Der vorliegende Beitrag diskutiert in kritischer Auseinandersetzung mit den
bundesgerichtlichen Erwägungen die folgenden Fragen: Ist das
Heilmittelgesetz auf die Verschreibung von NaP für eine suizidwillige
gesunde Person anwendbar (Kap. II)? Gehen die Verschreibungsregeln des
Betäubungsmittelgesetzes denjenigen des Heilmittelgesetzes vor (Kap.
III)? Ist die Verschreibung von NaP für eine gesunde Person zum Zweck
des Suizids nach Betäubungsmittelgesetz verboten und damit strafbar
(Kap. IV)? Die Antworten auf diese Fragen werden abschliessend in einen
rechtspolitischen Kontext gesetzt (Kap. V).
II. Anwendbarkeit des Heilmittelgesetzes
Das Heilmittelgesetz gilt für den Umgang mit Heilmitteln, d.h. mit
Arzneimitteln und Medizinprodukten (Art. 2 Abs. 1 lit. a HMG). Der
Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst gemässArt. 2 Abs. 1 lit. b HMG auch Betäubungsmittel, soweit sie als Heilmittel verwendet werden
(ebenso Art. 1b Satz 1 BetmG).
Das Sterbemittel NaP ist ein psychotroper Stoff[7], der denselben Regeln untersteht wie Betäubungsmittel, soweit das
Gesetz nichts anderes vorsieht (Art. 2b BetmG). Das
Heilmittelgesetz ist demzufolge auf den Umgang mit NaP anwendbar, soweit
dieses als Arzneimittel verwendet wird. Die Anwendbarkeit des
Heilmittelgesetzes hängt somit davon ab, ob die Verwendung von NaP zum
Zweck des Suizids unter den Begriff des Arzneimittels fällt.
Arzneimittel sind laut Art. 4 Abs. 1 lit. a HMG
«Produkte chemischen oder biologischen Ursprungs, die zur
medizinischen Einwirkung auf den menschlichen oder tierischen Organismus
bestimmt sind oder angepriesen werden, insbesondere zur Erkennung,
Verhütung oder Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und
Behinderungen».
Das Bundesgericht erachtete es in verschiedener Hinsicht als zweifelhaft,
ob im Fall einer Verschreibung von NaP für eine gesunde Person zum
Zweck des Suizids (sog. Bilanzsuizid) die Definition des Arzneimittels
gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. a HMG
erfüllt ist (E. 1.5.2): Zunächst werde damit nicht das in dieser
Bestimmung genannte Ziel der Erkennung, Verhütung oder Behandlung von
Krankheiten, Verletzungen und Behinderungen verfolgt. Die Anwendung des
Mittels beruhe mithin auf keiner medizinischen Indikation[8]. Dabei sei hervorzuheben, dass Swissmedic bis heute kein Humanarzneimittel
zugelassen hat, welches NaP enthält. Die Tatsache, dass NaP nicht zur
Erkennung, Verhütung oder Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und
Behinderungen, sondern zum Zweck des Suizids verwendet wird, stehe zwar
gemäss einem Bericht des Bundesrates von 2011 der Qualifikation als
Arzneimittel nicht entgegen[9]. Im Fall einer Abgabe von NaP als Sterbemittel an eine gesunde Person
könne jedoch selbst im weiten Sinn nicht von einem Behandlungsziel die
Rede sein, welches darin bestehen würde, die von einer Krankheit
verursachten Leiden zu beenden. Dementsprechend sei die Suizidhilfe
gemäss Standesrecht auch keine medizinische Tätigkeit, zu welcher
Ärztinnen und Ärzte verpflichtet seien; vielmehr liege es
in deren freier Entscheidung, ob sie Suizidhilfe leisten wollen[10]. Ergänzend bemerkt das Bundesgericht, dass die Verschreibung einer
tödlichen Substanz für eine gesunde Person keine medizinischen
oder pharmakologischen Kenntnisse verlange, sondern eine Frage der Ethik
und der Moral sei.
Aus diesen Erwägungen des Bundesgerichts könnte gefolgert werden,
dass zwar die Verschreibung von NaP für physisch oder psychisch
Kranke - nicht aber für Gesunde - als Verwendung eines Arzneimittels
gilt. Für diese Interpretation spricht vor allem der Hinweis des
Bundesgerichts auf das Kriterium der medizinischen Indikation. Wenn
die Anwendung von Arzneimitteln begriffsnotwendig eine medizinische
Indikation voraussetzt[11], ist die Verschreibung von NaP für Gesunde von vornherein keine
Verwendung eines Arzneimittels. Art. 4 Abs. 1 lit. a HMG spricht
jedoch nicht von «medizinischer Indikation», sondern von
«medizinischer Einwirkung». Dieser Begriff ist im Sinne einer
pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkung eines Stoffs
auf den Organismus von Mensch oder Tier zu verstehen[12]. Der in Art. 4 Abs. 1 lit. a HMG
genannte Zweck der medizinischen Einwirkung - die «Erkennung,
Verhütung oder Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und
Behinderungen» - ist gemäss Wortlaut («insbesondere»)
nicht abschliessend gemeint. So fallen gemäss Botschaft[13]
und Zulassungspraxis von Swissmedic[14]
auch Mittel, deren Anwendung keine medizinische Indikation voraussetzt,
unter den Arzneimittelbegriff, wie z.B. Mittel zur Empfängnisregelung
oder Vitaminpräparate.
