Der Arbeitsausfall

Marc Wohlwend *

Im Schweizer Arbeitsrecht gilt das aus dem deutschen Arbeitsrecht übernommene Dogma der absoluten Fixschuld, wonach die nachträgliche Erfüllung der ausgefallenen Arbeit nicht mehr möglich sein soll. Sofern nicht eine Lohnfortzahlungspflicht besteht, ist der Grundsatz «ohne Arbeit kein Lohn» anzuwenden. Der Beitrag geht dem Ursprung des Fixschulddogmas nach und zeigt anhand der Natur, des Zwecks und der tatsächlichen Umstände bei einem Arbeitsausfall auf, dass die Arbeitsleistung heutzutage grundsätzlich nicht als Fixschuld verabredet ist und demzufolge die Arbeitgebenden gehalten sind, eine angemessene Nachfrist anzusetzen, damit die Arbeitnehmenden die ausgefallene Arbeit nacharbeiten können.

Le droit du travail suisse applique le dogme de la dette fixe absolue (absolute Fixschuld), repris du droit du travail allemand, selon lequel l'exécution ultérieure du travail perdu ne doit plus être possible. Dans la mesure où il n'existe pas d'obligation de maintien du salaire, le principe « sans travail, pas de salaire » (« ohne Arbeit kein Lohn ») doit être appliqué. L'article se penche sur l'origine de ce dogme et montre, sur la base de la nature, de l'objectif et des circonstances réelles d'une perte de travail, que de nos jours, la prestation de travail n'est en principe pas considérée comme une dette fixe. Ainsi, les employeurs sont tenus d'accorder aux travailleurs un délai supplémentaire raisonnable afin qu'ils puissent effectuer le travail perdu.

Zitiervorschlag: Marc Wohlwend, Der Arbeitsausfall, sui generis 2022, S. 101

URL: sui-generis.ch/210

DOI: https://doi.org/10.21257/sg.210

* Marc Wohlwend, Rechtsanwalt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Sozialrecht an der ZHAW School of Management and Law und zurzeit Gastforscher am Max Planck Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik (wohw@zhaw.ch). Der Autor dankt Sabine Steiger-Sackmann, Philipp Egli und der für das Peer Review zuständigen Person für die wertvollen Anregungen.


I. Einführung in die Thematik

Wenn die geschuldete Arbeit nicht geleistet werden kann, bspw. weil Arbeitnehmende krankheitsbedingt verhindert sind oder der öffentliche Verkehr nicht rollt, liegen die Fragen auf der Hand, ob der Lohn fortbezahlt respektive die ausgefallene Arbeit nachgeholt wird. Für die Beantwortung dieser Fragen ist die Ursache des Arbeitsausfalls einzuordnen. Es wird unterschieden zwischen subjektiven Ursachen, die der «Sphäre» der Arbeitgeberin oder jener der Arbeitnehmerin zuzuordnen sind, und objektiven Ursachen, die entweder der Arbeitgeberin zugerechnet oder als nachträglich objektive Unmöglichkeit betrachtet werden (Betriebsrisikolehre).

Sowohl im deutschen als auch im Schweizer Arbeitsrecht hält sich in diesem Kontext das Dogma der absoluten Fixschuld hartnäckig. Ausgefallene Arbeit sei nicht nachholbar und daher unmöglich geworden, weshalb die Leistungspflichten beider Parteien des Arbeitsvertrages entfallen (Art. 119 OR[1]). Es greife der Grundsatz «ohne Arbeit kein Lohn», wenn nicht eine Pflicht zur Lohnfortzahlung aus subjektiven Gründen besteht (Art. 324 Abs. 1 oder Art. 324a Abs. 1 und Abs. 3 OR). Zunächst seien daher der Ursprung des Dogmas und die Natur der Arbeitsleistung zu beleuchten (Rz. 5 ff.).

Ich argumentiere, dass es dem Zweck des Arbeitsvertrages entspricht, ausgefallene Arbeit nachzuleisten, was in der Regel tatsächlich (Rz. 21) und rechtlich (Rz. 22 ff.) möglich ist. Um die mit der Betriebsrisikolehre verbundene Rechtsunsicherheit zu beseitigen, plädiere ich dafür, Arbeitsausfälle, die nicht von den Vertragsparteien verschuldet sind, anhand der zeitlichen Dauer zuzuordnen. Der ungekündigte Arbeitsvertrag ist grundsätzlich nicht als Fixgeschäft einzuordnen. Durch die Kündigung wird er allerdings zum Verfalltagsgeschäft. Ein kurzer Arbeitseinsatz von bis zu drei Tagen kann absolut fix geschuldet sein (Rz. 40 ff.)

Weil das deutsche Arbeitsrecht gerade beim Arbeitgeberverzug nicht unerheblich auf das Schweizer Arbeitsrecht eingewirkt hat, werfe ich punktuell einen vergleichenden Blick über die Grenze.

