aufgabe konzentrieren, wenn man abgelenkt wird».[76] Bei der Glücksspielsucht gilt die Impulsivität zunächst als Faktor, der eine Person anfällig für die Entwicklung der Sucht macht.[77] Daneben können die möglichen neurologischen Veränderungen bei pathologischen Spielern zu «unkontrolliertem Verhalten und Spieltrieb sowie zu Störungen der Feedbackverarbeitung»[78] führen. Gerade die bei glücksspielsüchtigen Personen häufig geringere Aktivität des präfrontalen Kortex[79] gilt als ursächlich für impulsives kriminelles Verhalten.[80] Eine hohe Impulsivität wird auch mit einer schnelleren Hinwendung zur Kriminalität und einer erhöhten Akzeptanz von fehlerhaften Vorstellungen (bspw. dass auf eine Verlustphase eine Gewinnphase folgen muss) in Verbindung gebracht.[81] Insgesamt kann damit die mit einer Glücksspielsucht einhergehende mangelnde Impulskontrolle zu einer Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit führen.[82] Zur Beurteilung ist erneut zusätzlich auf das Verhalten des Täters abzustellen. Geht der Täter bei der Deliktsausübung planmässig und der jeweiligen Situation angepasst vor, so spricht dies gegen eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit.[83] Da in der Forensik zwischen der motivationalen Steuerungsfähigkeit (Abwägung über Kosten, Nutzen und Realisierbarkeit der Tat) und der exekutiven Steuerungsfähigkeit (Vorbereitung und sorgfältige Durchführung der Tat) unterschieden wird,[84] kann die Steuerungsfähigkeit allerdings auch bei einem planmässigen Vorgehen eingeschränkt sein.

In diesem Zusammenhang ist ausserdem zu beachten, dass die Glücksspielsucht zwar heute nicht mehr als Impulskontrollstörung gilt, solche Störungen aber häufig komorbid mit einer Glücksspielsucht auftreten.[85] Dementsprechend sollte bei der Beurteilung eines glücksspielsüchtigen Straftäters immer auch die Möglichkeit einer Impulskontrollstörung in Betracht gezogen werden.[86]

3. Zwischenfazit

Nach dem Ausgeführten ist festzuhalten, dass eine Spielsucht durchaus die Steuerungsfähigkeit eines Straftäters beeinträchtigen und damit zu einer verminderten Schuldfähigkeit führen kann. Dabei ist zunächst vorausgesetzt, dass es sich tatsächlich um eine Spielsucht - und nicht bloss um ein noch nicht krankhaftes übermässiges Spielen - handelt und diese einen erheblichen Zusammenhang mit den begangenen Straftaten aufweist.[87] Doch selbst wenn dies der Fall ist, besteht «keine automatische Veränderung der Beurteilung von Einsichts- und Steuerungsfähigkeit»[88]. Nur wenn es sich um eigentliche «Beschaffungskriminalität»[89], also um Delikte eines glücksspielsüchtigen Täters handelt, die begangen werden, um dem Glücksspiel weiter nachgehen zu können, dürfte sich die Sucht zumindest in einem gewissen Grad auf die Schuldfähigkeit des Täters auswirken.[90] Selbstredend gilt dies nur, wenn die Spielsucht zum Tatzeitpunkt bestand[91] und sich entscheidend auf die Lebensführung der betroffenen Person auswirkte.[92] Um dies zu beurteilen, fehlt dem Gericht die nötige Sachkompetenz, weshalb es dafür auf eine sachverständige Begutachtung zurückzugreifen hat. Im Rahmen dieser Begutachtung kommt wiederum der Quantifizierung der Auswirkungen der Glücksspielsucht auf die Einsichts- bzw. die Steuerungsfähigkeit entscheidende Bedeutung zu.[93]

Insoweit ist die durch Glücksspielsucht bedingte Strafbarkeit nicht anders als Beschaffungskriminalität von drogensüchtigen Personen zu behandeln. In diesem Zusammenhang ist durchwegs anerkannt, dass dies zu einer verminderten Schuldfähigkeit entsprechender Täter führen kann.[94]

IV. Schlusswort

Die Glücksspielsucht ist sowohl vom Störungsbild als auch von den persönlichen Auswirkungen her mit einer stoffgebundenen Sucht (z.B. einer Drogen- oder Alkoholsucht) vergleichbar. Dementsprechend wird sie nunmehr auch in den wichtigsten Klassifikationsinstrumenten für psychische Krankheiten als Suchterkrankung erfasst. Ebenso zeigt sich ein ähnlicher Zusammenhang mit kriminellem Verhalten: Immer wieder greifen spielsüchtige Personen auf illegale Mittel zurück, um sich das weitere Spielen zu ermöglichen. Es handelt sich somit also mehrheitlich um klassische Beschaffungskriminalität. Dabei können durch die Spielsucht verursachte Persönlichkeitsveränderungen, schwere Entzugserscheinungen sowie Impulsivität zu einer Einschränkung der Steuerungsfähigkeit und damit zu einer verminderten Schuldfähigkeit nach Art. 19 Abs. 2 StGB führen. Dieser Umstand bedeutet gleichzeitig, dass bei Hinweisen auf eine für die Begehung einer Straftat relevanten Glücksspielsucht eine Begutachtungspflicht nach Art. 20 StGB besteht.[95]