Daraus kann geschlossen werden, dass Arzneimittel nicht zwingend eine
medizinische Indikation zur Behebung eines pathologischen Zustands
voraussetzen, sondern dass generell ein Zustand genügt, welcher aus
subjektiver Sicht als unerwünscht empfunden wird und mithilfe eines
pharmakologisch wirkenden Mittels vermieden oder überwunden werden
soll. Diese Auslegung des Arzneimittelbegriffs wird dadurch bestätigt,
dass das Heilmittelgesetz die Personen, die Arzneimittel verwenden, an
verschiedenen Stellen sowohl als «Patientinnen und Patienten» als
auch als «Konsumentinnen und Konsumenten» bezeichnet (z.B. Art. 1 Abs. 2 lit. a und Art. 26 Abs. 2 HMG).
Arzneimittel sind demnach Produkte chemischen oder biologischen Ursprungs,
die dazu bestimmt sind oder angepriesen werden, mittels pharmakologischer
Einwirkung auf den Organismus einen pathologischen oder sonst wie
unerwünschten Zustand zu erkennen, zu vermeiden oder zu beheben. Davon
ausgehend lässt sich auch die Verschreibung von NaP für eine
gesunde urteilsfähige Person, die sich nach reiflicher Überlegung
für einen Bilanzsuizid entschieden hat, durchaus als Anwendung eines
Arzneimittels qualifizieren. Das bedeutet, dass die Verschreibung von NaP
zum Zweck des Suizids unabhängig davon, ob bei der sterbewilligen
Person eine Krankheit diagnostiziert ist, als Verschreibung eines
Arzneimittels im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a HMG zu
qualifizieren ist.
Das Bundesgericht prüfte die Anwendbarkeit des Heilmittelgesetzes
einzig nach Art. 2 Abs. 1 lit. b HMG
(Betäubungsmittel, «soweit sie als Heilmittel verwendet
werden»). In Betracht fällt indessen auch eine Anwendbarkeit des
Gesetzes aufgrund von Art. 2 Abs. 1 lit. a HMG («Umgang mit Arzneimitteln»). Dies insofern, als Swissmedic NaP
als Tierarzneimittel mit der Indikation der Euthanasie von Pferden,
Rindern, Hunden, Katzen, Kaninchen und Nagetieren zugelassen hat[15]. Eine Anwendung im Rahmen der Suizidhilfe liesse sich demnach als
Off-Label-Use (Anwendung ausserhalb der von Swissmedic genehmigten
Fachinformation) hinsichtlich Adressat (Mensch anstelle von Tier) und
Dosierung qualifizieren. Mit dieser Begründung wäre das
Heilmittelgesetz unabhängig davon anwendbar, ob NaP im Rahmen der
Suizidhilfe im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. b HMG «als
Heilmittel verwendet» wird.
III. Vorrang des Betäubungsmittelgesetzes
Das Bundesgericht liess die Frage, ob der Arzneimittelbegriff erfüllt
und deswegen das Heilmittelgesetz an sich anwendbar wäre, am Ende
offen, weil auf die Verschreibung von NaP ohnehin die strengeren Regeln des
Betäubungsmittelgesetzes als lex specialis anwendbar seien
(E. 1.5.2). Das Bundesgericht stützte sich dabei auf Art. 1b Satz 2 BetmG,
wonach die Bestimmungen dieses Gesetzes anwendbar sind, «soweit das
Heilmittelgesetz keine oder eine weniger weit gehende Regelung
trifft». In Bezug auf die Verschreibung von Betäubungsmitteln
treffe das HMG eine weniger weit gehende Regelung bzw. sei die Regelung des
Betäubungsmittelgesetzes strenger.
Die strengeren Verschreibungsregeln des Betäubungsmittelgesetzes
untermauerte das Bundesgericht mit zwei Beispielen. So dürfen
gemäss Art. 46 Abs. 1 BetmKV
Ärztinnen und Ärzte Arzneimittel mit kontrollierten Substanzen
nur für Patientinnen und Patienten verschreiben, die sie selber
untersucht haben, während gemäss Art. 26 Abs. 2 HMG ein
Arzneimittel verschrieben werden darf, wenn der Gesundheitszustand der
Konsumentin bzw. des Patienten bekannt ist. Weiter darf kraft Art. 48 BetmKV die verschriebene
Menge eines Betäubungsmittels nicht über den Bedarf für die
Behandlung während einem Monats hinausgehen. Wenn es die Umstände
rechtfertigen, kann eine Menge verschrieben werden, die für die
Behandlung während höchstens sechs Monaten ausreicht, wobei die
verschreibende Ärztin in diesem Fall die genaue Dauer der Behandlung
auf dem Rezept anzugeben hat. Im Heilmittelgesetz fehlt eine entsprechende
Begrenzung der zulässigen Verschreibungsmenge. Das Bundesgericht kam
daher zum Schluss, dass eine Verurteilung des Beschwerdeführers
aufgrund von Art. 26 Abs. 1 i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. a HMG
ausgeschlossen sei, weil das fragliche Verhalten - die Verschreibung von
NaP an eine gesunde Person zum Zweck des Suizids - vom Heilmittelgesetz
nicht erfasst sei (E. 1.6).
Zunächst erstaunt, dass das Bundesgericht in seiner bisherigen
Rechtsprechung zur Verschreibung und Abgabe von NaP zwecks Suizids[16]
das Verhältnis zwischen dem Heilmittelgesetz und dem
Betäubungsmittelgesetz nie geklärt hat, obwohl es hierzu
Gelegenheit hatte[17]. Vorliegend hat das Bundesgericht festgehalten, dass das
Betäubungsmittelgesetz vorgeht. Der bundesgerichtlichen Argumentation
ist im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zuzustimmen. Zwar trifft
zu, dass die Verschreibungsregeln des Heilmittelgesetzes
weniger weit gehen als diejenigen des
Betäubungsmittelgesetzes[18], doch stehen die erwähnten zwei Punkte (eigene Untersuchung,
Monatsration) hier nicht im Vordergrund. Ob das
«Heilmittelgesetz keine oder eine weniger weit gehende
Regelung trifft»
(Art. 1b Satz 2 BetmG),
muss vielmehr mit Blick auf die im konkreten Fall in Frage stehende
Strafbarkeit des Genfer Arztes beurteilt werden. Zu vergleichen sind somit
die strafrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der
beiden Gesetze.