II. Der Erfüllungszeitpunkt der Arbeitsleistung

Die dogmatische Einordnung von Arbeitsausfällen ist in Deutschland ein wissenschaftliches Dauerthema[2]. In der Schweiz hat die Thematik aufgrund der Corona-Pandemie ebenfalls wieder an Brisanz gewonnen[3]. Es seien zunächst die vier möglichen Erfüllungszeitpunkte für vertragliche Leistungen in Erinnerung gerufen:

  1. Ist die Zeit der Erfüllung weder durch Vertrag noch durch die Natur des Rechtsverhältnisses bestimmt, so kann die Erfüllung derNormalschuld sogleich geleistet und gefordert werden (Art. 75 OR). Die Schuldnerin wird durch Mahnung der Gläubigerin in Verzug gesetzt (Art. 102 Abs. 1 OR) und die Schuldnerin erhält eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung (Art. 107 Abs. 1 OR). Die Leistung bleibt erfüllbar, ausser wenn die Gläubigerin nach Ablauf der angesetzten Frist unverzüglich auf die Leistung verzichtet (Art. 107 Abs. 2 OR).
  2. Verstreicht der für die Leistung vereinbarte Zeitpunkt oder Zeitraum erfüllungslos, gerät die Schuldnerin ohne Mahnung in Verzug (Art. 108 Ziff. 3 OR). Es besteht also eine relative Fixschuld. Auch bei dieser bleibt die Leistung bis zur Verzichtserklärung der Gläubigerin i.S.v. Art. 107 Abs. 2 OR nachholbar[4]. Allerdings ist die Gläubigerin berechtigt, nicht aber verpflichtet, von der Ansetzung einer Nachfrist abzusehen[5].
  3. Beim absoluten Fixgeschäft sind Termin und Leistungserbringung untrennbar miteinander verknüpft[6]. Weil das Geschäft mit der pünktlichen Leistung «steht und fällt»[7], führt Verspätung automatisch zur objektiven Unmöglichkeit[8], was Verzugsfolgen (Art. 107 f. OR) ausschliesst[9].
  4. Die Fixgeschäfte sind von den Verfalltagsgeschäften[10] ( Art. 102 Abs. 2 OR) abzugrenzen. Zwar gerät die Schuldnerin auch bei dieser Art von Geschäft ohne Mahnung in Verzug. Jedoch ist die Gläubigerin nicht davon entbunden, eine angemessene Nachfrist anzusetzen[11]. Die Leistung bleibt nachholbar[12].

Wer sich im Verzug befindet, kann zeitlich verzögert nachleisten[13], wenn die Leistung noch möglich ist[14]. Weil die Arbeitnehmerin vorleistungspflichtig ist (Art. 323 Abs. 1 OR), wird ihr Lohnanspruch erst fällig, wenn sie bereits erfüllt hat (Grundsatz «ohne Arbeit, kein Lohn»[15]). Bevor ich mich der Nachholbarkeit ausgefallener Arbeit zuwende (Rz. 19 ff.), betrachte ich die Entstehungsgeschichte des Dogmas der absolut fixen Arbeitsschuld (Rz. 7 ff.), die Natur der Arbeitsleistung (Rz. 11 ff.) und die Motive zum Arbeitgeberverzug (Rz. 15 ff.).

1. Das Dogma der absolut fixen Arbeitsschuld

Im Gegensatz zum Verzug des Dienstpflichtigen aus anerkannten Verhinderungsgründen war im Entwurf des OR 1911 zunächst keine Verzugsbestimmung für den Dienstherrn vorgesehen[16]. Trotzdem wurde in der Folge mit Art. 332 OR 1911[17] eine entsprechende Norm ins Dienstvertragsrecht aufgenommen[18], die dem heute geltenden, (nur) redaktionell leicht angepassten[19] Art. 324 OR[20] entspricht: «Kann die Arbeit infolge Verschuldens des Arbeitgebers nicht geleistet werden oder kommt er aus anderen Gründen mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug, so bleibt er zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, ohne dass der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist.»

In der Botschaft zu Art. 324 Abs. 1 OR heisst es explizit, dass es «[i]m allgemeinen gleichgültig [sei], worauf die Nichtbeschäftigung zurückzuführen ist »[21]. Rehbinder kritisierte diese Botschaft pointiert: «Die Väter des Gesetzes brüsten sich also geradezu damit, nicht näher nachgedacht zu haben, wohl in der irrigen Annahme, so etwas sei lebensnahe Jurisprudenz»[22]. Mit seiner Kritik in der SJZ von 1982 transplantierte Rehbinder das Dogma der absoluten Fixschuld ins Schweizer Arbeitsrecht: Zu anderen als zu den verabredeten Zeiten soll nicht gearbeitet und vice versa keine Arbeit angenommen werden[23].