Führt eine Glücksspielsucht zur verminderten Schuldfähigkeit des Täters, so hat sich dies letztlich strafmildernd bzw. insbesondere strafmindernd auszuwirken.[96] Eine entsprechende Wirkung auf die Strafe kann aber bereits vorliegen, wenn die Auswirkungen der Spielsucht nicht so intensiv sind, dass sie eine eigentliche verminderte Schuldfähigkeit zur Folge haben. Die durch die Spielsucht hervorgerufene Erschwerung der Handlungskontrolle ist bei der konkreten Strafzumessung nach Art. 47 StGB zumindest in geringem Ausmass strafmindernd zu berücksichtigen.[97]

Im Rahmen der Sanktionierung ist schliesslich anzumerken, dass die mit einer Glücksspielsucht einhergehenden Rückfallgefahr dazu führen kann, dass - sofern alle entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind[98] - gegenüber dem Täter eine Massnahme nach Art. 60 StGB angeordnet werden kann. So wurde der Wortlaut dieser Bestimmung explizit auf Abhängigkeiten «in anderer Weise», wozu auch die Spielsucht zählt, erweitert.[99] Diese Erweiterung - und insbesondere die damit einhergehende Anwendung von Art. 60 StGB auf spielsüchtige Täter - wird zuweilen kritisiert und es wird die Anwendung einer Massnahme nach Art. 59 StGB als passender erachtet.[100] Im Einklang mit der eingangs beschriebenen Neuklassifikation der Spielsucht als eigentliche Suchterkrankung erscheint es indessen richtig, die Spielsucht als Abhängigkeit i.S.v. Art. 60 StGB zu behandeln und gegebenenfalls eine entsprechende Massnahme anzuordnen. Entscheidend - und für den Therapieerfolg unumgänglich - ist zu gewährleisten, dass geeignete Einrichtungen bestehen und sinnvolle Therapiekonzepte angewendet werden.[101] Eine ambulante Therapie im ordentlichen Strafvollzug scheint dabei nicht die gewünschten Therapieerfolge zu ermöglichen, da Glücksspiel als Freizeitbeschäftigung in Strafvollzugsanstalten weit verbreitet ist.[102]

Insgesamt erscheint es angebracht, dass die aktuellen medizinischen, psychologischen bzw. neurologischen Erkenntnisse über die Spielsucht - und damit deren Behandlung als Suchterkrankung - auch im Strafrecht berücksichtigt werden.[103] Dass die Praxis davon noch ein gewichtiges Stück entfernt ist, zeigt sich exemplarisch am Vergleich mit der Beschaffungskriminalität von drogensüchtigen Personen. Bei dieser gehört eine gesonderte Prüfung der Beschaffungskriminalität - und den dabei einhergehenden möglichen Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit des Täters - quasi zum «Standardprogramm».[104] Bei spielsüchtigen Tätern werden entsprechende Vorbringen demgegenüber zumeist abgelehnt.[105] Nur wenn die Praxis in Zukunft auf eine unterschiedliche Behandlung von Spielsucht und Drogensucht verzichtet und sich bei der Beschaffungskriminalität von spielsüchtigen Tätern ausführlich mit den Auswirkungen der Sucht auf Steuerungs- und allenfalls Einsichtsfähigkeit beschäftigt,[106] kann gewährleistet werden, dass spielsüchtige Täter sachgerecht be- bzw. verurteilt werden und ihre Sanktionierung nicht zur Lotterie wird.



[1] George Washington, zit. nach Frank Padavan, All Gambling All The Time, A Legislative Report, New York 2004.

[2] Ausführlich zur Geschichte des Glücksspiels David G. Schwartz, Roll The Bones: The History of Gambling, New York 2006, S. 1 ff.

[3] Vgl. Peter Ferentzy / Nigel E. Turner, Morals, medicine, metaphors, and the history of the disease model of problem gambling, Journal of Gambling Issues 2012, S. 4.

[4] Max Abbott, The epidemiology and impact of gambling disorder and other gambling-related harm: Discussion paper for the 2017 WHO Forum on Alcohol, Drugs and Addictive Behaviours, Genf 2017, S. 1 f.

[5] Dazu ausführlich II.2.

[6] Michelle Dey / Severin Haug, Glücksspiel: Verhalten und Problematik in der Schweiz im Jahr 2017 - Schlussbericht, Zürich 2019, S. 25.

[7] BGE 146 IV 136 E. 2.5, gemäss dem die Spielsucht ein Faktor ist, der im Rahmen der Prüfung der Untersuchungshaft dafür sprechen kann, dass eine Person ein schweres Vermögensdelikt begehen könnte.

[8] Vgl. Botschaft zur Volksinitiative «Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls» (BBl 2010 7961), S. 7995; BGE 141 II 262 E. 5.2.3.

[9] Vgl. dazu z.B. Klaus Foerster / Stephan Bork, Spielen, Stehlen, Feuerlegen: abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle nach ICD-10, in: Venzlaff et al. (Hrsg.), Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl., München 2015, S. 332; Jürgen Leo Müller / Norbert Nedopil, Forensische Psychiatrie, 5. Aufl., Stuttgart 2017, S. 238; Lucia Schmidt, Glücksspielsucht: Aufkommen der Problemdefinition und anhaltende Kontroversen, Soziale Probleme 2012, S. 40 ff., jeweils m.w.H.

[10] Vgl. dazu Lucia Schmidt, Psychische Krankheit als soziales Problem, Die Konstruktion des «Pathologischen Glücksspiels», Opladen 1999, S. 59 ff. m.w.H.