Die angedrohten Rechtsfolgen sind identisch[19]. In beiden Gesetzen wird eine Vergehensstrafe (Art. 10 Abs. 3 StGB) angedroht:
Nach Art. 20 Abs. 1 lit. d BetmG
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer
als Medizinalperson Betäubungsmittel anders als nach Art. 11 BetmG verwendet oder
abgibt. Nach Art. 86 Abs. 1 lit. a HMG wird mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft, wer vorsätzlich Arzneimittel entgegen den in Art. 26 HMG statuierten
Sorgfaltspflichten verschreibt.
Der Vergleich der zentralen Verschreibungsregeln der beiden Gesetze - Art. 26 Abs. 1 HMG und Art. 11 Abs. 1 BetmG - zeigt, dass
die Tatbestandsvoraussetzungen des
Betäubungsmittelgesetzes strenger sind. So dürfen Ärztinnen
und Ärzte nach Art. 11 Abs. 1 BetmG
Betäubungsmittel nur in dem Umfange verwenden, abgeben und verordnen,
«wie dies nach den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaften notwendig ist»[20]. Weniger weit geht demgegenüber Art. 26 Abs. 1 HMG, wonach bei der
Verschreibung, Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln «die
anerkannten Regeln der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaften beachtet werden»[21]
müssen. Der Unterschied dieser beiden Verschreibungsregeln zeigt
sich namentlich dann, wenn die anerkannten Regeln der medizinischen
Wissenschaften oder die - vom Bundesrat gestützt auf Art. 26 Abs. 2bis lit. a HMG
konkretisierten - Sorgfaltspflichten der Ärztin oder dem Arzt bei der
Verschreibung eines bestimmten Mittels einen Entscheidungsspielraum
belassen und medizinisch gleichwertige Alternativen
existieren. In solchen Fällen wäre die Verschreibung
eines Betäubungsmittels nicht notwendig und stünde damit im
Widerspruch zu Art. 11 Abs. 1 BetmG, während
die Verschreibung eines Arzneimittels durchaus im Einklang mit Art. 26 Abs. 2 HMG stehen
würde.
Die bundesgerichtliche Schlussfolgerung, dass sich die Verschreibung von
NaP zum Zweck des Suizids ausschliesslich nach den Verschreibungsregeln des
Betäubungsmittelgesetzes richtet, muss unabhängig davon gelten,
ob sich die Verschreibung an eine gesunde oder kranke Person richtet: Die
Verschreibungsregeln des Betäubungsmittelgesetzes sind generell
strenger als diejenigen des Heilmittelgesetzes. Deshalb ist jede
Verschreibung von NaP zur Begehung von Suizid ausschliesslich nach Betäubungsmittelgesetz zu beurteilen[22].
IV. Strafbarkeit nach Betäubungsmittelgesetz?
Das Bundesgericht hat seine Begründung mit der Feststellung
abgebrochen, dass eine Verurteilung des Beschwerdeführers auf der
Grundlage von Art. 26 Abs. 1
i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. a HMG
wegen der Verschreibung einer tödlichen Substanz an eine gesunde,
urteilsfähige und sterbewillige Person ausgeschlossen sei (E. 1.6).
Die kantonale Vorinstanz werde zu prüfen haben, ob der
Beschwerdeführer aufgrund des Betäubungsmittelgesetzes verurteilt
werden kann (E. 2.).
Damit bleibt offen, inwieweit die Verschreibung von NaP zum Zweck des
Suizids nach Betäubungsmittelgesetz strafbar ist. Die
Strafbarkeit hängt davon ab, ob eine solche Verschreibung im Sinne von Art. 11 Abs. 1 BetmG «nach
den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaften notwendig
ist». Verletzt ein Arzt diese Vorschrift, wird er gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. e BetmG mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Die Anwendung von Art. 11 Abs. 1 BetmG auf die
Verschreibung von NaP im Rahmen der Suizidhilfe wirft schwierige
Auslegungsfragen auf. Nach einem Hinweis auf die
Entstehungsgeschichte der Bestimmung (1.) wird im Folgenden gefragt,
inwieweit zur Verschreibung von NaP «anerkannte Regeln der
medizinischen Wissenschaften» existieren (2.). Falls solche
anerkannten Regeln existieren, ist weiter zu klären, ob eine
Verschreibung von NaP zwecks Suizids nach diesen Regeln
«notwendig» ist (3.).
1. Entstehungsgeschichte
Vorweg ist festzuhalten, dass sich aus einer historischen Auslegung von Art. 11 Abs. 1 BetmG keine
Anhaltspunkte gewinnen lassen: Die Bestimmung findet sich bereits in der
Fassung des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel vom 3.