Das Bundesgericht unterscheidet zwar bis heute nicht zwischen relativem und absolutem Fixgeschäft[24], erachtet ausgefallene Arbeit im Kontext von Art. 324 OR allerdings als nicht nachholbar und deswegen unerfüllbar[25]. Es geht also implizit vom Dogma der absoluten Fixschuld aus. Im Schrifttum ist es weiterhin umstritten: Für Rehbinder/Stöckli[26] und Portmann/Rudolph ist Arbeit absolut fix geschuldet[27]. Für Pellasciokann Arbeit zeitlich absolut fixiert sein[28]. Gemäss Streiff/von Kaenel/Rudolph gibt es bezugnehmend auf Vischer[29] seltene Fälle, in denen eine Nachholpflicht besteht[30]. Unschlüssig ist Staehelin, für den Arbeit trotz (absolutem) Fixschuldcharakter nachträglich erfüllt werden kann[31]. Pietruszak hält die Unterscheidung für irrelevant[32].

In Deutschland gehen ständige Rechtsprechung und herrschende Lehre seit jeher davon aus, dass Arbeit absolut fix geschuldet ist[33]. Das Dogma wird im Wesentlichen damit begründet, dass es notwendig sei, um die Arbeitnehmenden zu schützen und um den Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses gerecht zu werden[34].

2. Die Natur der Arbeitsleistung

Arbeiten ist bekanntlich zweckbestimmte Betätigung, also ein Wirken und kein Werk[35]. Die Arbeitnehmerin stellt der Arbeitgeberin ihre Arbeitskraft zur Verfügung, wobei unerheblich ist, ob dadurch ein objektiver Erfolg erzielt wird[36]. Gemessen wird nicht das (Arbeits-)Ergebnis, sondern die (Arbeits-)Zeit[37].

Weil bei der Arbeit die Zeit und nicht das Ergebnis gemessen wird, ist sie nur beschränkt eine Gattungsschuld[38]. Die terminliche Weisung bestimmt die Arbeit nicht gattungsmässig[39]. Denn bei Gattungsschulden wäre die Schuldnerin (Arbeitnehmerin) und nicht die Gläubigerin konkretisierungsbefugt (Art. 71 OR). Arbeit ist auch keine zeitlich fixierte Stückschuld, weil sie nicht durch die Zeit allein fixiert wird[40]. Vielmehr spielen sowohl die Tätigkeit (Qualität) als auch die Zeit (Termin) eine Rolle[41].

Die Arbeitszeit ist doppelt bedeutsam, weil sie den Umfang (Dauer) und den Zeitpunkt (Termin) der Arbeitsleistung bestimmt[42]. Stellt die Arbeitnehmerin persönlich (Art. 321 OR) und sorgfältig (Art. 321a Abs. 1 und 2 OR) ihre Arbeitskraft zur Verfügung, um den vertragsgemässen Zweck zu erfüllen, ist Arbeiten gleichsam Erfüllen[43].

Aus der Botschaft zu Art. 332 OR 1911 geht hervor, dass das Schweizer Recht damals in dem Sinn an das deutsche (§ 615 BGB[44]) angepasst worden ist, als die Arbeitnehmerin bei Verzug der Arbeitgeberin berechtigt ist, ihren Lohn zu fordern, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein[45]. Diese Besserstellung der Arbeitnehmerin rechtfertige sich mit der «Natur der persönlichen Dienstleistung nach der Zeit»[46].

3. Die Motive zu § 615 BGB

Den Motiven zu § 615 BGB ist zu entnehmen, dass dem Dienstvertrag regelmässig die Eigenschaft einer Art von Fixgeschäft beiwohne[47]: «Ist der Vertrag von der Art, dass die Erfüllung zu einer anderen als der bestimmten Zeit unbedingt ausgeschlossen ist (z.B. Errichtung einer Schaubühne zu einem Einzuge), so kann von einem Recht auf nachträgliche reale Erfüllung keine Rede sein; vielmehr läge gänzliche Unmöglichkeit der Erfüllung vor und der Gläubiger hätte höchstens den Anspruch auf das Interesse wegen Nichterfüllung. Fehlt aber die gedachte Voraussetzung, so dass die Erfüllung zu einer anderen als der bestimmten Zeit nach den obwaltenden Umständen, nicht als gänzliche, sondern nur als theilweise Nichterfüllung sich darstellte, so hat der Gläubiger das Recht, die nachträgliche reale Erfüllung zu fordern»[48].

Weil die Zeit nicht zurückgedreht und Arbeitskraft nicht aufbewahrt werden kann, geht sie für die Arbeitnehmerin durch Zeitablauf unwiederbringlich verloren[49]. Die Arbeitnehmerin kann gestern nicht mehr arbeiten. Die Arbeitgeberin hingegen kann weiterhin ein Interesse daran haben, dass die gestern ausgefallene Arbeit heute nachgeholt wird, weil sie mit dem Arbeitsvertrag bezweckt, das Arbeitsergebnis tatsächlich anzustreben[50]. Weil heutzutage nicht der zeitlich kurze Arbeitseinsatz, sondern länger dauernde befristete oder unbefristete Arbeitsverträge die Regel sind, bildet das Fixgeschäft die Ausnahme (siehe dazu Rz. 48 ff.) Die Verwirklichung des Gläubigerinteresses ist (auch) das Ziel des Arbeitsvertrages[51], und wenn der Vertragszweck noch erreicht werden kann, so ist gerade die in den Motiven beschriebene nachträgliche «Erfüllungzu einer anderen als der bestimmten Zeit» noch möglich[52].

