PMT-Gesetz: Wichtige Bestimmungen sind weder verfassungs- noch EMRK-konform

Markus Mohler *

In einem ersten Beitrag wurde festgestellt, dass dem Bund für den Erlass der BWIS-Novelle im Rahmen des PMT-Gesetzes die verfassungsmässige Gesetzgebungskompetenz fehlt. In diesem Beitrag wird dargelegt, dass die Umschreibung «terroristische Aktivität» und damit «terroristischer Gefährder» nach Art. 23e BWIS in Bezug auf die Normbestimmtheit weder der Bundesverfassung noch der EMRK entspricht und mit anderen völkerrechtlichen Definitionen ebenso wenig übereinstimmt. Die Rechtsstaatlichkeitsanforderungen für grundrechtsbeschränkende Eingriffe werden nicht erfüllt.

Zitiervorschlag: Markus Mohler, PMT-Gesetz: Wichtige Bestimmungen sind weder verfassungs- noch EMRK-konform, sui generis 2021, S. 135

URL: sui-generis.ch/177

DOI: https://doi.org/10.21257/sg.177

* Markus Mohler, Dr. iur., ehem. Lehrbeauftragter an den Universitäten Basel und St. Gallen, vormals Kommandant der Kantonspolizei Basel-Stadt und zuvor Staatsanwalt.


I. Vorbemerkung

Am 25. September 2020 haben die Eidgenössischen Räte als vorläufigen Umsetzungs-Abschluss der Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung[1] das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) verabschiedet.[2] Es handelt sich um ein Mantelgesetz, durch das hauptsächlich das Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit[3] und zudem zwölf weitere Bundesgesetze[4] teilrevidiert worden sind. Gleichentags genehmigte das Parlament das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem zugehörigen Zusatzprotokoll und beschloss neue straf- und strafprozessrechtliche Bestimmungen betr. Terrorismus und organisierte Kriminalität.[5] Diese sind im vorliegenden Zusammenhang bedeutungsvoll.

In einem ersten Beitrag[6] wurde die Frage der verfassungsmässigen Bundeskompetenz zum Erlass des Gesetzes in Bezug auf die Änderungen des BWIS untersucht und negativ beantwortet: Die in der Botschaft angeführten Argumente, die notwendige Verfassungsgrundlage dafür darzutun, wurden widerlegt. Da es sich bei den neu ins BWIS eingefügten Bestimmungen um die Regelung ausschliesslich sicherheitspolizeilicher Massnahmen der Prävention handelt, bedeuten diese Normen einen Einbruch in die Gesetzgebungskompetenz der Kantone.[7] Entgegen Art. 47 Abs. 1 und 52 Abs. 1 BV[8] wahrt der Bund damit weder die Eigenständigkeit der Kantone noch schützt er deren Verfassungen mit den kantonalen Zuständigkeiten, sondern verletzt sie ganz direkt.

In diesem Beitrag sollen die beiden der Bekämpfung von Terrorismus zugrunde liegenden Begriffe auf ihre materiell-rechtliche Verfassungsmässigkeit und EMRK-Konformität beurteilt werden.

In einem nachfolgenden dritten Teil werden Verfahrensfragen, so u.a. die Überschneidung von Straf- und Strafprozess- mit Polizeirecht, beleuchtet und die Wirksamkeit der Massnahmen gegenüber terroristischen Gefährdern geprüft.

II. Zur Schutzpflicht des Staates

1. Die Schutzpflicht

Der Staat hat gegenüber Bedrohungen namentlich in Bezug auf die physische, psychische und sexuelle Integrität, die Freiheit von Personen und ihre Privatsphäre ebenso wie die rechtsstaatlichen Institutionen Schutzpflichten. Sie sind im schweizerischen Recht primär in Art. 2 Abs. 1 BV, in den spezifischen Grundrechten (Art. 7 ff., insbesondere Art. 10 Abs. 2, Art. 13 und Art. 36 BV) und Art. 57 BV festgelegt. Der Staat selber, die Bevölkerung und die einzelnen Menschen sind Schutzobjekte.[9] Die Schweiz hat als wehrhafte Demokratie gegen die öffentliche Sicherheit, die Institutionen und die Grundrechte Einzelner bedrohende «terroristische» Aktivitäten die notwendigen Abwehrmassnahmen zu treffen.[10] Die Legitimität des Schutzes der demokratisch-rechtsstaatlichen Institutionen und der Grundrechte der Einzelnen steht ausser Frage.[11]

Zudem ist die Schweiz völkerrechtlich zum Schutz der Grundrechte durch die EMRK[12] und den UNO-Pakt II[13] verpflichtet. Der EGMR hat sich mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen dem Staat gemäss Art. 2 EMRK (Recht auf Leben) eine Schutzpflicht in der Form präventiver Massnahmen[14] gegenüber einer als gefährlich erachteten oder zu erachtenden Person obliegt. Er hat anerkannt, dass der Staat die Pflicht hat, die Verwirklichung einer Bedrohung des Rechts auf Leben zu verhindern.

«La Cour a affirmé qu'il y a une obligation positive lorsqu'il est établi que les autorités connaissaient ou auraient dû connaître l'existence d'une menace réelle et immédiate pour la vie d'un ou de plusieurs individus et qu'elles n'ont pas pris, dans le cadre de leurs pouvoirs, les mesures qui, d'un point de vue raisonnable, auraient sans doute pallié ce risque.»[15]

Zur Frage, wie weit sich in persönlicher Hinsicht dieser Schutzanspruch erstreckt, unterscheidet der Gerichtshof zwischen identifizierbaren und nicht identifizierbaren möglichen Opfern. Diese Pflicht bezog sich zunächst auf den Schutz identifizierbarer Personen:

«A positive obligation will arise where it has been established that the authorities knew or ought to have known at the time of the existence of a real and immediate risk to the life of an identified individual from the criminal acts of a third party […].»[16]

Der EGMR hat diese Schutzpflicht indessen ausgedehnt. Er bezieht diese auch auf Situationen oder als gefährlich erachtete oder zu erachtende Personen, die keine identifizierbare Person bedrohen, sondern ebenso auf solche, die «sozial gefährlich» sind, also auf den Schutz der Allgemeinheit:

  • «the relevant risk in the present case being a risk to life for members of the public at large rather than for one or more identified individuals»[17]
  • «éléments donnant à penser qu'il aurait pu être socialement dangereux»;[18]
  • «the obligation to affordgeneral protection to society against potential violent acts».[19]

Die grundsätzliche Schutzpflicht des Staates, auch operationelle präventive Massnahmen - also grundrechtsrelevante Eingriffe - vorzunehmen, bevor eine Straftat begangen worden ist, ist nach Völker- und schweizerischem Recht gegeben.[20]

2. Die Prinzipien des Schutzes verfassungsrechtlicher Institutionen und von Grundrechten

a) Generell

Die Problematik in der präventiven polizeirechtlichen Bekämpfung von Terrorismus liegt demnach nicht im «ob», sondern im «wie», d.h. in den massgebenden Prinzipien des Schutzes gegen «terroristische» Aktivitäten, also den danach zu gestaltenden Mitteln und Methoden. Es geht darum zu vermeiden, durch ungenügend klare Normen gegen jene Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit zu verstossen, die gerade geschützt werden sollen.[21]

Anzumerken ist, dass es eine Definition von Rechtsstaat in der Bundesverfassung nicht gibt. Der Begriff Rechtsstaat ist zu wenig genau, um direkt als Massstab angelegt werden zu können.[22] Die Rechtsstaatlichkeit besteht aus mehreren Komponenten, namentlich dem Legalitätsprinzip (mit Teilgehalten), der Gewaltentrennung und dem gerichtlichen Rechtsschutz im formellen Sinn.[23] Dazu gehören ebenso der Grundrechtsschutz, die Legitimität von Gesetzesbestimmungen - einschliesslich deren Sinngehalt[24] -, das Verhältnismässigkeitsprinzip, Treu und Glauben bzw. das Willkür- und Rechtsmissbrauchsverbot und die Transparenz im materiellen Sinn.[25] Überdies haben Normen dem übergeordneten Recht zu entsprechen; es geht nicht an, der übrigen Rechtsordnung sich entziehende Rechtssätze zu erlassen. Die Rechtsordnung als Ganzes,[26] die Rechtskultur[27] ist mitbestimmend.