[11] Es werden teilweise auch andere Begrifflichkeiten verwendet; so wird auch von einer glücksspielbezogenen Störung, pathologischem Glücksspiel oder Glücksspielstörung gesprochen.

[12] Klassifizierungsnummer F63.0.

[13] Abbott (Fn. 4), S. 3; Ulrike Albrecht-Sonnenschein / Klaus Wölfling / Sabine Grüsser-Sinopoli, Glücksspielsucht: Diagnostische und klinische Aspekte, in: Gebhardt/Korte (Hrsg.), Glücksspiel. Ökonomie, Recht, Sucht, 2. Aufl., Berlin 2018, S. 835; Ursula Schneider, Glücksspielsucht in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 2016, S. 165.

[14] Klassifizierungsnummer 6C50; siehe World Health Organisation (WHO), ICD-11 Classification of Mental and Behavioural Disorders, 2019.

[15] Albrecht-Sonnenschein/Wölfling/Grüsser-Sinopoli (Fn. 13), S. 839 ff.; Donald W. Black / Jon E. Grant, DSM-5 Guidebook: The Essential Companion to the Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5. Aufl., Washington DC 2014, S. 356; Stephan Bork / Klaus Foerster, Psychiatrische Begutachtung bei problematischem Spielverhalten, Sucht 2004, S. 370; Susanne Bründl / Johannes Fuss, Impulskontrollstörungen in der ICD-11, Forens Psychiatr Psychol Kriminol 2021, S. 24; Jim Orford, An Unsafe Bet? The Dangerous Rise of Gambling and the Debate We Should be Having, Chichester 2011, S. 102; Christine Reilly / Nathan Smith, The Evolving Definition of Pathological Gambling in the DSM-5, revision 12/2014, Washington DC 2014, S. 3; Nina Romanczuk-Seiferth / Chantal Mörsen / Andreas Heinz, Pathologisches Glücksspiel und Delinquenz, Forens Psychiatr Psychol Kriminol 2016, S. 156 f.; Schneider (Fn. 13), S. 164, 166.

[16] Schneider (Fn. 13), S. 166.

[17] Albrecht-Sonnenschein/Wölfling/Grüsser-Sinopoli (Fn. 13), S. 839 ff.; Black/Grant (Fn. 15), S. 356; Reilly/Smith (Fn. 15), S. 3; Bork/Foerster (Fn. 15), S. 370; Orford (Fn. 15), S. 102; Schneider (Fn. 13), S. 164, 166.

[18] Vgl. z.B. Jobst Böning / Gerhard Meyer / Tobias Hayer, Glücksspielsucht, Nervenarzt 2013, S. 563 ff.; Bründl/Fuss (Fn. 15), S. 23 f.; Timothy W. Fong / Rory C. Reid / Iman Parhami, Behavioral Addictions, Where to Draw the Lines?, Psychiatric Clinics of North America 2012, S. 279 ff.; Sabine M. Grüsser et al., Verhaltenssucht, Eine eigenständige diagnostische Einheit?, Nervenarzt 2007, S. 997 ff.; Karl Mann / Mira Fauth-Bühler / Nina Seiferth / Andreas Heinz, Konzept der Verhaltenssüchte und Grenzen des Suchtbegriffs, Nervenarzt 2013, S. 548 ff.; Trevor W. Robbins / Luke Clark, Behavioral addictions, Current Opinion in Neurobiology 2015, S. 66 ff.; Hans-Jürgen Rumpf / Dominique Brandt, Verhaltenssüchte in der ICD-11, Suchttherapie 2020, S. 140 ff.; Schmidt (Fn. 9), S. 49 ff.; Rudolf Stark / Astrid Müller, Verhaltenssüchte, Psychotherapeut 2021, S. 91 ff.

[19] Foerster/Bork (Fn. 9), S. 333.

[20] Vgl. z.B. die Definition nach ICD-11 (6C50).

[21] Per Binde, Gambling-Related Employee Embezzlement: A Study of Swedish Newspaper Reports, Journal of Gambling Issues 2016, S. 14; Jorge Oscar Folinoa / Patricia Estela Abait, Pathological gambling and criminality, Current Opinion in Psychiatry 2009, S. 477; Roser Granero et al., Subtypes of Pathological Gambling with Concurrent Illegal Behaviors, Journal of Gambling Studies 2015, S. 1163; David M. Ledgerwood et al., Clinical Features and Treatment Prognosis of Pathological Gamblers With and Without Recent Gambling Related Illegal Behavior, The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law 2007, S. 295; Gerhard Meyer, Individuelle und soziale Folgen, in: Meyer/Bachmann (Hrsg.), Spielsucht. Ursachen, Therapie und Prävention von glücksspielbezogenem Suchtverhalten, 4. Aufl., Berlin, Heidelberg 2017, S. 175 f.; Romanczuk-Seiferth/Mörsen/Heinz (Fn. 15), S. 158 ff.; kritisch allerdings Foerster/Bork (Fn. 9), S. 334.

[22] Leslie Davis, My Gambling Made Me Do It: Compulsive Gambling as a Criminal Excuse, Gaming Law Review 2005, S. 240; siehe auch Müller/Nedopil (Fn. 9), S. 237; Christopher R. Dennison / Jessica G. Finkeldey / Gregory C. Rocheleau, Confounding Bias in the Relationship Between Problem Gambling and Crime, Journal of Gambling Studies 2020.