Weiter heisst es in den Motiven zu § 615 BGB, dass «[d] ieser Gesichtspunkt [die Eigenschaft einer Art von Fixgeschäft] in Verbindung mit den übrigen Eigenthümlichkeiten des Dienstvertrages die Annahme des gedachten Prinzips im Allgemeinen um so unbedenklicher [mache] , als dasselbe ganz besonders geeignet ist, für den Dienstvertrag in einer der wichtigsten Beziehungen einfaches und klares Recht zu gewinnen»[53]. Die Rede ist vom mietrechtlichen Prinzip, wonach die Vermieterin ihrer Vorleistungspflicht - sofern keine objektiven Hindernisse entgegenstehen - nachgekommen ist, wenn sie die tatsächliche Erfüllung erlaubt, weshalb eben auch die Arbeitnehmerin bei Arbeitgeberverzug ihre Vorleistungspflicht erfüllt, wenn sie zur Arbeitsleistung imstande ist und dieselbe angeboten hat[54].

Das einfache und klare Recht ist für die Arbeitgeberin strikt. Doch ihre Interessen werden berücksichtigt [55], indem sich die Arbeitnehmerin anrechnen lassen muss, was sie infolge des Unterbleibens der Arbeitsleistung erspart oder durch anderweitige Arbeit erworben oder zu erwerben absichtlich unterlassen hat (Art. 324 Abs. 2 OR).

III. Die Nachholbarkeit ausgefallener Arbeit

Die Analyse der Natur der Arbeitsleistung hat gezeigt, dass die Eigenschaft des Fixgeschäfts davon abhängt, ob die Erfüllung der ausgefallenen Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich ist, weshalb nachfolgend die tatsächliche (Rz. 21) und die rechtliche (Rz. 22 ff. und Rz. 41 ff.) Nachholbarkeit ausgefallener Arbeit untersucht wird.

Mit folgendem Beispiel sei der Ausfall und die Nachholbarkeit von Arbeit veranschaulicht: Eine Überschwemmung zerstört ein Fabrikgebäude.

1. Tatsächliche Nachholbarkeit

Man könnte versucht sein anzunehmen, dass die Arbeitnehmenden durch die Zerstörung des Fabrikgebäudes tatsächlich (oder objektiv) an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert sind. Das trifft nicht zu. Die Geschäftsleitung wird sofort zur Arbeit schreiten, die Lage beurteilen, nach alternativen Betriebsstandorten suchen sowie rechtliche und administrative Belange abklären etc. Sobald der alternative Standort gefunden ist, können diejenigen Tätigkeiten wieder aufgenommen werden, die der Fabrikinfrastruktur bedürfen. Theoretisch können Arbeitnehmende bis zu ihrem Tod tatsächlich arbeiten.

2. Rechtliche Nachholbarkeit

a) Die rechtliche Einordnung des Tatsächlichen

Mit dem Tod der Arbeitnehmerin erlischt die Arbeit mit dem Vertrag auch inrechtlicher Hinsicht (Art. 338 Abs. 1 OR).

Sollte die Arbeitgeberin aufgrund des zerstörten Fabrikgebäudes für die Arbeitskraft einer Arbeitnehmerin keine Verwendung (mehr) haben, ist die Arbeitskraft nutzlos geworden[56], was als Verzug und nicht als Unmöglichkeit einzuordnen ist (Art. 108 Ziff. 2 OR). In diesem Fall steht es der Arbeitgeberin frei, den Arbeitsvertrag zu kündigen. Durch die Kündigung wird die Arbeit zum Verfalltagsgeschäft[57] auf das Ende des Arbeitsvertrages hin (Art. 339 OR).

Weil nur bei gutgläubiger (tatsächlicher) Arbeit ein (rechtlicher) Lohnanspruch (Art. 320 Abs. 3 OR) entsteht, was nach erfolgter Kündigung kaum mehr behauptet werden kann (Empfangsbedürftigkeit), macht es praktisch keinen Sinn, über diesen Zeitpunkt hinaus eine Arbeitsleistung zu erbringen. Nach (gutgläubiger) tatsächlicher Arbeit kann der Vertrag nicht mehr rückabgewickelt werden[58]. Daraufhin sind dementsprechend die tatsächlich erbrachten Leistungen auszugleichen.

Der Arbeitsvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis und daher inhaltlich notwendigerweise unvollständig. Es ist gerade entscheidend, dass er durch die Ausübung des Weisungsrechts immerwährend seine tatsächliche Ausgestaltung erfährt[59]. Die Natur des Arbeitsvertrages (siehe dazu Rz. 11 ff.) und seine tatsächliche Ausgestaltung müssen die rechtliche Einordnung erklären können[60]. Dem Tatsächlichen kommt im Arbeitsvertragsrecht eine besondere Bedeutung zu[61].