Die Massgeblichkeit, die akzeptierte Geltung von Normen, hängt u.a. von deren Legitimität ab[28] und diese hängt mit deren Bestimmtheit zusammen.

Formell-rechtliche Voraussetzung von Grundrechtsbeschränkungen ist eine gesetzliche Grundlage (Art. 36 Abs. 1 BV).[29] Die gesetzliche Norm muss zudem die vorstehend beschriebenen Rechtsstaatlichkeitsanforderungen erfüllen.[30] Dazu gehört als Ausfluss des Legalitätsprinzips, wie erwähnt, das Bestimmtheitsgebot.

b) Zum Bestimmtheitsgebot

Normen sollen so gestaltet sein, dass sie in gutem Glauben nicht zu weit ausgelegt oder dann gar willkürlich missbraucht werden können,[31] wodurch Freiheiten in rechtsstaatlich nicht haltbarer Weise eingeschränkt würden.

Da es bei allen präventiven polizeirechtlichen Massnahmen um Beschränkungen von Grundrechten in unterschiedlicher Art und Schwere geht, kommt der Bestimmtheit der zu Grundrechtsbeschränkungen Anlass gebenden Norm ebenso wie dem Verhältnismässigkeitsprinzip besondere Bedeutung zu. Operationelle polizeirechtliche Beschränkungen reichen u.a. von der einfachen Personenkontrolle über Meldepflichten oder kurzfristige Kontakt- und Rayonverbote[32] bis zum Polizeigewahrsam, also einem polizeirechtlichen Freiheits entzug,[33] im schlimmsten Fall einem Schusswaffeneinsatz.

Zum Bestimmtheitsgebot hielt das Bundesgericht fest:

«Schwere Eingriffe in Freiheitsrechte bedürfen einer klaren und ausdrücklichen Regelung in einem formellen Gesetz (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV; [...]). […] Das Legalitätsprinzip im Sinne von Art. 36 Abs. 1 BV verlangt zudem eine hinreichende und angemessene Bestimmtheit der anzuwendenden Rechtssätze. […] Diese müssen so präzise formuliert sein, dass die Rechtsunterworfenen ihr Verhalten danach einrichten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen können.»[34]

Das Erfordernis der Bestimmtheit steht im Dienst der Rechtssicherheit, d.h. u.a. der Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns sowie der rechtsgleichen Rechtsanwendung.[35]

«Der Grad der erforderlichen Bestimmtheit hängt unter anderem von der Vielfalt der zu ordnenden Sachverhalte, von der Komplexität und der Vorhersehbarkeit der im Einzelfall erforderlichen Entscheidung, von den Normadressaten, von der Schwere des Eingriffs in Verfassungsrechte und von der erst bei der Konkretisierung im Einzelfall möglichen und sachgerechten Entscheidung ab.»[36]

Der EGMR hat sich ebenso mehrfach mit der Frage nach dem Grad der nötigen Bestimmtheit befasst: Im einem Urteil von 2018 hielt er fest, Art. 5 EMRK beziehe sich nicht nur auf ein nationales Gesetz, sondern ebenso auf die Qualität der Norm, die den Anforderungen der Rechtsstaatlichkeit genügen müsse.[37] In einem anderen Urteil befand das Gericht, dass es der Rechtsstaatlichkeit widerspräche, wenn eine Norm im Zusammenhang mit Grundrechtsbeschränkungen den Behörden eine Ermessensfreiheit, die unbegrenzte Macht bedeutete, zugestünde.[38] Der Grad der Bestimmtheit der Norm hänge damit auch vom Bereich («scope»), den diese abzudecken hat, ab.[39]

Das Gesetz muss mit genügender Klarheit den Ermessensspielraum begrenzen, um Schutz gegen willkürliche Eingriffe zu bieten.[40] Der EGMR sei sich der Schwierigkeiten bei der Formulierung von Gesetzen zur Bekämpfung von Terrorismus bewusst. Eine etwas generalisierende Ausdrucksweise sei unvermeidlich, doch müssten die Gerichte bei der Interpretation dieser Gesetze genügend Schutz gegen willkürliche Eingriffe gewährleisten können.[41] Angeführt wird, dass Belege, die «solely (be) limited to statements and acts that were manifestly nonviolent», welche für die Anordnung von Haft genügten, den zu stellenden Anforderungen nicht entsprächen, da solche Verhaltensweisen prinzipiell durch Art. 10 EMRK geschützt sein sollten.[42]

In einem Urteil von 2017 befasste sich der EGMR mit den Voraussetzungen für die Anordnung präventiver Massnahmen (im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität). Abgesehen von den bereits erwähnten Kriterien in Bezug auf die Bestimmtheit, sei die Verfügung präventiver Massnahmen an prospektive Analysen gebunden, deren Kriterien («factual evidence») weder im Gesetz noch durch die Gerichte klar festgelegt worden seien; ebenso wenig seien die Arten von Verhaltensweisen bestimmt, die zu berücksichtigen seien, um die Gefährlichkeit für die Gesellschaft und somit die Notwenigkeit präventiver Massnahmen zu beurteilen. Daher handle es sich um ungenügend detaillierte Bestimmungen in Bezug auf Verhaltensweisen , die als Gefahr für die Gesellschaft betrachtet werden könnten.[43]

Im Folgenden ist zu untersuchen, ob die durch das PMT-Gesetz ins BWIS eingefügten Begriffe diesen Anforderungen gerecht werden.

III. Zu den Begriffen «terroristische Aktivitäten» und «terroristische Gefährder»

Eine weltweit völkerrechtlich verbindliche Legaldefinition von «Terrorismus» oder «terroristisch» besteht nicht.[44] Daher ist auf andere völkerrechtliche und schweizerische rechtliche Kriterien zur Prüfung abzustellen, ob die im revidierten PMT-Gesetz bzw. BWIS zur Bekämpfung von Terrorismus verwendeten Begriffe von ihrer Bestimmtheit her genügen.

Mit dem landläufig gebrauchten, aber auch in Erlassen und ihren Begründungen verwendeten Ausdruck «Terrorismus» (analog «terroristisch») werden sehr unterschiedlich motivierte Straftaten bezeichnet. Darunter werden einerseits u.a. «Bedrohungen der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundlagen der Schweiz und der Freiheitsrechte ihrer Bevölkerung»[45] (als deren vermeintliche oder tatsächliche strategische Zielsetzung) verstanden. Ebenso wird die Vergeltung für wahrgenommene Ungerechtigkeiten oder als blasphemisch empfundene Äusserungen oder Schläge gegen religiöse oder kulturelle Gruppierungen (einschliesslich «Hassverbrechen»[46]) so begriffen.[47] Diese Straftaten sind primär gegen Individuen gerichtet, auch wenn sie dadurch Ängste in weiteren Teilen der Bevölkerung und entsprechende Befürchtungen in Behörden auslösen können. Durch solche Straftaten würden zunächst die physische und psychische Integrität (Art. 10 Abs. 2 BV) von Menschen verletzt, darüber hinaus kollektiv die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt (Art. 2 und Art. 57 BV).