[23] Ashley Adolphe et al., Crime and Gambling Disorders: A Systematic Review, Journal of Gambling Studies 2019, S. 396; Corinne May-Chahal et al., Gambling Harm and Crime Careers, Journal of Gambling Studies 2017, S. 66; vgl. auch Foerster/Bork (Fn. 9), S. 334.

[24] Adolphe et al. (Fn. 23), S. 396; May-Chahal et al. (Fn. 23), S. 66; Gerhard Meyer, Beurteilung der Schuldfähigkeit bei Glücksspielsucht: Craving als Kriterium einer Einschränkung der Steuerungsfähigkeit, Sucht 2019, S. 208; Schneider (Fn. 13), S. 167.

[25] Adolphe et al. (Fn. 23), S. 397; Alex Blaszczynski / Derrick Silove, Pathological Gambling: Forensic Issues, Australian and New Zealand Journal of Psychiatry 1996, S. 360; Austin W. Blum / Jon E. Grant, Behavioral Addictions and Criminal Responsibility, The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law 2017, S. 466; Folinoa/Abait (Fn. 21), S. 479; Hans-Ludwig Kröber, Störungen der Selbstkontrolle aus forensischer Sicht, Aufhebung der Verantwortung für das eigene Tun?, Psychotherapie im Dialog 2017, S. 84; David T. Kryszajtys / Flora I. Matheson, Problem Gambling and Crime and its Costs, Guelph 2017, S. 1; Gemma Mestre-Bach et al., Gambling and Impulsivity Traits: A Recipe for Criminal Behavior?, Frontiers in Psychiatry 2018, S. 2.

[26] Jay S. Albanese, White Collar Crimes and Casino Gambling: Looking for Empirical Links to Forgery, Embezzlement and Fraud, Crime, Law and Social Change 2008, S. 343 f.

[27] Adolphe et al. (Fn. 23), S. 410; vgl. auch Folinoa/Abait (Fn. 21), S. 478 f.

[28] Albrecht-Sonnenschein/Wölfling/Grüsser-Sinopoli (Fn. 13), S. 843 f.; Blaszczynski/Silove (Fn. 25), S. 359; Hans-Ludwig Kröber, Pathologisches Glücksspielen: Persönlichkeitsmerkmale und forensische Aspekte, Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 2009, S. 94; Gerhard Meyer, Glücksspielbezogene Störung, Spielsucht, in: Meyer/Bachmann (Hrsg.), Spielsucht. Ursachen, Therapie und Prävention von glücksspielbezogenem Suchtverhalten, 4. Aufl., Berlin 2017, S. 45 ff.; vgl. auch Blum/Grant (Fn. 25), S. 466; Matthias Brand, Verhaltenssüchte: theoretische Modelle, Psychotherapeut 2021, S. 85.

[29] Blaszczynski/Silove (Fn. 25), S. 360; Kryszajtys/Matheson (Fn. 25), S. 1; Henry R. Lesieur, The Chase: Career of the Compulsive Gambler, Garden City 1977, S. xvii ff., 12; Mestre-Bach et al. (Fn. 25), S. 2; Meyer, Individuelle und soziale Folgen (Fn. 21), S. 176.

[30] Lesieur (Fn. 29), S. xvii ff., 12; vgl. auch Blum/Grant (Fn. 25), S. 466.

[31] Adolphe et al. (Fn. 23), S. 396, 410; Blaszczynski/Silove (Fn. 25), S. 360; Kryszajtys/Matheson (Fn. 25), S. 1; Lesieur (Fn. 29), S. xvii ff., 12; Mestre-Bach et al. (Fn. 25), S. 2; Meyer, Individuelle und soziale Folgen (Fn. 21), S. 175 ff.

[32] Adolphe et al. (Fn. 23), S. 410.

[33] Davis (Fn. 22), S. 242.

[34] Albanese (Fn. 26), S. 343.

[35] Anna E. Goudriaan et al., Psychophysiological determinants and concominants of deficient decision making in pathological gamblers, Drug and Alcohol Dependence 2006, S. 237.

[36] Siehe bspw. Matthias Brand et al., Decision-making impairments in patients with pathological gambling, Psychiatry Research 2005, S. 96 f.; Paolo Cavedini et al., Frontal Lobe Dysfunction in Pathological Gambling Patients, Biological Psychiatry 2005, S. 334 ff.; Jon Edgar Grant et al., Selective decision-making deficits in at-risk gamblers, Psychiatry Research 2011, S. 118 f.; Marc N. Potenza et al., An fMRI Stroop Task Study of Ventromedial Prefrontal Cortical Function in Pathological Gamblers, The American Journal of Psychiatry 2003, S. 1992 f.

[37] Maria Ciccarelli et al., Decision making, cognitive distortions and emotional distress: A comparison between pathological gamblers and healthy controls, Journal of Behavior Therapy and Experimental Psychiatry 2017, S. 207 f.

[38] Damien Brevers et al., Cognitive processes underlying impaired decision-making under uncertainty in gambling disorder, Addictive Behaviors 2014, S. 1535; siehe auch Albanese (Fn. 26), S. 343.

[39] Vgl. andeutungsweise Urteil des Obergerichts Zürich SB180459 vom 4. Februar 2019 E. I.3.6.