Oktober 1951[23]. Sie entspricht dem Zweck internationaler Abkommen, die Herstellung und
Verwendung der Betäubungsmittel auf den wissenschaftlichen und
medizinischen Bedarf zu beschränken[24]. Die Botschaft erwähnt namentlich Opium, Morphin und Diazetylmorphin
(Heroin) mit den jeweiligen Salzen, ohne zu definieren, was mit
medizinischem Bedarf gemeint ist[25]. Aus den zur Zeit der Entstehung des Gesetzes praktizierten
Verwendungen von Betäubungsmitteln kann indessen nicht e contrario
geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine Verwendung im Rahmen der
Suizidhilfe ausschliessen wollte. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber zu
dieser Frage nicht geäussert. Der Einsatz von Betäubungsmitteln
für medizinische Zwecke hat sich seit Erlass des Gesetzes ohnehin
ausgeweitet. Gegenwärtig anerkannte medizinische
Anwendungsgebiete von Betäubungsmitteln sind vor allem die
Anästhesie sowie die Behandlung von Schmerzen, Schlafstörungen
oder bestimmten psychischen Störungen[26].
2. Anerkannte Regeln
Die Anwendung von Art. 11 Abs. 1 BetmG verlangt
zuerst die Beantwortung der Frage, was «anerkannte Regeln der
medizinischen Wissenschaften» sind. Dieser unbestimmte
Rechtsbegriff findet sich nicht nur in Art. 11 Abs. 1 BetmG, sondern auch
in Art. 26 Abs. 1 HMG. Die
kantonale Vorinstanz hatte den Schuldspruch der Erstinstanz mit der
Begründung bestätigt, dass der Beschwerdeführer die im
Zeitpunkt der Tathandlung massgebenden medizinisch-ethischen Richtlinien
der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) von
2004 betreffend die «Betreuung von Patientinnen und Patienten am
Lebensende»[27]
nicht eingehalten und damit seine Sorgfaltspflichten verletzt habe[28].
Die Vorinstanz ist demzufolge davon ausgegangen, dass die Richtlinien der
SAMW «anerkannte Regeln der medizinischen Wissenschaften»
darstellen. Das Bundesgericht bezeichnete in seinem Grundsatzurteil zur
Suizidhilfe von 2006 die damaligen Richtlinien der SAMW betreffend die
Betreuung von Patientinnen und Patienten am Lebensende als anerkannte
medizinische «Berufsregeln» ― nicht aber als anerkannte
Regeln der medizinischen Wissenschaften[29]. In einem nicht amtlich publizierten Urteil von 2010 hielt das
Bundesgericht negativ fest, dass die an keiner (tödlich verlaufenden)
Krankheit leidende Beschwerdeführerin die Voraussetzungen der
Richtlinien der SAMW betreffend die Betreuung von Patientinnen und
Patienten am Lebensende nicht erfülle und auch aus diesem Grund von
der Ärzteschaft oder dem Staat nicht verlangen könne, durch die
Abgabe von NaP für den von ihr gewünschten Tod zu sorgen[30]. In einem weiteren Urteil von 2016 stellte das Bundesgericht klar, dass
das Gesetz im Bereich der Suizidhilfe nicht direkt auf die Richtlinien der
SAMW verweise und das Gericht daher nicht an diese gebunden sei; da es sich
um einen sensiblen Bereich handle, sei die Perspektive der medizinischen
Fachpersonen und ihrer Ethikkommission dennoch wichtig[31].
Aus der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich damit
nicht herleiten, dass die Richtlinien der SAMW im Bereich der Suizidhilfe
als anerkannte Regeln der medizinischen Wissenschaften im Sinne von Art. 11 Abs. 1 BetmG und Art. 26 Abs. 1 HMG gelten. In eine
andere Richtung deutet demgegenüber der folgende Satz im vorliegenden
Urteil (E. 1.6): «Le fait que les dispositions de la LPTh renvoient
aux règles émanant de l'ASSM et de la FMH, à savoir des
règles non contraignantes et d'origine privée (cf. arrêt
CourEDH Gross contre Suisse du 14 mai 2013 précité), ne change
rien aux observations qui précèdent, dès lors que le
comportement du recourant n'est pas appréhendé par cette
loi.» Das Bundesgericht scheint somit davon auszugehen, dass das
Heilmittelgesetz auf die Richtlinien der SAMW und der FMH verweist. Diese
Bemerkung steht indessen singulär da, ist nicht begründet und
fügt sich nicht ein in die bisherige Rechtsprechung zur Frage, ob die
Richtlinien der SAMW als anerkannte Regeln der medizinischen Wissenschaften
gelten. Die Aussage, dass für die Verschreibung von Arzneimitteln bzw.
Betäubungsmitteln die Richtlinien der SAMW massgebend sind, wäre
von grundsätzlicher Bedeutung und hätte eine eingehende
Erörterung verlangt. Nicht nur fehlt eine solche Begründung, das
Bundesgericht setzt sich damit auch in Widerspruch zur
vorangegangenen Erwägung 1.5.2, wonach die Anwendbarkeit des
Heilmittelgesetzes offenbleiben könne. Dem zitierten Satz in den
Schlussfolgerungen kommt deshalb kein präjudizielles Gewicht zu.
Zu diskutieren sind vorliegend die medizinisch-ethischen Richtlinien der
SAMW zum «Umgang mit Sterben und Tod» von 2018[32]. Die Richtlinien wurden von der SAMW 2021 angepasst und in der Folge von
der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) in die
Standesordnung übernommen[33]. In Ziff. 6.2.1 definieren die Richtlinien die Voraussetzungen, unter
denen ärztliche Beihilfe bei der Verwirklichung des Suizidwunschs
«medizin-ethisch vertretbar»[34]
ist. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Suizidhilfe zulässig
sein soll, ist indessen keine medizinische, sondern eine ethisch-normative
Frage. Die Tatsache, dass sich die SAMW auch solcher ethischen Fragen
annimmt und medizin-ethische Richtlinien verabschiedet, macht die
Frage der Zulässigkeit von Suizidhilfe nicht zu einer Frage der medizinischen Wissenschaften. Soweit die SAMW in ihren Richtlinien
die normativen Voraussetzungen und Grenzen der Suizidhilfe
definiert, kann folglich von anerkannten Regeln der medizinischen
Wissenschaften im Sinne von Art. 11 Abs. 1 BetmG nicht die
Rede sein[35]. Ansonsten würde die SAMW als private Organisation über die
rechtliche Zulässigkeit und damit über die Strafbarkeit der
Suizidhilfe entscheiden. Dies käme einem dynamischen Verweis bzw.
einer Rechtssetzungsdelegation an Private in einer wichtigen
Rechtsetzungsmaterie gleich, was verfassungsrechtlich unzulässig
wäre[36].