1. Die Bedeutung des Begriffs «terroristisch» gemäss Botschaft und parlamentarischer Beratung

Im eingefügten Art. 2 Abs. 2 Bst. dbis E‑BWIS wird das Ziel der Gesetzesänderung festgelegt:

«Massnahmen […] zur Verhinderung terroristischer Aktivitäten».

Es geht demnach darum, das Ausführen der unter «terroristischen Aktivitäten» verstandenen Verhaltensweisen zu verhindern. Verhindern ist ein Begriff der Prävention. Näheres dazu im dritten Beitrag. Art. 23e BWIS lautet sodann:

1 Als terroristische Gefährderin oder terroristischer Gefährder gilt eine Person, wenn aufgrund konkreter und aktueller Anhaltspunkte davon ausgegangen werden muss, dass sie oder er eine terroristische Aktivität ausüben wird.

2 Als terroristische Aktivität gelten Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die durch die Begehung oder Androhung von schweren Straftaten oder mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen.

Die beiden Begriffe «terroristische Gefährder»[48] und «terroristische Aktivität»[49] sind miteinander verknüpft: wer in diesem Zusammenhang als Gefährder gilt, wird durch den Gehalt von «terroristisch» bestimmt. Dazu wird ausgeführt, der «Begriff der ‹terroristischen› Gefährder lege den Kreis derjenigen Personen fest, die […] Adressaten der präventiv-polizeilichen Massnahmen» seien. Dadurch wird jedoch der Adressatenkreis mit einer Umschreibung festgelegt, die gerade zu definieren wäre, ein Zirkelschluss.[50]

Von der zugrunde gelegten kriminellen Motivation her geht es gemäss Botschaft bezüglich «terroristisch» immer um «Veränderungen und Destabilisierung der Gesamtgesellschaft und der grundlegenden Strukturen einer freiheitlichen Demokratie an sich».[51]

Für «terroristisch» würden Begrifflichkeiten verwendet, «die im geltenden nationalen und internationalen Recht bereits etabliert sind (insbesondere im NDG oder im Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung von Terrorismus)».[52] So werde auch der Begriff «terroristische Aktivität» nicht neu definiert, sondern aus Art. 19 Abs. 2 lit. a NDG[53] übernommen.[54] Art. 19 Abs. 2 mit lit. a NDG lautet:

2 Eine konkrete Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit ist gegeben, wenn ein bedeutendes Rechtsgut wie Leib und Leben oder die Freiheit von Personen oder der Bestand und das Funktionieren des Staates betroffen ist und die Bedrohung ausgeht von:

a) terroristischen Aktivitäten im Sinne von Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die durch Begehung oder Androhung von schweren Straftaten oder mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen.

In Art. 19 Abs. 2 NDG wird eine konkrete Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit, «wenn ein bedeutendes Rechtsgut wie Leib und Leben oder die Freiheit von Personen oder der Bestand und das Funktionieren des Staates betroffen ist», an den Anfang gestellt.

In der Botschaft zum NDG[55] findet sich der Hinweis, Art. 19 konkretisiere «in gewisser Weise die […] Aufgabengebiete des NDB, jedoch nicht im Sinne von Legaldefinitionen von Begriffen wie ‹Terrorismus›, sondern durch eine Beschreibung der Bedrohungen, wie dies bisher in Artikel 13a BWIS erfolgt».[56] Dieser Artikel entspreche weitgehend dem mit BWIS II neu eingeführten Art. 13a BWIS; die Formulierungen entsprächen der sicherheitspolitischen Praxis des Nachrichtendienstes.[57] Die damalige Formulierung von Art. 13a Abs. 1 lit. b Ziff. 1 BWIS lautete: «terroristischen Tätigkeiten: Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung von Staat und Gesellschaft, die durch Begehung oder Androhung von schweren Straftaten sowie mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen».[58]

Demnach ist der massgebende Ausdruck «terroristische Aktivität» keine Legaldefinition und soll es nicht sein. Zwar weist die Formulierung in Art. 19 Abs. 2 NDG, wonach die konkrete Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit mit dem «Betroffensein» eines bedeutenden Rechtsgutes wie Leib, Leben oder Freiheit verbunden sein muss, darauf hin, dass damit Gewaltdelikte mitgemeint seien. Doch werden auch nicht (notwendigerweise) gewalttätige Verhaltensweisen erfasst.

Gemäss der Botschaft sollen die Anhaltspunkte bloss den Schluss nahelegen, dass es «in überschaubarer Zeit zu einer Verletzung eines bedeutenden Rechtsgutes kommen könnte. Es ist aber noch nicht klar, an welchem Ort, zu welcher Zeit oder auf welche Weise diese Verletzung erfolgen wird».[59] In der parlamentarischen Debatte war denn auch immer von «personnes potentiellement dangereuses»[60] oder «terroriste(s) potentiel(s)»[61] die Rede.

Was unter «terroristische Aktivitäten» auch subsumiert wird, sind «Vorkehrungen zur Finanzierung, zur logistischen Unterstützung von terroristischen Organisationen oder zur Schleusung bzw. Erleichterung einer Ein- oder Durchreise einer Terroristin oder eines Terroristen in die bzw. durch die Schweiz».[62] Dazu gehören ebenso «das Erstellen von Social-Media -Profilen, das Weiterverbreiten terroristischer Inhalte etwa durch das ‹Verlinken› oder durch das ‹Befürworten›, das Setzen von sogenannten Likes».[63] Es gehe «um jede Art von terroristisch motivierten Handlungen».[64]

2. Kritik

a) Zur Bestimmung des Begriffs

Zunächst ist festzustellen, dass in Art. 23e Abs. 2 BWIS von unterschiedlichen Rechtsgütern die Rede ist: so von «Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderungen der staatlichen Ordnung», von «Androhung oder Begehung von schweren Straftaten» und von «Verbreitung von Furcht und Schrecken». Sie sind durch ein «oder» voneinander abgegrenzt, also je autonom auszulegen.

«Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderungen der staatlichen Ordnung» können - zumal in einer (halb-) direkten Demokratie - durchaus legaler Art sein. Die «schweren Straftaten» werden nicht näher umschrieben. Solche können auch ohne Terrorismusbezug angedroht oder begangen werden. Ebenso können Angst und Schrecken ohne «terroristische» Absichten ausgelöst werden (Art. 180 Abs. 1, Art. 258 StGB). Diese drei Verhaltensweisen taugen für sich daher nicht, um sie je als «terroristisch» zu bezeichnen.