[40] Da sich Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht immer sauber trennen lassen, wird teilweise insbesondere aus forensischer Sicht vorgebracht, dass die beiden Elemente nicht getrennt betrachtet werden sollten, sondern stattdessen von Einsichtssteuerung zu sprechen wäre; vgl. Marc Thommen / Elmar Habermeyer / Marc Graf, Tatenlose Massnahmen?, sui generis 2020, S. 329 ff., Rz. 10 ff. m.w.H.

[41] Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0).

[42] Vgl. dazu statt vieler Felix Bommer / Volker Dittmann, in: Niggli/Wiprächtiger (Hrsg.), Strafrecht, Basler Kommentar, 4. Aufl., Basel 2019, Art. 19 N 5 ff. m.w.H., die gemischte Methode befürwortend (zit. BSK StGB-BearbeiterIn); Gian Ege, Der Affekt im schweizerischen Strafrecht, Zürich 2017, S. 110 ff. m.w.H., die gemischte Methode ablehnend.

[43] Vgl. vorne II.1.

[44] Daniel Schmid, Krank oder böse? Die Schuldfähigkeit und die Sanktionenindikation dissozial persönlichkeitsgestörter Straftäter und delinquenter «Psychopaths» sowie die Zusammenarbeit von Jurisprudenz und Psychiatrie bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit, Basel 2009, S. 196; Stefan Trechsel / Peter Noll / Mark Pieth, Schweizerisches Strafrecht Allgemeiner Teil I, 7. Aufl., Zürich 2017, S. 198.

[45] Philipp Maier / Arnulf Möller, Das gerichtspsychiatrische Gutachten gemäss Art. 13 StGB, Zürich 1999, S. 61; Schmid (Fn. 44), S. 147.

[46] Schmid (Fn. 44), S. 196; Trechsel/Noll/Pieth (Fn. 44), S. 147.

[47] Maier/Möller (Fn. 45), S. 61; Schmid (Fn. 44), S. 196; Trechsel/Noll/Pieth (Fn. 44), S. 147.

[48] BSK StGB-Bommer/Dittmann, Art. 19 N 37; Schmid (Fn. 44), S. 197.

[49] So die Einschätzungen im deutschen Schrifttum Meyer, Beurteilung (Fn. 24), S. 209; Meyer, Individuelle und soziale Folgen (Fn. 21), S. 181 f., jeweils m.w.H. und apodiktisch auch die Auffassung des Bundesgerichtshofs, Beschluss des Bundesgerichtshofs 3 StR 351/14 vom 30. September 2014: «für eine Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit ist angesichts des Krankheitsbildes ohnehin kein Raum».

[50] S. Brand et al. (Fn. 36), S. 96 f.; Cavedini et al. (Fn. 36); Ciccarelli et al. (Fn. 37), S. 207 f.; Grant et al. (Fn. 36), S. 118 f.; Potenza et al. (Fn. 36), S. 1992 f.

[51] Marc N. Potenza, Neurobiology of Gambling Behaviors, Current Opinion in Neurobiology 2013, S. 662.

[52] Anthony Walsh, Biology and Criminology: The Biosocial Synthesis, Abingdon-on-Thames 2009, S. 109.

[53] Frank Schneider / Helmut Frister / Dirk Olzen, Begutachtung psychischer Störungen, 3. Aufl., Berlin 2015, S. 144.

[54] Ciccarelli et al. (Fn. 37), S. 207 f.; siehe bspw. auch Marina Cosenza et al., Youth at Stake: Alexithymia, Cognitive Distortions, and Problem Gambling in Late Adolescents, Cognitive Computation 2014, S. 652 ff.; Adam S. Goodie / Erica E. Fortune, Measuring Cognitive Distortions in Pathological Gambling: Review and Meta-Analyses, Psychology of Addictive Behaviors 2013, S. 730 ff.; Robyn N. Taylor et al., Gambling Related Cognitive Distortions in Adolescence: Relationships with Gambling Problems in Typically Developing and Special Needs Students, Journal of Gambling Studies 2015, S. 1417 ff.

[55] Ciccarelli et al. (Fn. 37), S. 207 f.

[56] Ciccarelli et al. (Fn. 37), S. 207 f.; vgl. auch Meyer, Beurteilung (Fn. 24), S. 209 ff.

[57] Maier/Möller (Fn. 45), S. 61; Trechsel/Noll/Pieth (Fn. 44), S. 147.

[58] Schmid (Fn. 44), S. 198; vgl. auch Julian Mausbach / Peter Straub, in: Graf (Hrsg.), StGB, Annotierter Kommentar, Bern 2020, Art. 198 (zit. AK StGB-BearbeiterIn).

[59] Ronald Furger, Aufgaben, Möglichkeiten und Grenzen der Psychiatrie im Strafverfahren, AJP 1992, S. 1122.

[60] Schmid (Fn. 44), S. 198.

[61] Schmid (Fn. 44), S. 197 f.; Trechsel/Noll/Pieth (Fn. 44), S. 147.

[62] Vgl. vorne II.2.

[63] Vgl. Urteil des Obergerichts Zürich SB140467 vom 27. März 2015 E. IV.6 bezüglich eines drogensüchtigen Täters; vgl. auch Meyer, Individuelle und soziale Folgen (Fn. 21), S. 181 aus forensisch-psychiatrischer Sicht.