Die entscheidende Frage ist somit, ob für die Verschreibung und Abgabe
von NaP an suizidwillige Personen ein medizinischer Standard
existiert, der in den medizinischen Wissenschaften anerkannt ist. Die
Frage ist zu bejahen: So haben beispielsweise die Royal Dutch Medical
Association und die Royal Dutch Society for the Advancement of Pharmacy
Leitlinien für die Verwendung von NaP im Rahmen der Sterbe- und
Suizidhilfe in den Niederlanden herausgegeben[37]. In diesen Leitlinien wird - anders als in den erwähnten Richtlinien
der SAMW zum «Umgang mit Sterben und Tod» - geregelt, welches
Mittel in welcher Dosis und welcher Form zum Zweck der Sterbe- und
Suizidhilfe zu verabreichen ist. Entsprechende Regeln haben sich auch in
der Schweiz und andernorts im Rahmen der seit Jahrzehnten von
Ärztinnen und Ärzten praktizierten Suizidhilfe etabliert[38]. Diese aus Leitlinien von medizinischen Verbänden bzw.
langjähriger und einheitlicher Praxis folgenden Regeln zur
Verschreibung von NaP sind durchaus als anerkannte Regeln der
medizinischen Wissenschaften im Sinne von Art. 11 Abs. 1 BetmG zu verstehen.
Als Zwischenergebnis ist demnach festzuhalten, dass es zwar anerkannte
Regeln der medizinischen Wissenschaften zur Frage gibt, welches
Mittel in welcher Dosis und welcher Form in Rahmen der Suizidhilfe zu
verwenden ist. Diese können beigezogen werden, wenn es um die
Anwendung von Art. 11 Abs. 1 BetmG
und dem dort vorausgesetzten medizinischen Standard geht.
Soweit sich Richtlinien von medizinischen Gesellschaften jedoch zur Zulässigkeit von Suizidhilfe äussern, handelt es sich
nicht um ankannte Regeln der medizinischen Wissenschaften im Sinne
von Art. 11 Abs. 1 BetmG.
Würden die Richtlinien der SAMW zur ethischen Vertretbarkeit der
ärztlichen Suizidhilfe als anerkannte Regeln der medizinischen
Wissenschaften interpretiert, käme der SAMW die Funktion einer
privaten Schattengesetzgeberin zu. Eine solche Gesetzesinterpretation
wäre verfassungsrechtlich nicht haltbar.
3. Notwendige Verschreibung
In einem nächsten Schritt ist unter dem Gesichtspunkt von Art. 11 Abs. 1 BetmG zu fragen, ob
die Verschreibung und Abgabe von NaP an suizidwillige Personen nach den
anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaften «notwendig»
ist. Entscheidend ist dabei, mit Blick auf welches Ziel die Notwendigkeit
beurteilt wird: Ist das Ziel die rasche und schmerzlose Herbeiführung
des Todes, ist die Verschreibung von NaP im Einklang mit den Vorgaben der
anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaften notwendig. Ist das Ziel
die Behandlung einer Krankheit oder die Linderung von Schmerzen, ist
dagegen die Verschreibung von NaP nicht notwendig, da die
Herbeiführung des Todes keine «Behandlung» oder
«Therapie» darstellt. Dies unabhängig davon, ob die
sterbewillige Person krank oder gesund ist. Zwischen diesen beiden
Interpretationsvarianten liesse sich das Ziel auch dahingehend verstehen,
dass sterbewilligen Personen in einer ausweglosen Notsituation ein
menschenwürdiges Sterben ermöglicht werden soll. Zur Erreichung
dieses Ziels wäre wohl die Verschreibung von NaP an terminal oder
psychisch schwer Kranke - nicht an Gesunde - als notwendig zu
betrachten.
Der offene Begriff «notwendig» in Art. 11 Abs. 1 BetmG eröffnet
demzufolge im Kontext der Suizidhilfe ein Spektrum von Auslegungsvarianten,
je nachdem, wie das Ziel des Einsatzes von NaP definiert wird. Auf dem Weg
der juristischen Auslegung lässt sich keine weitere Klarheit gewinnen.
Auch die Rechtsprechung hilft nicht weiter. Insbesondere lässt sich
aus den Urteilen, in denen das Bundesgericht die Zulässigkeit
von Suizidhilfe für physisch oder psychisch schwer kranke Personen
bestätigt hat[39], für eine Konkretisierung von Art. 11 Abs. 1 BetmG nichts
gewinnen. Auch das vorliegend besprochene Urteil liefert keine
Anhaltspunkte, sondern stiftet in der Erwägung 1.5.3 eher
zusätzliche Verwirrung: Darin bemerkt das oberste Gericht, dass im
konkreten Fall an einer Bestrafung des Beschwerdeführers gar kein
gesundheitspolizeiliches Interesse bestehe. Denn der
Beschwerdeführer hätte - so das Bundesgericht - auch straffrei
Suizidhilfe leisten können, indem er der betroffenen Person
beispielsweise eine Waffe oder eine nicht verschreibungspflichtige Substanz
in tödlicher Menge zur Verfügung gestellt hätte.