Bedeutende Rechtsgüter können auch ohne Gewalt durch andere schwerwiegende Straftaten (bspw. Cyberdelikte, Desinformationskampagnen) bedroht oder beschädigt werden, was ebenso für «Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung» bzw. Destabilisierungsbestrebungen zutrifft.[65]

Im neuen Art. 23e BWIS geht es gerade nicht um eine konkrete Bedrohung, sondern um konkrete und aktuelle Anhaltspunkte, von denen ausgegangen werden muss, dass eine terroristische Aktivität ausgeübt werde. Das definitorische Element der konkreten Bedrohung im Einleitungssatz von Art. 19 Abs. 2 NDG für «terroristische Aktivitäten» in lit. a wird in Art. 23e BWIS nicht übernommen.[66]

Massgebend ist somit ausschliesslich eine der anvisierten Person zugeschriebene Motivation, also der einer Person unterstellte allfällige subjektive Sachverhalt für eine Vielfalt möglicher Verhaltensweisen, die weder eine hinreichend konkrete (eventuelle) Bedrohung darstellen, noch notwendigerweise terroristischer Art sein müssen. Dies wird durch eine Aussage an anderer Stelle der Botschaft klargestellt: «Mit der vorliegenden Gesetzesvorlage werden Massnahmen rein präventiven Charakters geschaffen, denen kein konkreter Tatverdacht zugrunde liegt».[67]

Das Bundesgericht hält in Bezug auf das Bestimmtheitsgebot vor allem in Polizeigesetzen fest, der Gesetzgeber könne «nicht darauf verzichten, allgemeine und mehr oder minder vage Begriffe zu verwenden, deren Auslegung und Anwendung der Praxis überlassen werden» müsse.[68] Diese Ausnahme vom Bestimmtheitsgebot kann in diesem Kontext jedoch nicht als Massstab gelten, denn es handelt sich um keine Formulierung zur allgemeinen Gefahrenabwehr.[69] Der Grad der Bestimmtheit hängt unter anderem von der Vielfalt der zu ordnenden Sachverhalte ab.[70] Der EGMR hielt dazu fest:

«[…] the specific types of behaviour which must be taken into consideration in order to assess the danger to society posed by the individual and which may give rise to preventive measures.»[71]

Im vorliegenden Kontext geht es nicht um eine Vielfalt zu regelnder Sachverhalte, sondern um Gewaltstraftaten spezifischer Motivation, die als «terroristisch» bezeichnet werden.[72]

Art. 36 BV gebietet, dass eine Norm auch von der Vorhersehbarkeit in Bezug auf rechtswidrige Verhaltensweisen ausreichend genau formuliert sein müsse.[73]

Die Anforderungen an die Bestimmtheit der Norm gemäss Legalitätsprinzip, die als gesetzliche Grundlage für Verfügungen, welche die (körperliche) Bewegungsfreiheit einschränken, werden nach der Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichts wie des EGMR nicht erfüllt. Die offene (sicherheitspolitische) Umschreibung mit Verweis auf Art. 19 Abs. 2 NDG kann für die nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung genügen,[74] nicht aber für andere, nicht rein informationell freiheitsbeschränkende Massnahmen.

b) Zur Übereinstimmung mit dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus

In der Botschaft wird hinsichtlich Begrifflichkeiten auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus verwiesen,[75] dessen Genehmigung und Umsetzung das Parlament gleichentags beschlossen hat.[76] Nach Art. 1 Abs. 1 dieses Übereinkommens bedeutet «terroristische Straftat» eine Straftat im Geltungsbereich und nach der Begriffsbestimmung eines der in seinem Anhang aufgeführten Verträge. Es handelt sich um elf Verträge, in denen ausnahmslos Gewalt oder Drohung mit Gewalt als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des entsprechenden Vertrages stipuliert werden.[77]

Demgegenüber enthält jedoch die Umschreibung in Art. 23e BWIS gerade keinen Bezug auf Gewaltstraftaten. Sie ist daher viel weiter gefasst und stimmt mit dem Übereinkommen damit nicht überein.

c) Terrorismusbezogene Umschreibung des UNO Sicherheitsrates

In der Botschaft wird auf das Völkerrecht Bezug genommen; die neuen polizeilichen Instrumente seien grund- und völkerrechtskonform auszugestalten und anzuwenden.[78] Der UNO-Sicherheitsrat hat in einer Resolution von 2004 terroristische Akte wie folgt umschrieben:

«[...] actes criminels, notamment ceux dirigés contre des civils dans l'intention de causer la mort ou des blessures graves ou la prise d'otages dans le but de semer la terreur parmi la population, un groupe de personnes ou chez des particuliers, d'intimider une population ou de contraindre un gouvernement ou une organisation internationale à accomplir un acte ou à s'abstenir de le faire, qui sont visés et érigés en infractions dans les conventions et protocoles internationaux relatifs au terrorisme […].»[79]

Es ist offenkundig, dass es dabei um Gewaltdelikte geht. Die Resolution ist jedoch kein verbindlicher Rechtstext.

d) Die Intervention der UNO-Sonderberichterstatter und der Kommissarin für Menschenrechte des Europarates

Deutlich haben sich die rechtsspezifisch zuständigen Repräsentanten internationaler Organisationen zu diesem Gesetzgebungsprojekt geäussert.

In einem Brief vom 26. Mai 2020 haben fünf Sonderberichterstatter der UNO betreffend die Einhaltung von Menschenrechten zum Entwurf des PMT-Gesetzes Stellung genommen.[80] Ihre Kritik betrifft insbesondere die ungenügende Bestimmtheit dessen, was in Art. 23e E-PMT (bzw. BWIS) unter «activités terroristes» zu verstehen sei (S. 3, 7). Derart vage und ausgedehnte Umschreibungen stimmten mit den in den internationalen Verträgen aufgestellten Anforderungen nicht überein. Die gesetzliche Definition dessen, was unter terroristischen Aktivitäten zu verstehen sei, müsse «être suffisamment précise et ‹prévisible› quant à ses effets pour indiquer à tous de manière suffisante en quelles circonstances et sous quelles conditions elle habilite la puissance publique à interférer avec leurs droits» (S. 6). Die Eingrenzung auf eine Liegenschaft verstosse in dieser Formulierung gegen Art. 5 Ziff. 1 lit. c der EMRK (S. 10).

In ihrer Antwort[81] wies die Vorsteherin des EJPD auf Art. 19 NDG und auf den neuen, noch nicht in Kraft getretenen Art. 260sexies StGB hin.[82] «Konkrete und aktuelle Anzeichen» für eine terroristische Aktivität sei «aucunement en présence de critères vagues». Die Bestimmung respektiere die Vorgaben von Art. 5 EMRK. «L'élément déterminant est que la designation comme terroriste potentiel ne justifie pas en soi une assignation à résidence». Das sei nur der Fall «si le terroriste (sic!) a violé une mesure MPT ordonné». Näheres dazu im dritten Beitrag.

Mit einem Brief vom 7. Mai 2020[83] wandte sich die Kommissarin für Menschenrechte des Europarates an die Sicherheitskommission des Nationalrates. Sie führte u.a. aus, dass «terroriste potentiel», also «une personne dont on présume […] qu'elle pourrait mener des activités terroristes» (Hervorhebung im Original), keine genügende rechtliche Garantie für die richtige Anwendung der Massnahmen gäbe. Das Fehlen einer klaren und präzisen Definition erlaube eine weite Auslegung und trage das Risiko von übermässigen und willkürlichen Eingriffen in Grundrechte in sich.

Die Präsidentin der Sicherheitskommission des Nationalrates antwortete am 25. Mai 2020[84] u.a. mit Hinweisen auf die Teilrevison des Strafrechts. Nach Ansicht der Kommission handle es sich um subsidiäre, ergänzende und verhältnismässige Massnahmen. Hinsichtlich der Ungenauigkeit des Gefährderbegriffes führte sie aus, «la commission est d'avis que la définition retenue par le projet, […] est suffisament concrète».

e) Kritik der Direktion für Völkerrecht des EDA

Dem Vernehmen nach (Rundschau SRF[85]) hat die Direktion für Völkerrecht des EDA den Begriff der terroristischen Aktivitäten ebenso als «sehr weit gefasst» kritisiert und vor «erheblichen Auslegungs- und Abgrenzungsproblemen» gewarnt. Es bestehe das Risiko einer «allzu weitgehenden Anordnung» von Massnahmen. Die Direktion beantragte, die Definition dahingehend zu ändern, dass ein Bezug zu Gewalt verbrechen vorhanden sein müsse.