Trotz der Zerstörung der Fabrik bleibt die Arbeitskraft der Arbeitnehmenden für die Arbeitgeberin von Interesse. Die Arbeitgeberin führt die ihr zur Verfügung stehende Arbeitskraft per Weisung der Erfüllung des vertraglichen Zwecks zu, indem sie die Arbeit qualitativ und terminlich neu festsetzt[62]. Die Zerstörung des Fabrikgebäudes führt zu einer Anpassung, nicht aber zur Unmöglichkeit der Arbeit: Die angepasste (Nach-)Arbeit tilgt in der Folge als Ersatzleistung die ursprünglich geschuldete[63]. Die ursprünglich geschuldete Leistung kann nur erfüllt werden, wenn die Erfüllungrechtlich noch möglich ist[64].

b) Subjektive Verhinderungsgründe bei Arbeitnehmenden

Das eingangs erwähnte Beispiel der krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung ist ein anerkannter Verhinderungsgrund nach Art. 324a Abs. 1 OR. Bei den anerkannten Verhinderungsgründen i.S.v. Art. 324a Abs. 1 und Abs. 3 OR, wie bspw. Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Schwangerschaft, ist die Nacharbeit für eine «beschränkte Zeit» (gemäss Berner, Basler, Zürcher Skala ober bei gleichwertiger Versicherungslösung nach Art. 324a Abs. 4 OR während der Dauer der Versicherungsleistungen) unzumutbar[65]. Anschliessend ausgefallene Arbeit darf nachgearbeitet werden. Auch bei den Verhinderungsgründen nach Art. 324a Abs. 1 und Abs. 3 OR wird Arbeit durch Ausfall nicht unmöglich[66].

Neben den anerkannten Verhinderungsgründen i.S.v. Art. 324a OR gibt es weitere Gründe bei Arbeitnehmenden, die einen Arbeitsausfall zur Folge haben können, wie bspw. ein Umzug, eine Hochzeit oder ein Todesfall einer nahen Angehörigen (Art. 329 Abs. 3 OR). Den Arbeitnehmenden sind dafür sowie für andere persönliche Verrichtungen wie Arztbesuche, Behördengänge etc. dieüblichen arbeitsfreien Stunden und Tage zu gewähren (Art. 329 Abs. 3 OR). Keine Befreiung von der Arbeitspflicht ist geschuldet, wenn die Verrichtung in die Ruhezeit verlegt werden kann[67]. In der Lehre ist umstritten, ob die im Rahmen von Art. 329 Abs. 3 OR ausgefallene Arbeit nachzuarbeiten ist respektive ob das verabredet werden darf[68].

Gemäss Art. 329 Abs. 3 OR ist ausserordentliche Ruhezeit zu gewähren. Eine Pflicht zur Lohnfortzahlung ist nicht stipuliert. Der relativ zwingende Charakter der Bestimmung (Art. 362 OR) bezieht sich dementsprechend auf die Gewährungspflicht, weshalb eine Nacharbeitspflicht bei Arbeitsausfall vereinbart werden darf[69]. Andernfalls kommt wegen der Vorleistungspflicht der Arbeitnehmerin der Grundsatz «ohne Arbeit kein Lohn» zur Anwendung, weil es sich gerade nicht um anerkannte Gründe i.S.v. Art. 324a OR handelt. Günstigere Rechtsfolgen können einzel- oder gesamtarbeitsvertraglich verabredet werden und dabei helfen, Abgrenzungsschwierigkeiten zu den anerkannten Verhinderungsgründen i.S.v. Art. 324a OR zu beseitigen[70].

Wenn eine Arbeitnehmerin nicht an den Arbeitsplatz gelangen kann, bspw. weil der öffentliche Verkehr nicht rollt, wird das Ereignis gemeinhin dem allgemeinen Risiko zugeordnet, das aufgrund ihrer Vorleistungspflicht die Arbeitnehmerin trägt[71]. Die Lehre möchte die subjektiven Verhinderungsgründe von überpersönlichen respektive objektiven abgrenzen[72]. Wenn der Zug nicht fährt, wird entweder remote oder zu einem späteren Zeitpunkt gearbeitet, sobald die Fahrleitungsstörung behoben ist (zu länger andauernden Störungen des öffentlichen Verkehrs siehe Rz. 35 ff.) oder man weicht auf ein anderes Verkehrsmittel aus oder die Arbeitskollegin springt ein und man revanchiert sich bei nächster Gelegenheit. Auch Störungen des öffentlichen Verkehrs verunmöglichen die (Nach-)Arbeit nicht.

c) Arbeitsschutz respektive Zumutbarkeit

Während der Dauer des Arbeitsvertrages wechseln sich Arbeits- und Ruhezeiten ab[73]. Als Arbeitszeit gilt die Zeit, während der Arbeitnehmende ihre Arbeitskraft zur Verfügung der Arbeitgebenden zu halten haben (Art. 13 Abs. 1 ArGV 1[74]). Arbeitszeit ist die Zeit tatsächlicher Arbeit wozu u.U. betriebsbedingtes Warten (Pikettdienst) zählt[75]. Fällt Arbeit aus, entsteht dementsprechend Ruhezeit. Nacharbeit ist daher keine Mehrarbeit i.S.v. Art. 321c OR[76], sondern die nachträgliche Erfüllung der ursprünglich geschuldeten Arbeitsleistung (siehe dazu Rz. 22 ff.)