[64] So die Rechtsprechung in Deutschland, vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs 3 StR 351/14 vom 30. September 2014; Urteil des Bundesgerichtshofs 5 StR 377/13 vom 7. November 2013 E. 2a; Beschluss des Bundesgerichtshofs 3 StR 209/13 vom 17. September 2013; Urteil des Bundesgerichtshofs 5 StR 597/12 vom 6. März 2013 E. 3a; Beschluss des Bundesgerichtshofs 2 StR 297/12 vom 9. Oktober 2012; ebenso aus forensisch-psychiatrischer Sicht Foerster/Bork (Fn. 9), S. 334 f.; Kröber, Störungen (Fn. 25), S. 86; Kröber, Pathologisches Glücksspielen (Fn. 28), S. 96; Hans-Ludwig Schreiber / Henning Rosenau, Rechtliche Grundlagen der psychiatrischen Begutachtung, in: Venzlaff et al. (Hrsg.), Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl., München 2015, S. 104; vgl. auch Gustav Hug-Beeli, in: Hug-Beeli (Hrsg.), Betäubungsmittelgesetz (BetmG), Kommentar zum Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe vom 3. Oktober 1951, Basel 2016, Art. 26 N 30 (zit. BetmG Kommentar-BearbeiterIn) für stoffgebundene Suchtkrankheiten.

[65] Bork/Foerster (Fn. 15), S. 371; Meyer, Beurteilung (Fn. 24), S. 209; Schneider (Fn. 13), S. 167.

[66] Meyer, Beurteilung (Fn. 24), S. 210 ff.; vgl. auch Urteil des Obergerichts Zürich SB190519 vom 19. Mai 2020 E. 3.2.2 im Hinblick auf einen drogensüchtigen Straftäter.

[67] Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt SB.2014.1 vom 5. Mai 2015 E. 5.5.1.

[68] Urteil des Bundesgerichts 6B_771/2020 vom 9. Februar 2021 E. 1.2.2; so die Rechtsprechung in Deutschland, siehe Urteil des Bundesgerichtshofs 5 StR 377/13 vom 7. November 2013 E. 2a; Urteil des Bundesgerichtshofs 5 StR 597/12 vom 6. März 2013 E. 3a; ausführlich dazu aus forensischer Sicht Meyer, Beurteilung (Fn. 24), S. 213 f.; siehe auch M.A. Gorsane et al., Jeu d'argent problématique et responsabilité pénale, L'Encéphale 2021, S. 46; vgl. auch BetmG Kommentar-Hug-Beeli, Art. 26 N 30 für stoffgebundene Süchte.

[69] Meyer, Beurteilung (Fn. 24), S. 212; vgl. zum starken Craving bei Spielsucht auch David P. Fernandez / Daria J. Kuss / Mark D. Griffiths, Short-term abstinence effects across potential behavioral addictions: A systematic review, Clinical Psychology Review 2020.

[70] Brand et al. (Fn. 36), S. 97; Kröber, Pathologisches Glücksspielen (Fn. 28), S. 95; Meyer, Beurteilung (Fn. 24), S. 212 ff.

[71] Meyer, Individuelle und soziale Folgen (Fn. 21), S. 183; vgl. auch Gorsane et al. (Fn. 68), S. 46.

[72] Vgl. auch Meyer, Beurteilung (Fn. 24), S. 212.

[73] Meyer, Beurteilung (Fn. 24), S. 212 ff.; vgl. auch Meyer, Individuelle und soziale Folgen (Fn. 21), S. 182; s. ähnlich BSK StGB-Bommer/Dittmann, Art. 19 N 65.

[74] Urteil des Bundesgerichts 6B_771/2020 vom 9. Februar 2021 E. 1.2; ebenso die deutsche Rechtsprechung, siehe Urteil des Bundesgerichtshofs 5 StR 597/12 vom 6. März 2013 E. 3a.

[75] Der enge Konnex zeigt sich schon darin, dass die Glücksspielsucht früher bei den Impulskontrollstörungen eingeordnet war; vgl. bspw. auch Folinoa/Abait (Fn. 21), S. 478 f.; Jon E. Grant / Brian L. Odlaug / Samuel R. Chamberlain, Progress in Neuro-Psychopharmacology and Biological Psychiatry 2016, S. 188 ff.; David C. Hodgins / Alice Holub, Components of Impulsivity in Gambling Disorder, International Journal of Mental Health and Addiction 2015, S. 699 ff.; Isabel López-Torres / Leticia León-Quismondo / Angela Ibáñez, Impulsivity, Lack of Premeditation, and Debts in Online Gambling Disorder, Front. Psychiatry 2021; Mestre-Bach et al. (Fn. 25), S. 2 ff.; Lamprini G. Savvidou et al., Is gambling disorder associated with impulsivity traits measured by the UPPS-P and is this association moderated by sex and age?, Comprehensive Psychiatry 2017, S. 107 ff.

[76] Orford (Fn. 15), S. 104.

[77] Anna E. Goudriaan / Murat Yücel / Ruth J. van Holst, Getting a grip on problem gambling: What can neuroscience tell us?, Frontiers in Behavioral Neuroscience 2014, S. 1 ff.; Mestre-Bach et al. (Fn. 25), S. 2 f., 8; Orford (Fn. 15), S. 102 ff.; Savvidou et al. (Fn. 75), S. 107 ff.

[78] Brand et al. (Fn. 36), S. 97.

[79] Vgl. dazu vorne III.2.

[80] Potenza (Fn. 51), S. 661 f.; Walsh (Fn. 52), S. 109.