3. Zwischenergebnis

Abgesehen davon, dass es sich bei dem in Art. 23e BWIS verwendeten Begriff «terroristisch» nicht um eine Legaldefinition handelt und handeln soll (Rz. 30), genügt er weder den Anforderungen der schweizerischen Rechtsprechung zur notwendigen Normdichte noch stimmt er mit völkerrechtlichen Umschreibungen überein. Die Antworten an die Vertreter von UNO und Europarat treffen so nicht zu. Die Umschreibung ist konturlos und erfüllt demnach die Anforderungen an die Bestimmtheit der Bundesverfassung und der EMRK nicht.

IV. Die grundrechtlichen Voraussetzungen für freiheitsbeschränkende Eingriffe

Wie erwähnt, liegt die eigentliche Problematik der Gewährleistung der staatlichen Pflicht zum Schutz des Rechts auf Leben nicht im «ob», sondern im «wie». Die Betrachtung dieser Pflicht ist im vorliegenden Kontext auf die Bekämpfung von «Terrorismus» begrenzt, da der EGMR staatliche Schutzpflichten auch in Bezug auf ganz andere Gefährdungen des Rechts auf Leben stipuliert.

1. Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK

Die Eingrenzung auf eine Liegenschaft (Art. 23o BWIS) kommt einem Freiheitsentzug gleich (vorstehend Rz. 48). Der Bundesrat stützt sich dafür auf Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK.[86] Nach lit. b von Art. 5 Ziff. 1 EMRK bedarf es für eine polizeirechtliche Präventivhaft das Nichtbefolgen eines gesetzmässig erlassenen Befehls oder einer gesetzmässig auferlegten konkreten Verpflichtung.[87] Die Regelung nach Art. 23o Abs. 1 lit. b BWIS setzt als Zusatzkriterium das Nichtbefolgen einer verfügten Massnahme nach Art. 23k bis 23l BWIS voraus.[88] Zwar erfüllt diese Regelung formal die EMRK-Anforderung, doch taugt sie als Rechtsgrundlage für die Eingrenzung auf eine Liegenschaft dennoch nicht, da die zu verhindernde Straftat nicht mit genügender Bestimmtheit umschrieben wird. Sonst könnte bspw. auch die Nichtabgabe der Steuerklärung zu einer entsprechenden Verfügung genügen. Überdies ist ein auf Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK gestützter Freiheitsentzug sofort zu beenden, sobald die Verpflichtung entweder erfüllt worden oder entfallen ist.[89] Demzufolge entspricht eine von vorneherein festgelegte Dauer der Eingrenzung Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK auch nicht.

2. Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK

Art. 5 Ziff. 1 lit. c (2. Satzteil) EMRK gilt als Rechtsgrundlage für einen Freiheitsentzug nur in Zusammenhang mit einem Strafverfahren:

«[…] sub-paragraph (c) (art. 5-1-c) permits deprivation of liberty only in connection with criminal proceedings».[90]

Daher können präventive polizei-, d.h. verwaltungsrechtliche Freiheitsentzüge nicht auf Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK abgestützt werden.[91]

In der Botschaft wird demgegenüber ausgeführt, nach Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK könne fedpol Massnahmen (einschliesslich die Eingrenzung auf eine Liegenschaft) «verfügen, wenn gegen eine Person bereits ein Strafverfahren eröffnet worden ist».[92] «Vor diesem Hintergrund kann sich der Erlass präventiv-polizeilicher Massnahmen gemäss den Artikeln 23k-23q BWIS ausnahmsweise auch bei einem laufenden Strafverfahren rechtfertigen, wenn keine für die Prävention von Terrorismus zielführenden strafprozessualen Massnahmen getroffen wurden oder getroffen werden können».[93] Das bedeutet, dass in einem Strafverfahren ein verwaltungsrechtlicher Freiheitsentzug angeordnet werden dürfte, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung von Untersuchungshaft[94] nicht gegeben sind. Dies widerspräche nach der hier vertretenen Ansicht Art. 36 BV einschliesslich dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV) und wäre rechtsmissbräuchlich.[95]

Selbst wenn Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK in Betracht gezogen werden könnte, erfüllte Art. 23e in Kombination mit Art. 23o BWIS die Anforderungen von BV und EMRK nicht. Die staatliche Schutzpflicht nach Art. 10 Abs. 1 BV bzw. Art. 2 EMRK[96] bezieht sich auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit, also auf Verhaltensweisen, die eine konkrete Bedrohung von Leib und Leben bewirken. So hat der EGMR festgehalten, die Anordnung präventiver Haft nach Art. 5 Ziff. 1 lit. c zweiter Satzteil EMRK sei nur bei einer hinreichend genauen Umschreibung der zu verhindernden Straftaten zulässig:

«[…] en cas de risque imminent de commission d'une infraction grave, concrète et déterminée comportant un risque d'atteinte à la vie ou à l'intégrité physique des personnes ou encore un risque d'atteinte importante aux biens.»[97]

Der EGMR verlangt gemäss EMRK «la conformité de toute privation de liberté au but de l'article 5 de la Convention : protéger l'individu contre l'arbitraire».[98] Demzufolge werden die Anforderungen an die Qualität der von den Behörden zugrunde gelegten Informationen ebenso wie an die Einschätzung der Gefahr hoch angesetzt:

«[…] seeing that neither the Act nor the Constitutional Court have clearly identified the ‹factual evidence› or the specific types of behaviour which must be taken into consideration in order to assess the danger to society.»

Das Gesetz und die Gerichtspraxis hätten demnach - argumentum e contrario - die Kriterien für die Qualität der Belege («factual evidence») und die Art der Gefahr in genügender Weise festzuhalten.[99] Nur durch explizite oder implizite Angaben zu den Delikten oder Kategorien von Delikten, die verhindert werden sollen, d.h. die Beschreibung der betreffenden Verhaltensweisen und deren Vorliegen unter den spezifischen Umständen, kann vernünftigerweise darauf geschlossen werden, dass ein solches Delikt begangen werde.[100]

So genügte eine Aktennotiz eines Carabinieri nicht, wonach der Beschwerdeführer in Gesellschaft von verurteilten Straftätern gesehen worden sei, um auf seine Gefährlichkeit zu schliessen.[101] Ähnlich argumentierte der EGMR in einem anderen Urteil:

«The Court finds it important to emphasise that there remains a substantial difference between conduct involving video clips and cryptic postings on the Internet without any specific or even unspecific threats, and the indiscriminate killing of persons present at a specific location.»[102]

Dem widerspricht der Einbezug «von Weiterverbreiten terroristischer Inhalte etwa durch das ‹Verlinken› oder durch das ‹Befürworten›, das Setzen von sogenannten Likes». Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK taugt daher nicht als Rechtsgrundlage für einen präventiven Freiheitsentzug im vorliegenden Rechtsrahmen.