Gemäss Art. 11 ArG darf nach Arbeitsausfällen «von verhältnismässig kurzer Zeit» oder nach Gewährung arbeitsfreier Tage (Art. 329 Abs. 3 OR) - zusätzlich zur regulären Arbeitszeit[77] - 2 Stunden pro Tag und an arbeitsfreien Tagen oder Halbtagen nachgearbeitet werden[78]. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO versteht unter verhältnismässig kurzer Zeit einzelne Tage bis längstens ein oder zwei Wochen[79].

Die h.L. vertritt die Ansicht, dass die Arbeitnehmerin nur dann zur Ausgleichsarbeit herangezogen werden darf, wenn sie zivilrechtlich dazu verpflichtet ist[80]. M.E. bezweckt die Bestimmung den Ausgleich von Arbeitsausfällen, die weder von der Arbeitgeberin (siehe dazu Rz. 34) noch von der Arbeitnehmerin (siehe dazu Rz. 26 ff.) verschuldet sind, also dem allgemeinen Risiko zuzuordnen sind (siehe dazu Rz. 35 ff.) Stören allgemeine Ursachen den Betrieb oder fällt die Arbeit wegen Brückentagen zwischen zwei arbeitsfreien Tagen, der Umstellung von der sog. Winter- auf die sog. Sommerzeit[81] oder ähnlichen Umständen für verhältnismässig kurze Zeit aus oder ist der Arbeitnehmerin nach Art. 329 Abs. 3 OR ausserordentliche Ruhezeit gewährt worden, darf die Arbeitgeberin gestützt auf Art. 342 Abs. 2 OR und die Treuepflicht Nacharbeit verlangen[82]. Sind Betriebsstörungen von bis zu drei Arbeitstagen auf allgemeine Ursachen zurückzuführen, werden sie daher m.E. nicht von Art. 324 OR erfasst.

Tatsächlich verkürzt Nacharbeit die Ruhezeit, die eigentlich körperliche und geistige Erholung von der Arbeitermöglicht[83] oder der Erledigung privater Angelegenheiten dient (vgl. Art. 329 OR), was Fragen der Zumutbarkeit aufwirft. Bei einer durchschnittlichen wöchentlichen Normalarbeitszeit in Vollzeit von 41.8 Stunden[84] könnten - bei wöchentlicher Höchstarbeitszeit von 45 Stunden[85] - drei ausgefallene Arbeitstage innerhalb von einer Arbeitswoche nachgearbeitet werden[86]. Es ist daher für Arbeitnehmende zumutbar, selbst verschuldete Absenzen, auf allgemeine Ursachen zurückzuführende Betriebsstörungen von bis zu drei Tagen oder ausserordentlich gewährte Ruhezeit nachzuarbeiten.

d) Subjektive Verhinderungsgründe bei Arbeitgebenden

Aus dem Wortmaterial[87] und der Marginalie von Art. 324 OR («Annahmeverzug des Arbeitgebers») geht eindeutig hervor, dass der von der Arbeitgeberin verschuldete Arbeitsausfall als Verzug einzuordnen ist[88]. Auch die Rechtsfolge spricht für diese Einordnung. Das Entfallen der Nachleistungspflicht wäre obsolet, wenn die Arbeitspflicht durch den Ausfall bereits unmöglich geworden, also erloschen wäre. Die Abwicklung dieses «typischen» Arbeitgeberverzugs über Art. 324 OR ist unumstritten.

e) Auf allgemeine Ursachen zurückzuführende Arbeitsausfälle

Das Bundesgericht erwog zwar, dass «[e]in Verschulden des Arbeitgebers […] nicht erforderlich [sei], der Verzug tritt auch dann ein, wenn er die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat», weshalb Art. 324 Abs. 1 OR der allgemeinen Regel von Art. 119 Abs. 1 OR vorgehe[89]. In der Lehre herrscht aber Uneinigkeit darüber, ob Arbeitsausfälle, die durch Dritte, Zufall oder höhere Gewalt verursacht worden sind (allgemeine Risiken), unter Art. 324 oder Art. 119 OR zu subsumieren sind.