Ob sich das Bundesgericht mit diesen Äusserungen für eine
liberale Interpretation der Verschreibungsregeln ausspricht, einen Verzicht
auf Strafverfolgung im Rahmen des Opportunitätsprinzips nahelegt oder
lediglich einen Appell an den Gesetzgeber richtet, bleibt gänzlich im
Dunkeln.
Aufgrund der Unbestimmtheit des geltenden Rechts wäre es Sache des
Gesetzgebers, Voraussetzungen und Grenzen der Suizidhilfe zu
regeln. Dies hat bereits die Kleine Kammer des EGMR in ihrem Urteil Gross
gegen Schweiz vom 14. Mai 2013 festgestellt[40]. Solange der Gesetzgeber dies unterlässt, kommt eine auf das
Betäubungsmittelgesetz gestützte Bestrafung von Ärztinnen
und Ärzten, die in Übereinstimmung mit den anerkannten Regeln der
medizinischen Wissenschaften bezüglich Substanz, Dosis und
Verabreichungsform NaP zum Zweck des Suizids verschreiben, nicht in Frage.
Dies weil sich weder Art. 11 Abs. 1 BetmG noch den
anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaften entnehmen lässt,
ob und inwieweit die Verschreibung und Abgabe von
Betäubungsmitteln bzw. psychotropen Stoffen notwendig ist.
Nach ständiger Rechtsprechung umfasst das Legalitätsprinzip nach Art. 1 StGB als Teilgehalt auch
das Bestimmtheitsgebot («nulla poena sine lege certa»)[41]. In den Worten des EGMR:
«An offence and the sanctions provided for it must be clearly
defined in the law. This requirement is satisfied where the
individual can know (…) what acts and omissions will make him
criminally liable.»[42]
Art. 11 Abs. 1
i.V.m. Art. 20 Abs. 1 lit. e BetmG
stellen die Verschreibung von NaP an suizidwillige Personen - seien sie
krank oder gesund - unter Strafe, wenn sie nicht
«nach den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaften
notwendig ist». Es wurde gezeigt, dass nicht klar ist, wann eine solche Verschreibung
notwendig ist. Eine Bestrafung gestützt auf diese Bestimmungen
würde somit das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot nach Art. 1 StGB verletzen.[43]
Das Ergebnis, dass die Verschreibung von NaP für eine suizidwillige
gesunde Person nicht nach Betäubungsmittelgesetz strafbar ist, wirft
die Frage auf, ob die relevanten Bestimmungen des - an sich anwendbaren
(vgl. vorne Kap. II) - Heilmittelgesetzes wieder aufleben. Selbst
wenn dies der Fall wäre, ergäbe sich auch aus dem
Heilmittelgesetz keine Strafbarkeit. Art. 26 Abs. 1 HMG verlangt, dass
bei der Verschreibung von Arzneimitteln die anerkannten Regeln der
medizinischen Wissenschaften beachtet werden. Dies ist der Fall,
wenn NaP als Suizidmittel in einer Dosis und Form verschrieben wird, die
dem Standard entspricht, wie er aus Leitlinien von medizinischen
Verbänden bzw. langjähriger und einheitlicher Praxis
hervorgeht.
V. Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Heilmittelgesetz auf die
ärztliche Verschreibung von NaP für kranke wie auch gesunde
suizidwillige Personen an sich anwendbar wäre (Kap. II). Da aber die
Verschreibungsregeln des Betäubungsmittelgesetzes
strenger sind, gehen diese denjenigen des Heilmittelgesetzes vor (Kap.
III). Ob die Verschreibung von NaP für Gesunde zum Zweck des Suizids
nach Betäubungsmittelgesetz strafbar ist, hängt davon ab,
ob diese gemäss Art. 11 Abs. 1 BetmG «nach
den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaften
notwendig ist». Zwar darf heute als medizinisch anerkannt
gelten, dass sich NaP zur Suizidhilfe eignet; ungeklärt ist jedoch die
Frage, inwiefern eine solche Abgabe als notwendig zu
betrachten ist. Letzteres betrifft die Zulässigkeit der Suizidhilfe.
Inwiefern die Abgabe von NaP an kranke oder gesunde Sterbewillige
zulässig sein soll, ist eine normative Frage. Diese hat der
Gesetzgeber zu regeln. Zur Beurteilung der Frage, inwieweit Suizidhilfe zulässig ist, kann deshalb nicht auf die Richtlinien der SAMW
zum «Umgang mit Sterben und Tod» abgestellt werden;
ansonsten läge eine verfassungswidrige Rechtssetzungsdelegation
an eine private Organisation in einer wichtigen Materie vor. Das Gesetz
lässt somit offen, mit Blick auf welches Ziel die Verschreibung von
Betäubungsmitteln im Sinne von Art. 11 Abs. 1 BetmG als notwendig zu beurteilen ist. Eine strafrechtliche Verurteilung von
Ärztinnen und Ärzten, die NaP an urteilsfähige gesunde
Personen zum Zweck des Suizids verschreiben, würde damit den
Bestimmtheitsgrundsatz nach Art. 1 StGB verletzen. Im
Übrigen wäre auch eine Bestrafung nach Heilmittelgesetz
ausgeschlossen, falls dieses infolge der fehlenden Strafbarkeit nach
Betäubungsmittelgesetz wieder aufleben würde. In Betracht kommt
somit allein der allgemeine Tatbestand in Art. 115 StGB, der ein
Handeln aus selbstsüchtigen Beweggründen voraussetzt (Kap.
IV).