3. Verhältnismässigkeitsprinzip

Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 3 BV) gilt ebenso für die Gesetzgebung.[103] Art. 36 Abs. 3 BV schreibt vor: «Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein». Um verhältnismässig zu sein, muss daher eine gesetzliche Bestimmung neben dem öffentlichen Interesse auch die drei Kriterien der Erforderlichkeit, der Geeignetheit und der Zumutbarkeit erfüllen.[104] Zur Geeignetheit gehört in persönlicher Hinsicht die Frage nach der Störquelle. Das Störerprinzip als Grundsatz des Polizeirechts und Teilgehalt des Geeignetheitskriteriums vermittelt den Schutz vor ungerechtfertigten Eingriffen in persönlicher Hinsicht.[105] Daher vermag der zu weit gezogene Kreis der Adressaten das Kriterium der Geeignetheit in persönlicher Hinsicht nicht zu erfüllen. Die Bestimmung schliesst in ihrer Formulierung, was unter «terroristisch» ebenso verstanden werden soll, Personen mit ein, denen auch keine gewaltbezogenen Verhaltensweisen zugeschrieben werden können. Demnach erfüllt Art. 23e BWIS auch die Kriterien des Verhältnismässigkeitsprinzips nicht.

V. Fazit

Der EGMR hatte bisher soweit ersichtlich - auch im erklärtem Bewusstsein der Schwierigkeiten bei der Verhütung von Terrorismus und der Formulierung von Straftatbeständen[106] - noch nie Gelegenheit, in einem Fall die zu stellenden Anforderungen in Bezug auf die Qualität der Informationen und der belastbaren Beurteilung der Gefährlichkeit einer Person, die nach einer prospektiven Analyse in Verdacht «terroristischer» Gewaltstraftaten geraten war, zu formulieren.[107] Dies betrifft Personen, die - aus welchen Gründen auch immer - bei Gelegenheit todbringende Anschläge auszuführen bereit sein können (auch als «low cost»-Terrorismus bezeichnet).[108] Die bisherigen Urteile mit Blick auf die Pflicht des Schutzes der der Bevölkerung sind derart fallspezifisch,[109] dass keine generellen Schlüsse für die Anforderungen an die Bestimmtheit von Normen und Kriterien der Gefährlichkeitsbeurteilung, die einen präventiven Freiheitsentzug als grundrechtlich zulässig ermöglichen, gezogen werden können. Abgeleitet können aber die notwendigen Voraussetzungen dafür:

  • Genügende Bestimmtheit der zu Grundrechtseinschränkungen Anlass gebenden Norm;
  • Genügende Bestimmtheit mindestens der Kategorie von Straftaten, welche der betreffenden Person zur Begehung zugeschrieben werden (Art der Gefahr);
  • Qualität der Informationen, auf welche die Gefährlichkeit der Person bezogen werden soll;
  • Rechtmässigkeit der Informationsbeschaffung;
  • Wirksames Rechtsschutzsystem.[110]

Demzufolge sind auch Verfahrensfragen einschliesslich die Beurteilung von Gefährlichkeit von ausschlaggebender Bedeutung. Diese Thematik wird im dritten Beitrag behandelt.

Festzustellen ist jedoch bereits, dass die Umschreibung von «terroristisch» nach Art. 23e BWIS weder der BV und der EMRK entspricht noch mit anderen völkerrechtlichen Definitionen übereinstimmt.



[1] Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung vom 18. September 2015 (BBl 2015 7487).

[2] Bundesgesetz vom 25. September 2020 über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT; BBl 2020 7741).

[3] Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit vom 21. März 1997 (BWIS; SR 120).

[4] Botschaft vom 22. Mai 2019 zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (BBl 2019 4751), S. 4860 ff.

[5] Bundesbeschluss vom 25. September 2020 über die Genehmigung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus (BBl 2020 7891); Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus vom 16. Mai 2005 (BBl 2018 6541); Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus vom 22. Oktober 2015 (BBl 2018 6559).

[6] Markus Mohler, Dem PMT-Gesetz fehlt die Verfassungsgrundlage, sui generis 2021, S. 61 ff. (zit. Beitrag I).

[7] Mohler, Beitrag I (Fn. 6), N 38.

[8] Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101). Vgl. Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung (BBl 1997 I 1), S. 227.

[9] Daniel Moeckli, Sicherheitsverfassung, in: Diggelmann / Hertig Randall / Schindler (Hrsg.), Verfassungsrecht der Schweiz, Bd. 3, Zürich 2020, VIII. 8 N 2 (zit. Verfassungsrecht 2020).

[10] Eva Maria Belser, Basler Kommentar zur Bundesverfassung, Basel 2015, Art. 2 N 10 f. (zit. BSK BV-BearbeiterIn); Bernhard Ehrenzeller, St. Galler Kommentar zur Bundesverfassung, 3. Aufl., Zürich 2014, Art. 2 N 18 (zit. SGK BV-BearbeiterIn); Matthias Mahlmann, Schutz der Verfassung, in: Verfassungsrecht 2020 (Fn. 9), N 21 ff.; SGK BV-Schweizer/Mohler, Vorbemerkungen zur Sicherheitsverfassung N 17.

[11] BSK BV-Belser, Art. 2 N 10; Mahlmann (Fn. 10), N 21 ff.

[12] Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, abgeschlossen in Rom am 4. November 1950 (EMRK; SR 0.101).

[13] Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, abgeschlossen in New York am 16. Dezember 1966 (UNO-Pakt II; SR 0.103.2).

[14] Im Urteil des EGMR 74448/12 vom 18. September 2014 (Bljakaj u.a. gegen Kroation), § 104, hat er festgehalten: «Article 2 may also imply in certain well defined circumstances a positive obligation on the authorities to take preventive operational measures to protect an individual whose life is at risk from the criminal acts of another individual» (Hervorhebung hier).

[15] Urteil des EGMR 28634/06 vom 15. Dezember 2009 (Maiorano u.a. gegen Italien), § 106.

[16] Urteil des EGMR 46598/06 vom 15. Januar 2009 (Branco Tomašić u.a. gegen Kroatien), § 51 f. (Hervorhebung hier); Urteil des EGMR 62439/12 vom 17. September 2020 (Kotilainen u.a. gegen Finnland), § 69.

[17] Urteil des EGMR [GK] 37703/97 vom 24. Oktober 2002 (Mastromatteo gegen Italien), § 74 (Hervorhebung hier).

[18] EGMR, Maiorano (Fn. 15), § 121 (Hervorhebung hier).

[19] EGMR, Bljakaj (Fn. 14), § 121; EGMR, Maiorano (Fn. 15), § 107. Vgl. dazu Christoph Grabenwarter / Katharina Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 6. Aufl., München 2016, § 20 N 22.

[20] So auch Council of Europe, Recommendation CM/Rec(2018)6 of the Committee of Ministers to member States on terrorists acting alone vom 4. April 2018., Ziff. 16 ff. Vgl. Kastriot Lubishtani / Hadrien Monod, Mesures policières de lutte contre le terrorism, Sicherheit & Recht 1/2020, S. 27.

[21] Vgl. Urteil des EGMR 37138/14 vom 12. Januar 2016 (Szabó und Vissy gegen Ungarn), § 68.

[22] Giovanni Biaggini, Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl., Zürich 2017, Art. 5 BV N 2; Markus Mohler, Polizeiberuf und Polizeirecht im Rechtsstaat, Bern 2020, S. 9 (zit. Mohler, Polizeiberuf); Johannes Reich, Verhältnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, in: Verfassungsrecht 2020 (Fn. 9), Bd. 1, II. 3, N 2; SGK BV-Schindler, Art. 5 N 8.

[23] Reich (Fn. 22), N 2.

[24] BGE 143 I 1 E. 3.3 («Una norma è arbitraria […] appare priva di senso o di scopo»), m.w.N.

[25] Markus H.F. Mohler, Grundzüge des Polizeirechts in der Schweiz, Basel 2012, N 633; Ders., Polizeiberuf (Fn. 22), S. 30 ff.