Ist der Arbeitsausfall von keiner Vertragspartei zu vertreten, werden die Ursachen anhand der Betriebsrisikolehre[90] der Arbeitgeberin oder der Arbeitnehmerin zugeordnet:

  • Portmann/Rudolph erachten Drittursachen, Zufall und höhere Gewalt als zum Betriebsrisiko gehörend[91].
  • Auch Streiff/von Kaenel/Rudolph sehen die Arbeitgeberin in der Pflicht, sorgen aber für Entlastung, indem sie in «Härtefällen» eine Nachleistungspflicht der Arbeitnehmerin zulassen[92].
  • Rehbinder/Stöckli möchten Art. 324 OR analog anwenden[93].
  • Auch Staehelin entlässt die Arbeitgeberin bei Zufall oder höherer Gewalt nicht aus der Lohnfortzahlungspflicht, will aber, wenn die Existenz des Betriebes gefährdet und die Kündigungsfrist sehr lange ist, ausnahmsweise die fristlose Kündigung zulassen, wobei der Arbeitnehmerin zum Ausgleich ein beschränkter Schadenersatz nach Art. 337b Abs. 2 OR zustehen soll[94].
  • Perrenoud[95], Pietruszak[96] und Pellascio[97] möchten Art. 324 OR bei Zufall und höherer Gewalt nicht anwenden. Brühwiler hielt es für unangemessen, die Arbeitgeberin für Umstände haften zu lassen, die ausserhalb des Voraussehbaren liegen[98].

Nicht nur die Lehre, auch die Rechtsprechung zum Arbeitgeberverzug bei Drittursachen, Zufall und höherer Gewalt ist inkonsistent (beispielhafte Auflistung von Gerichtsentscheiden, die durchaus anders hätten ausgefällt werden können):

  • Das Zürcher Arbeitsgericht erachtete im Kontext der Corona-Pandemie eine Betriebsschliessung in der Gastronomie für den Winter 2020/2021 als voraussehbares Betriebsrisiko[99].
  • Das Zürcher Arbeitsgericht verweigerte den Lohnanspruch einer Arbeitnehmerin für eine Absenz zwecks Betreuung ihres Kindes mit der Begründung, dass sich mit der vorübergehenden Schliessung der Kinderkrippe wegen des Schweinegrippevirus ein objektiver Verhinderungsgrund verwirklicht hätte[100].
  • Das Obergericht Zürich erachtete die Nichtannahme der Arbeitsleistung in einer Filiale für Metzgerei- und Wurstwaren aufgrund einer Fleischverkaufssperre während des zweiten Weltkriegs als gerechtfertigt, und referenzierte auf den allgemeinen Gläubigerverzug[101].
  • Das gewerbliche Schiedsgericht Basel-Stadt rechnete die Ursache eines Stromausfalls dem Elektrizitätswerk zu[102].
  • Weil die Corona-Massnahmen nicht ein speziell im Betrieb angelegtes Gesundheitsrisiko adressierten, war der Arbeitsausfall der Arbeitnehmerin einer Nähmaschinenhändlerin gemäss Bundesarbeitsgericht nicht Betriebsrisiko[103].

Das zentrale Motiv von § 615 BGB war es, «für den Dienstvertrag in einer der wichtigsten Beziehungen einfaches und klares Recht zu gewinnen»[104]. Sowohl die Betriebsrisikolehre als auch die Rechtsprechung werden diesem Zweck nicht (mehr) gerecht, weshalb ein Wechsel des Paradigmas angezeigt ist. Einfach und klar erscheint mir eine Einordnung anhand der Dauer der Betriebsstörung[105]: Kurze Betriebsstörungen von bis zu drei Tagen werden nicht über Art. 324 OR, sondern über Art. 342 Abs. 2 OR i.V.m. Art. 11 ArG abgewickelt (siehe dazu Rz. 30 ff.). Können bspw. Arbeitnehmende aufgrund eines Hackerangriffs während zwei Tagen nicht auf die IT-Infrastruktur zugreifen, können analoge Arbeiten weiterhin erledigt und die ausgefallenen digitalen später nachgearbeitet werden. Das erscheint mir auch aufgrund der Treuepflicht der Arbeitnehmenden angezeigt. Dauert der durch allgemeine Risiken verursachte Arbeitsausfall aber länger als drei Tage, «[…] kommt [der Arbeitgeber]aus anderen [allgemeinen][106] Gründen mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug, so bleibt er zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, ohne dass der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist.»

Durch die Eingliederung in einen Betrieb (Subordination) kann die Arbeitnehmerin ihre Arbeitskraft nicht anderweitig verwerten[107], weshalb sie existenziell von der Arbeit abhängig ist[108]. Die Lohnfortzahlung nach Art. 324 Abs. 1 OR stellt den Gegenwert dafür dar, dass die Arbeitnehmerin ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat und existenziell davon abhängt, und nicht etwa dafür, dass die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht wird[109]. Führen allgemeine Ursachen zu einem länger andauernden Arbeitsausfall, entsteht folglich ein sozialrechtlicher Anspruch auf Lohnfortzahlung[110]. Man kann solche allgemeine Risiken bspw. über Kurzarbeit versichern, um den zivilrechtlichen Handlungsspielraum zu erweitern (siehe dazu Rz. 48 ff.) Das dürfte gerade vor dem Hintergrund der Klimaerhitzung oder kriegerischer Konflikte in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen.