[81] Goudriaan/Yücel/van Holst (Fn. 77), S. 1 ff.; Mestre-Bach et al. (Fn. 25), S. 2 f., 8.

[82] Urteil des Obergerichts Zürich SB190519 vom 19. Mai 2020 E. 3.2.2 im Hinblick auf einen drogensüchtigen Straftäter.

[83] Urteil des Bundesgerichts 6B_1029/2019 vom 10. Februar 2020 E. 1.2; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6B_771/2020 vom 9. Februar 2021 E. 1.2; ebenso die Rechtsprechung in Deutschland, siehe Urteil des Bundesgerichtshofs 5 StR 377/13 vom 7. November 2013 E. 2b/bb; vgl. auch Urteil des Obergerichts Zürich SB140322 vom 23. Januar 2015 E. 4.4.3 im Hinblick auf einen drogensüchtigen Straftäter.

[84] Dazu ausführlich Hans-Ludwig Kröber, Die Beurteilung der Steuerungsfähigkeit bei psychischen Störungen, Forens Psychiatr Psychol Kriminol 2016, S. 181 ff. m.w.H.

[85] Jon Edgar Grant / Suck Won Kim, Comorbidity of impulse control disorders in pathological gamblers, Acta Psychiatrica Scandinavica 2003, S. 204 ff.; siehe auch Hodgins/Holub (Fn. 75), S. 706 f.

[86] Shameem Fatima / Mohammad Jamil / Alfredo Ardila, Cognitive Control and Criminogenic Cognitions in South Asian Gamblers, Journal of Gambling Studies 2019, S. 503.

[87] Urteil des Bundesgerichts 6B_771/2020 vom 9. Februar 2021 E. 1.2.2; Urteil des Bundesgerichts 6P.153/1999 vom 27. April 2000 E. 4c/bb; vgl. auch BSK StGB-Heer, Art. 60 N 32; aus forensisch-psychiatrischer Sicht ebenso Foerster/Bork (Fn. 9), S. 334; vgl. auch Blum/Grant (Fn. 25), S. 467 m.H. auf die amerikanische Rechtsprechung.

[88] Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt SB.2014.1 vom 5. Mai 2015 E. 5.5.1; gleich die deutsche Rechtsprechung, siehe Beschluss des Bundesgerichtshofs 3 StR 351/14 vom 30. September 2014; Beschluss des Bundesgerichtshofs 3 StR 209/13 vom 17. September 2013.

[89] Keine Beschaffungskriminalität liegt vor, wenn es dem Täter allgemein um die Beschaffung von Geld und nicht primär um die Finanzierung der Suchtbefriedigung geht; Urteil des Bundesgerichts 2C_893/2010 vom 24. März 2011 E. 3.4; Urteil des Bundesgerichts 6B_1027/2009 vom 18. Februar 2010 E. 4.2.2; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 2C_1008/2016 vom 14. November 2017 E. 3.2. Unbeachtlich sind demnach Delikte, mit denen der Täter nicht der Spielsucht nachkam, sondern sich damit Luxus- und Alltagsgegenstände anschafft; vgl. Urteil des Obergerichts SB140225 vom 20. Oktober 2014 E. 3.3 in Bezug auf einen drogensüchtigen Täter. Gleiches gilt, wenn nicht die Suchtbefriedigung, sondern der durch die Straftat hervorgerufene «Kick» im Vordergrund steht; vgl. Urteil des Obergerichts Zürich SB160333 vom 27. Januar 2017 E. 2.1.1.2.b.

[90] Urteil des Bundesgerichts 6B_771/2020 vom 9. Februar 2021 E. 1.2.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_1029/2019 vom 10. Februar 2020 E. 1.2; siehe allerdings Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt SB.2014.1 vom 5. Mai 2015 E. 5.5.1; gleich auch die Rechtsprechung in Deutschland, siehe Beschluss des Bundesgerichtshofs 3 StR 351/14 vom 30. September 2014; Beschluss des Bundesgerichtshofs 2 StR 297/12 vom 9. Oktober 2012; vgl. auch aus forensisch-psychiatrischer Sicht Foerster/Bork (Fn. 9), S. 334 f.; Meyer, Individuelle und soziale Folgen (Fn. 21), S. 182; Gerhard Meyer, Unterbringung bei Spielsucht, ZRP 2013, S. 140; zurückhaltender Gorsane et al. (Fn. 68), S. 45.

[91] Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt SB.2014.1 vom 5. Mai 2015 E. 5.5.1; vgl. auch Urteil des Obergerichts Zürich SB150087 vom 4. Mai 2015 E. III.2.2 bezüglich eines drogensüchtigen Täters.

[92] BSK StGB-Bommer/Dittmann, Art. 19 N 65; vgl. auch Müller/Nedopil (Fn. 9), S. 238.

[93] Um die Quantifizierung nachvollziehbar durchzuführen, hat sich die sachverständige Person gängigen Kategorisierungen zu bedienen; etwa dem «psychopathologischen Referenzsystem» - dazu Henning Saß, Forensische Erheblichkeit seelischer Störungen im psychopathologischen Referenzsystem, Forensia 1981, S. 33 ff.; siehe auch statt vieler Müller/Nedopil (Fn. 9), S. 232; Schreiber/Rosenau (Fn. 64), S. 103 f. - oder dem «strukturell-sozialen Krankheitsbegriff» - dazu Wilfried Rasch, Angst vor der Abartigkeit, NStZ 1982, S. 177 ff.; siehe auch statt vieler Müller/Nedopil (Fn. 9), S. 232; Schreiber/Rosenau (Fn. 64), S. 104.