[26] René Rhinow, Schlusswort, in: Peters/Schefer (Hrsg.), Grundprobleme der Auslegung aus Sicht des öffentlichen Rechts, Bern 2004, S. 96.

[27] Vgl. Mohler, Polizeiberuf (Fn. 22), S. 15 (am Beispiel von Grundrechtsartikeln in der russischen Verfassung, die mit den schweizerischen durchaus vergleichbar sind, in der Praxis aber konträre Bedeutung erlangen).

[28] Zur Legitimität von Normen s. Matthias Mahlmann, Rechtsphilosophie und Rechtstheorie, 6. Aufl., Baden-Baden 2021, § 28, N 8 ff.

[29] Art. 5 Ziff. 1 EMRK; BGE 144 I 126 E. 5.1; Urteil des EGMR 13237/17 vom 20. März 2018 (Mehmet Hasan Altan gegen Türkei), § 137.

[30] Vgl. BGE 140 I 2 E. 11.2.1 ff.; BGE 136 I 87 E. 8.3.2 ff.; statt vieler: EGMR, Mehmet Hasan Altan (Fn. 29), § 137; Reich (Fn. 22), N 2 m.w.H.

[31] Vgl. Mahlmann, Schutz der Verfassung (Fn. 10), N 29 ff.; Mohler, Polizeiberuf (Fn. 22), S. 11 f.

[32] So in Art. 4 ff. des Konkordates über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen (bspw. AG SAR 533.100) bzw. Art. 23k, 23l, 23m E-BWIS.

[33] Mohler, Grundzüge (Fn. 25), N 388 f.; Ders., Polizeiberuf (Fn. 22), S. 40, 99. Zur Abgrenzung: Die vorläufige Festnahme ist in Art. 217 StPO geregelt (Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 [StPO; SR 312.0]).

[34] BGE 139 I 280 E. 5.1 m.w.H.; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 2C_163/2014 vom 15. Januar 2015 E. 3.3.

[36] BGE 139 I 280 E. 5.1 m.w.H.

[37] EGMR, Mehmet Hasan Altan (Fn. 29), § 137.

[38] Urteil des EGMR [GK] 39748/98 vom 17. Februar 2004 (Maestri gegen Italien), § 30.

[39] EGMR, Maestri (Fn. 38), § 30; Urteil des EGMR [GK] 43395/09 vom 23. Februar 2017 (De Tommaso gegen Italien), § 108.

[40] Urteil des EGMR [GK] 14305/17 vom 22. Dezember 2020 (Selahattin Demirtas gegen Türkei [No. 2]), § 249.

[41] EGMR, Demirtas (Fn. 40), § 275.

[42] EGMR, Demirtas (Fn. 40), § 279.

[43] EGMR, De Tommaso (Fn. 39), § 117. Siehe dazu auch nachfolgend Rz. 48, 56.

[44] Nils Melzer, UNO-Sonderberichterstatter betr. Folter, Interview in: Zeitgeschehen im Fokus vom 1. März 2021 («Das Antiterror-Gesetz schafft unberechenbare Risiken und tut nichts für die Sicherheit unseres Landes»).

[46] Mohler, Beitrag I (Fn. 6), N 27 ff.

[47] Mahlmann, Schutz der Verfassung (Fn. 10), Bd. 1, I.9, N 13 ff.; vgl. dazu Mohler, Beitrag I (Fn. 6), N 25 ff.

[48] Die verwendete männliche Form gilt für Personen aller geschlechtlichen Orientierungen.

[49] Diese wurden ausdrücklich als «Begriffe» eingeführt: Botschaft PMT (Fn. 4), S. 4768.

[53] Bundesgesetz über den Nachrichtendienst vom 25. September 2015 (NDG; SR 121).

[55] Botschaft vom 19. Februar 2014 zum Nachrichtendienstgesetz (BBl 2014 2105; zit. Botschaft NDG).

[56] Botschaft NDG (Fn. 55), S. 2158 (Hervorhebungen hier).

[58] BWIS, Fassung vom 16. Juli 2012, Art. 13a Abs. 1 lit. b Ziff. 1 (u.a. dieser Artikel wurde durch das NDG aufgehoben).

[59] Botschaft PMT (Fn. 4), S. 4784. Man beachte die in diesem Zusammenhang unterschiedliche, aber wichtige Wortwahl für dieselbe für möglich gehaltene Aktivität, zu der es kommen könnte bzw. diese erfolgen wird. Zuvor soll aufgrund der Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass die Person eine terroristische Aktivität ausübt.

[60] AB 2020 N 1114, S. 1118 f.

[61] AB 2020 N 1101, S. 1103 f., 1106 f.

[62] Botschaft PMT (Fn. 4), S. 4783; s. dazu das Zusatzprotokoll (Fn. 5).

[64] AB 2020 N 1107; Der Sprecher der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates führte in der Rundschau SRF vom 15. September 2020 aus, man habe den Gewaltbegriff weggelassen, da sonst die Propaganda oder Finanzierung von terroristischen Organisationen nicht erfasst würden (SRF vom 16. September 2020 [«Sehr weit gefasst»: EDA intervenierte wegen Anti-Terror-Gesetz]). Diese Ansicht ist schon daher verfehlt, als solche Verhaltensweisen durch entsprechende Strafbestimmungen pönalisiert werden. Näheres dazu im dritten Beitrag.

[65] Zu erinnern ist etwa an die Anstrengungen des früheren US-Präsidenten Donald Trump (Januar 2017-Januar 2021) noch vor dem Versuch, die Wahl seines Nachfolgers durch den Senat zu verhindern, mit Kampagnen die Präsidentschaftswahl und das Wahlsystem in Misskredit zu bringen, was zu einem zweiten Impeachmentverfahren führte (Congressional Record, Senate, 13. Februar 2021, Vol. 167, No. 28, S. 734 f.).

[66] A.A. Sven Zimmerlin, Das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zu Bekämpfung von Terrorismus, Sicherheit & Recht 3/2020, S. 190.

[68] Urteil des Bundesgerichts 6B_1174/2017 vom 7. März 2018 E. 3.2 m.w.H; vgl. auch BGE 136 I 87 E. 3.1.

[69] Vgl. z.B. Art. 1 Abs. 3 Loi sur la Police du canton de Genève (rs/GE F 1 05): «Sauf dispositions légales contraires, la police est chargée des missions suivantes» und lit. b: «prévenir la commission d'infractions et veiller au respect des lois […]»; § 3 Abs. 2 des Polizeigesetzes (PolG) des Kantons Zürich (ON 550.1): «Sie trifft insbesondere Massnahmen zur a) Verhinderung und Erkennung von Straftaten, […]».

[70] BGE 139 I 280 E. 5.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_1174/2017 vom 7. März 2018 E. 3.2.

[71] EGMR, De Tommaso (Fn. 39), § 117 (Hervorhebung hier).

[73] Vgl. Mohler, Beitrag I (Fn. 6), N 27 ff.

[73] Vorstehend, Rz. 16; Biaggini, OFK-BV (Fn. 22), Art. 36 N 11 f.; BSK BV-Epiney, Art. 36 N 35; SGK BV-Schweizer, Art. 36 N 24.

[74] Vgl. dazu Giovanni Biaggini, Verfassungsrechtliche Abklärung betreffend die Teilrevision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (Vorlage «BWIS»), Gutachten, VPB 4/2009: In Bezug auf die Bestimmtheit forderte der Gutachter einekonkrete Gefährdung (S. 289), hielt jedoch die Umschreibung für die Informationsbeschaffung durch den Nachrichtendienst für genügend bestimmt. A.A. wohl Zimmerlin (Fn. 66), S. 190, der jedoch den Unterschied zwischen nachrichtlicher Informationsbeschaffung und polizeirechtlichen physischen Freiheitsbeschränkungen auszublenden scheint.