Im Interesse der Rechtssicherheit wäre wünschbar gewesen, dass
sich das Bundesgericht zur Strafbarkeit der Verschreibung von NaP für
suizidwillige Personen nach Betäubungsmittelgesetz
geäussert hätte. Die nächste Gelegenheit zur Klärung
wird sich voraussichtlich bieten, wenn das neue Strafurteil des
zuständigen Genfer Gerichts in der vorliegenden Sache wiederum ans
Bundesgericht weitergezogen wird.
Auch aus rechtspolitischer Sicht ist es konsequent, die Verschreibung von
NaP für eine urteilsfähige Person zum Zweck des Suizids
nicht nach Heilmittel- oder Betäubungsmittelgesetz zu bestrafen:
Die Strafbarkeit der Suizidhilfe kann nicht davon abhängen, mit
welchen Mitteln die Hilfe geleistet wird, solange die Mittel geeignet sind,
das von der suizidwilligen Person gewünschte Ziel einer raschen und
schmerzfreien Herbeiführung des Todes zu erreichen. Die Suizidhilfe
wäre ohnehin nicht nach dem Heilmittel- oder
Betäubungsmittelgesetz strafbar, wenn sie mit Mitteln erfolgte, die
diesen Gesetzen nicht unterstehen, selbst wenn diese Mittel mit
grösseren Leiden verbunden wären[44]. Den Arzt ausgerechnet dann zu bestrafen, wenn er das anerkanntermassen
wirksamste und sicherste Suizidmittel verschreibt, ist
wertungswidersprüchlich.
Dem Gesetzgeber steht es frei, über Art. 115 StGB hinaus Regeln zur
Zulässigkeit der ärztlichen Suizidhilfe zu erlassen.
Parlamentarische Vorstösse zu diesem Thema werden indessen von
Bundesrat und Parlament konsequent mit der Behauptung, dass eine klare
Regelung vorliege, erledigt[45]. Wie im vorliegenden Beitrag gezeigt wurde, ist dem jedoch keineswegs so:
Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Verschreibung und
Abgabe von NaP an suizidwillige Personen nach Betäubungsmittelgesetz
strafbar ist, hat das Bundesgericht auch im besprochenen Urteil
offengelassen. Immerhin ist aus dem Urteil de lege ferenda zu
schliessen, dass es für ein Verbot der Suizidhilfe zugunsten von
urteilsfähigen gesunden Personen an einem hinreichenden
gesundheitspolizeilichen Interesse fehlt (E. 1.5.3). Die Autoren haben
dargelegt, dass eine Bestrafung bereits de lege lata
ausgeschlossen ist.
[1]
Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und
Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21).
[4]
Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0).
[5]
Im Zeitpunkt des Bundesgerichtsurteils galt noch die
ursprüngliche Fassung des Art. 86 Abs. 1 lit. a HMG
vom 15. Dezember 2000 (AS 2001 2790), die mittels
Teilrevision vom 18. März 2016 (in Kraft seit 1. Januar 2019)
präzisiert wurde; in der Sache hat diese Änderung von Art. 86 Abs. 1 lit. a HMG
auf den vorliegenden Fall keine Auswirkungen.
[6]
Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die
Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe
(Betäubungsmittelgesetz, BetmG; SR 812.121).
[7]
Art. 3 Abs. 2 lit. b
Verordnung vom 25. Mai 2011 über die
Betäubungsmittelkontrolle (BetmKV; SR 812.121.1) i.V.m. Anhang 1,
Gesamtverzeichnis der kontrollierten Substanzen der Verzeichnisse
a-d, Verzeichnis b der Verordnung des EDI vom 30. Mai 2011
über die Verzeichnisse der Betäubungsmittel, psychotropen
Stoffe, Vorläuferstoffe und Hilfschemikalien (BetmVV-EDI; SR 812.121.11).
[8]
Mit Verweis auf Thomas Eichenberger, in: Eichenberger/Jaisli/Richli
(Hrsg.), Basler Kommentar zum Heilmittelgesetz, 2. Aufl., Basel
2021, N 21 zu Art. 2 HMG (zit. BSK HMG-Bearbeiter:in); Gustav
Hug-Beeli, Kommentar zum Bundesgesetz über die
Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe, Basel 2016, N 1
zu Art. 1b BetmG.
[11]
So etwa Hug-Beeli (Fn. 8), Art. 1b N 1; Thomas Fingerhuth
/ Stephan Schlegel / Oliver Jucker (Hrsg.), BetmG Kommentar,
Betäubungsmittelgesetz mit weiteren Erlassen, 3. Aufl.,
Zürich 2016, Art. 1b N 2; BSK HMG-Eichenberger, Art.
2 N 21.
[12]
BSK HMG-Eggenberger Stöckli / Kesselring, Art. 4 N 15.
[18]
Hug-Beeli (Fn. 8), Art. 1b N 5; Thomas Gächter / Thuy
Xuan Truong, Die Rolle der Ärzteschaft in der Sterbehilfe,
insbesondere bei der Verschreibung von Natrium-Pentobarbital,
Praxis 2019/3, S. 194.
[19]
Insoweit zu pauschal Fingerhuth/Schlegel/Jucker (Fn. 11), Art. 1 b N 3.
[20]
Kursiv-Hervorhebung durch die Verfasser.
[21]
Kursiv-Hervorhebung durch die Verfasser.
[22]
Mögliche Rechtsfolgen nach Medizinalberuferecht und
ärztlichem Standesrecht (FMH-Standesordnung) werden
im vorliegenden Beitrag nicht behandelt; entsprechende Verfahren
sind im Bereich der Suizidhilfe in der Praxis selten, vgl.
Hürlimann (Fn. 16), S. 349.
[24]
Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die
Revision des Bundesgesetzes betreffend Betäubungsmittel vom 9.