[94] Urteil des Obergerichts Zürich SB140322 vom 23. Januar 2015 E. 4.4.3, wo dies - in unsachgemässer Verwendung des Begriffs - gar als «gerichtsnotorisch» bezeichnet wird; vgl. auch Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt SB.2015.39 vom 13. Januar 2017 E. 3.5; BSK StGB-Bommer/Dittmann, Art. 19 N 65.

[95] Abgelehnt allerdings im Urteil des Bundesgerichts 6B_1173/2015 vom 13. Mai 2016 E. 1; ähnlich restriktiv auch die Rechtsprechung in Deutschland, siehe Beschluss des Bundesgerichtshofs 3 StR 351/14 vom 30. September 2014.

[96] Vgl. Daniel Jositsch / Gian Ege / Christian Schwarzenegger, Strafrecht II, Strafen und Massnahmen, 9. Aufl., Zürich 2018, S. 109 ff.

[97] Urteil des Bundesgerichts 6B_771/2020 vom 9. Februar 2021 E. 2; Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt SB.2014.1 vom 5. Mai 2015 E. 5.5.1; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 2C_753/2015 vom 4. Februar 2016 E. 4.2.1; Urteil des Bundesgerichts 2C_1033/2013 vom 4. Juli 2014 E. 4.2; andeutungsweise a.A. Urteil des Kantonsgerichts Basel-Land 460 16 32 vom 30. Mai 2016 E. III.4. in Bezug auf die Beschaffungskriminalität eines drogensüchtigen Täters.

[98] Dazu Jositsch/Ege/Schwarzenegger (Fn. 96), S. 192 ff.

[99] PK StGB-Trechsel/Pauen Borer, Art. 60 N 5; Wolfgang Wohlers, in: Wohlers/Godenzi/Schlegel (Hrsg.), Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 4. Aufl. Bern 2020, Art. 60 N 1; vgl. auch Günter Stratenwerth / Felix Bommer, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II: Strafen und Massnahmen, 3. Aufl., Bern 2020, § 9 Rz. 2, 5.

[100] BSK StGB-Heer, Art. 59 N 33 f., Art. 60 N 32 ff., die sich in ihrer Kritik jedoch grösstenteils auf die frühere andere Klassifikation der Spielsucht nach ICD-10 bezieht; Nicolas Queloz, in: Moreillon et al. (Hrsg.), Commentaire Romand, Code pénal I, 2. Aufl., Basel 2021, Art. 60 N 10; kritisch ebenso Jositsch/Ege/Schwarzenegger (Fn. 96), S. 194 Fn. 140.

[101] Vgl. dazu Meyer, Unterbringung (Fn. 90), S. 140 für die Unterbringung spielsüchtiger Delinquenten im deutschen Strafrecht; Schneider (Fn. 13), S. 171; siehe zum Therapieerfolg von unfreiwilligen Therapien auch Alois Birklbauer / Kathrin Schmidthuber, Addiction Between Therapy and Criminalization, Der Umgang mit Sucht zwischen Behandlung und Kriminalisierung, Psychiatria Danubina 2014, S. 378; siehe allgemein zu aktuellen Ansätzen in der Behandlung von Glücksspielsucht Ekaterini Georgiadou / Thomas Hillemacher, Schwierige Situationen in der Behandlung von Patienten mit Glücksspielsucht und komorbider narzisstischer Persönlichkeitsstörung, Psychotherapeut 2021, S. 127 ff.; Astrid Müller / Klaus Wölfling / Kai W. Müller, Störungen durch abhängiges Verhalten, Psychotherapeut 2020, S. 53 ff.; Romanczuk-Seiferth/Mörsen/Heinz (Fn. 15), S. 160.

[102] Meyer, Unterbringung (Fn. 90), S. 142; Schneider (Fn. 13), S. 171; vgl. allerdings Urteil des Bundesgerichts 6B_771/2020 vom 9. Februar 2021 E. 2.3, in dem die Therapie einer Spielsucht als ambulante Therapie nach Art. 63 StGB im Freiheitsentzug vom Bundesgericht bestätigt wird.

[103] Aus forensischer Sicht ebenso Nino Anselmi / Simone Montaldo / Antonella Pomilla, Disturbo da gioco d'azzardo e imputabilità: dalla revisione nosografica a un assessment forense ampliato, Riv Psichiatr 2019, S. 196 ff.; Blum/Grant (Fn. 25), S. 469 f.

[104] So wird die Frage der Beschaffungskriminalität bei BtmG-Delikten bei gewissen Gerichten standardmässig aufgeworfen; vgl. statt vieler Urteil des Obergerichts Zürich SB200133 vom 22. Juni 2020 E. II.3.2.2d: «Der Beschuldigte konsumiert keine Drogen […]. Beschaffungskriminalität fällt somit ausser Betracht.»

[105] Vgl. etwa Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt SB.2014.1 vom 5. Mai 2015 E. 5.5.1.

[106] So beispielsweise im Urteil des Bundesgerichts 6B_771/2020 vom 9. Februar 2021 E. 1.2, in welchem nachvollziehbar und auf ein sachverständiges Gutachten gestützt begründet wird, weshalb es sich im konkreten Fall nicht um Beschaffungskriminalität handelt.