[75] Botschaft PMT (Fn. 4), S. 4783; Vgl. Fn. 5.

[76] Vgl. Fn. 62.

[77] Aus Platzgründen werden nur die SR-Ziffern angeführt: SR 0.748.710.2, Art. 1 Abs. 1; SR 0.748.710.3, Art. 1; SR 0.351.5, Art. 2; SR 0.351.4, Art. 1; SR 0.732.031, Art. 7 Ziff. 1 lit. f; SR 0.748.710.31 Prot. zu SR 0.748.710.3; SR 0.747.71, Art. 3; SR 0.747.711, Art. 2; SR 0.353.21, Art. 2; SR 0.353.22, Art. 2 mit Bezug auf die gleichen Verträge, SR 0.353.23, Art. 2 (die beiden auf nukleare Sachverhalte bezogenen Verträge SR 0.732.031 und SR 0.353.23 nennen zusätzlich auch andere als unmittelbar Gewalt anwendende strafbare Verhaltensweisen). In Art. 3 Abs. 1 des Zusatzprotokolls (Fn. 5) heisst es: «Gebrauch von Sprengstoffen, Feuer- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen oder in anderen spezifischen Methoden oder Verfahren mit dem Ziel, eine terroristische Straftat zu begehen».

[79] UN Security Council S/RES/1566 (2004), Ziff. 3.

[80] «Mandats des Rapporteuses spéciales sur la promotion et la protection des droits de l'homme et des libertés fondamentales dans la lutte antiterroriste, sur les exécutions extrajudiciaires, sommaires ou arbitraires; des Rapporteurs spéciaux sur la promotion et la protection du droit à la liberté d'opinion et d'expression, sur la liberté de religion ou de conviction et sur la torture et autres peines ou traitements cruels, inhumains ou dégradants», Brief der Rapporteurs vom 26. Mai 2020.

[82] Der Hinweis auf Art. 260sexies StGB geht insofern fehl, als dieser Tatbestand viel enger gefasst ist als die in Art. 23e BWIS mitgemeinten «Aktivitäten» (vgl. Botschaft PMT [Fn. 4], S. 4787).

[85] Fn. 64.

[87] Urteil des EGMR 11152/84 vom 22. Februar 1989 (Ciulla gegen Italien), § 36; Urteil des EGMR [GK] 35553/12 vom 22. Oktober 2018 (S.V. und A. gegen Dänemark), § 80. Gleich: Andreas Donatsch, Rechtsgutachten betr. Umgang mit gefährlichen Personen - Mögliche gesetzgeberische Lösungen auf Stufe Bund und Kantone, 4. April 2019 (zit. Donatsch, Gutachten), N 45 ff., und Ders., Ergänzendes Rechtsgutachten, 24. April 2019 (zit. Donatsch, Erg. Gutachten), N 58 f.

[88] Vgl. dazu Grabenwarter/Pabel (Fn. 19), § 21 N 28.

[89] Urteil des EGMR 60202/15 vom 6. Oktober 2020 (I.S. gegen Schweiz), § 43; EGMR, S.V. und A. (Fn. 87), § 81.

[90] EGMR, Ciulla (Fn. 87), § 38; Urteil des EGMR 15598/08 vom 7. März 2013 (Ostendorf gegen Deutschland), § 66. Mark E. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., Zürich 2020, N 410.

[91] Vgl. Donatsch, Gutachten (Fn. 87), N 50, und Ders., Erg. Gutachten (Fn. 87), N 61.

[94] Art. 224 StPO. Angefügt sei, dass die Eingrenzung auf eine Liegenschaft nicht als Ersatzmassnahme i.S.v. Art. 224 Abs. 3 StPO gelten kann, da diese wiederum auf einen Freiheitsentzug hinausläuft. Vgl. dazu BGE 143 IV 9 E. 2.2.

[95] SGK BV-Schweizer, Art. 36 N 6. Näheres zu Verfahrensfragen im dritten Beitrag.

[96] Gleich: Art. 6 Abs. 1 UNO-Pakt II (Fn. 13).

[97] EGMR, I.S. (Fn. 89), § 56 (Hervorhebung hier). Was unter «atteinte importante aux biens» oder «significant material damage» zu verstehen sei, hat der EGMR, soweit ersichtlich, bisher nicht genauer eingegrenzt, jedoch mit Bezug auf Argumente der Regierung der Bundesrepublik Deutschlands auf konkrete und aktuelle massive Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, namentlich bei Massenveranstaltungen oder Gegendemonstrationen (EGMR, Ostendorf [Fn. 90], § 88 [Hooliganismus, bezogen auf ein bestimmtes Fussballspiel]), hingewiesen.

[98] Urteil des EGMR 72939/16 vom 3. Dezember 2019 (I.L. gegen Schweiz), § 38.

[99] EGMR, De Tommaso (Fn. 39), § 117.

[100] EGMR, De Tommaso (Fn. 39), § 55 (S. 13), in Bestätigung eines Urteils des italienischen Verfassungsgerichts.

[101] EGMR, De Tommaso (Fn. 39), § 27, in Bestätigung eines Appellationsgerichtsurteils.

[102] EGMR, Kotilainen (Fn. 16), § 80. Hinweis: Dies bezieht sich auf die Einschätzungen von Verhaltensweisen betr. präventive Massnahmen, nicht aber auf Beurteilungen durch ein Strafgericht (vgl. z.B. Urteil des Bundesstrafgerichts SK.2015.45 vom 18. März 2016).

[103] Botschaft BV (Fn. 8), S. 134; BGE 144 I 193 E. 7.4.5; Markus Müller, Verhältnismässigkeitsprinzip - Gedanken zu einem Zauberwürfel, Bern 2013, S. 73 i.V.m. 23 f. (gerade mit Blick auf den prognostischen Anteil des Prüfverfahrens); Bernhard Rütsche, Verhältnismässigkeit, in: Verfassungsrecht 2020 (Fn. 9), Bd. 2, IV. 7, N 23; SGK BV-Schindler, Art. 5 N 49.

[104] Statt vieler: BSK BV-Epiney, Art. 5 N 70; SGK BV-Schindler, Art. 5 N 50; Mohler, Polizeiberuf (Fn. 22), S. 41.

[105] Vgl. Markus Mohler, Entscheiden gewaltandrohende Extreme über die Versammlungsfreiheit?, Sicherheit & Recht 1/2021, S. 12 ff.

[106] So z.B. EGMR, Demirtas (Fn. 40), § 275.

[107] S. dazu Mohler, Beitrag I (Fn. 6), N 27 ff.

[108] Zu erinnern ist etwa an die Anschläge in Nizza (Promenade, 14. Juli 2016), London (Westminsterbridge, 22. März 2017), Strassburg (Weihnachtsmarkt, 11. Dezember 2018), Christchurch (15. März 2019), Halle (9. Oktober 2019) und Wien (Innerstadt, 2. November 2020).

[109] Z.B. EGMR, Kotilainen (Fn. 16), § 70; Urteil des EGMR [GK] 23458/02 vom 24. März 2011 (Giuliani und Gaggio gegen Italien), § 247; EGMR, Mastromatteo (Fn. 17), § 69,

[110] EGMR, De Tommaso (Fn. 39), § 27; EGMR, Demirtas (Fn. 40), § 275.