April 1951 (BBl 1951 I 829), S. 842.
[26]
Hug-Beeli (Fn. 8), Art. 11 N 47.
[27]
Diese Richtlinien hat die SAMW im Jahr 2018 abgelöst durch die
medizinisch-ethischen Richtlinien zum «Umgang mit Sterben und
Tod», welche wiederum im Jahr 2021 angepasst wurden (vgl.
SAMW, Richtlinien [Fn. 10]
und die Hinweise in Fn. 33).
[30]
Urteil des Bundesgerichts 2C_9/2010 vom 12. April 2010 E. 3.1.
[32]
SAMW, Richtlinien (Fn.
10); im Zeitpunkt der Tathandlung (ärztliche Verschreibung von
NaP für eine gesunde Person) waren noch die SAMW-Richtlinien
von 2004 betreffend die «Betreuung von Patientinnen und
Patienten am Lebensende» massgebend.
[34]
Diese Formulierung wurde erst mit der am 25. November 2021
erfolgten Anpassung der ursprünglichen Version vom 17. Mai 2018
in die Richtlinien aufgenommen.
[35]
Ebenso Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt VD.2017.21 vom 6. Juli
2017 E. 5.4.6. Aus der Lehre Hürlimann (Fn. 16), S. 114 und
350; Fingerhuth/Schlegel/Jucker (Fn.
11), Art. 11 N 11; Laura Pultrone, Prävention und individuelle
Freiheit / Rezeptierung von NaP für die Suizidbeihilfe, in:
Coninx/Ege/Mausbach (Hrsg.), Prävention und freiheitliche
Rechtsordnung, Analysen und Perspektiven von Assistierenden des
Rechtswissenschaftlichen Instituts der Universität
Zürich, Zürich et al. 2017, S. 187 ff.; Patrick Schaerz,
Strafgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht,
ES.2011.210, Urteil vom 5. Juli 2012, AJP 2013, S. 942;. Anderer Ansicht wohl Eva Maria Belser / Sandra
Egli, Das Recht auf einen selbstbestimmten Tod, ZBJV 156/2020 S.
392; Gächter/Truong (Fn. 18), S. 195; unklar BSK
HMG-Bürgi (Fn. 11), Art. 26 N 8 ff.
[36]
Zur Verfassungswidrigkeit von Rechtsetzungsdelegationen an private
Organisationen in wichtigen Materien BGE 136 I 316 E. 2.4.1;
Georg Müller / Felix Uhlmann, Elemente einer
Rechtssetzungslehre, 3. Aufl., Zürich 2013, S. 311; Pierre
Tschannen, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 5.
Aufl., Bern 2021, S. 591.
[38]
Siehe dazu die (durch das Bundesgericht mit BGE 136 II 415 für
nichtig erklärte)
Vereinbarung zwischen der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons
Zürich und EXIT Deutsche Schweiz über die
organisierte Suizidhilfe vom 30. Juni 2009, Ziff. 2.3 (Sterbemittel) sowie die Ausführungen zu
Natrium-Pentobarbital bei Klaus P. Hotz, Barbiturat - das
Sterbemittel Natrium-Pentobarbital NaP, in: Wehrli/Sutter/Kaufmann
(Hrsg.), Der organisierte Tod, Sterbehilfe und Selbstbestimmung am
Lebensende, 2. Aufl., Zürich 2015, S. 257f.; Frank Petermann,
Rechtliche Überlegungen zur Problematik der Rezeptierung und
Verfügbarkeit von Natrium-Pentobarbital, AJP 2006, S. 441.
[40]
Urteil des EGMR 67810/10
vom 14. Mai 2013 (Gross gegen Schweiz),
Ziff. 67. Das Urteil wurde von der Grossen Kammer aufgehoben, weil
die Beschwerdeführerin bereits vor dem ersten EGMR-Urteil tot
war und dies dem Gericht verschwiegen wurde: Urteil des EGMR [GK] 67810/10 vom 30. September
2014 (Gross gegen Schweiz), Ziff. 37. Siehe dazu Daniel
Hürlimann,
Kommentar zum jüngsten Suizidhilfe-Entscheid des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Schweizerische Ärztezeitung 2013, S. 1173 ff.; Yves
Donzallaz, Traité de droit médical, Bd. III, 2021, N
8377, 8381.
[42]
Urteil des EGMR [GK] 23536/94 und 24408/94 vom
8. Juli 1999 (Başkaya und Okçuoğlu gegen
Türkei), Ziff. 36; ebenso das Bundesgericht in ständiger
Rechtsprechung:
«Das Gesetz muss so präzise formuliert sein, dass der
Bürger sein Verhalten danach richten und die Folgen eines
bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen
entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen kann»
(BGE 145 IV 329 E. 2.2
m.w.H.).
[43]
Vgl. BGE 139 IV 62 nicht
publ. E. 2.4 f. [Urteil des Bundesgerichts 6B_771/2011 vom 11.
Dezember 2012], wo sogar ein mangelhafter Binnenverweis
innerhalb des Heilmittelgesetzes als Verletzung des
Bestimmtheitsgebots eingestuft wurde («Die Strafbestimmung gemäss Art. 87 Abs. 1 lit. b HMG
erfasst somit das in Art. 33 Abs. 2 HMG geregelte Verhalten
nicht mit der nach dem Legalitätsprinzip im Sinne von Art.
1 StGB erforderlichen Bestimmtheit.»). Bei Verweisen auf aussergesetzliche Regelungswerke dürften
somit noch strengere Bestimmtheitsanforderungen gelten.
[44]
Vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_646/2020 vom 9.
Dezember 2021 E. 1.5.3.