3. Vertraglicher Ausschluss der Nach­holbarkeit

Die Nachleistung ausgefallener Arbeit ist also - wie nun detailliert dargestellt - in der Regel tatsächlich und rechtlich möglich. Es bleibt nun zu prüfen, ob Arbeit stillschweigend (a.) oder ausdrücklich (b.) als (absolute) Fixschuld verabredet sein kann.

a) Stillschweigender Ausschluss

Das Bundesgericht hat sich bisher nicht mit dem stillschweigenden Ausschluss der Nachleistungspflicht ausgefallener Arbeit beschäftigt. Gemäss deutschem Bundesgerichtshof müssen für die Vereinbarung einer absoluten Fixschuld indessen Sinn und Zweck des Vertrags und nach Interessenlage der Parteien die Leistungszeit derart wesentlich sein, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt[111]: Sogar die Flugreise, selbst wenn ein Anschlussflug zu erreichen ist, stellt kein absolutes Fixgeschäft dar, weil der Fluggast regelmässig daran interessiert ist, so schnell wie möglich an sein Reiseziel befördert zu werden[112]. Die deutsche Lehre ist sich uneinig, ob eine absolute Fixschuld konkludent vereinbart wird, wenn der Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Nacharbeitsklausel enthält[113].

Betrachtet man die Interessen der Vertragsparteien, darf man davon ausgehen, dass ausgefallene Arbeit nachgearbeitet sein will:

  • Interesse der Arbeitgeberin an Nacharbeit: Die Arbeitgeberin, die ein gewinnorientiertes Geschäft betreibt respektive zum sparsamen Einsatz ihrer Ressourcen verpflichtet ist, hat grundsätzlich ein Interesse daran, dass ausgefallene Arbeit nachgeleistet und die versprochene, unverbrauchte Arbeitskraft ihrem Zweck zugeführt wird (siehe dazu Rz. 15 ff.)[114].
  • Interesse der Arbeitnehmerin an Nacharbeit: Das Ruhezeitinteresse der Arbeitnehmerin indiziert nicht, dass ausgefallene Arbeit nicht nachzuholen ist[115]; jedenfalls ist es unwahrscheinlich, dass das Ruhezeit- das Vergütungsinteresse überwiegt[116]. Blosser Nachleistungsunwille vermag ebenfalls keine absolute Fixschuld zu begründen (siehe dazu sogleich).

Die Festlegung von Arbeitszeiten indiziert keine absolute Fixschuld, weil dadurch nicht (konkludent) auf die Nachleistung ausgefallener Arbeit verzichtet wird[117]. Arbeitnehmende können sich nicht darauf verlassen (Art. 2 ZGB[118]), dass ausschliesslich zu regulären Arbeitszeiten gearbeitet wird. Besondere Umstände, bspw. Betriebsstörungen, können (zumutbare) Arbeitseinsätze zu irregulären Arbeitszeiten erfordern (Treuepflicht)[119].

Auch die Vereinbarung von Jahresarbeitszeit stellt keinen konkludenten Verzicht auf die Nachleistung ausgefallener Arbeit dar. Jahresarbeitszeit bedeutet terminliche Autonomie für die Arbeitnehmerin[120], d.h. ihr wird die Arbeit qualitativ zugewiesen, wobei sie verpflichtet ist, sich terminlich so einzurichten, dass es Ende Jahr quantitativ aufgeht. Auch flexible Arbeit bedeutet mehr terminliche Autonomie[121].

Arbeiten zeitautonome Arbeitnehmende zu wenig, kommt - sofern nicht Art. 324a Abs. 1, Abs. 3 oder Art. 324 OR einschlägig ist - aufgrund ihrer Vorleistungspflicht, der Grundsatz «ohne Arbeit kein Lohn» zum Tragen[122], obwohl die Arbeitgebenden verpflichtet sind, ihnen genügend Arbeit zuzuweisen (Art. 326 Abs. 4 OR). Die Wenigerarbeit wird zunächst als Schlechtleistung (Art. 321e OR) behandelt[123]. Kann die Wenigerarbeit nicht (mehr) ausgeglichen werden, entsteht ein Schadenersatzanspruch, der verwirkt, wenn er nicht rechtzeitig geltend gemacht wird[124].

Bei dieser Ausgangslage haben beide Parteien offenkundig ein Interesse an der Nachleistung ausgefallener Arbeit respektive verzichten nicht stillschweigend darauf, weshalb der ungekündigte Arbeitsvertrag grundsätzlich kein Fixgeschäft (Art. 108 Ziff. 3 OR) ist.

b) Ausdrücklicher Ausschluss

Art. 324 Abs. 1 OR ist insofern zwingend, als dass die Arbeitnehmerin während der Dauer des Vertrages und einen Monat nach dessen Beendigung - trotz ausgefallener Arbeit - nicht rechtsgültig auf ihren Lohn verzichten kann (Art. 362 und 341 Abs. 1 OR)[125]. Bzgl. Art. 324a Abs. 1 und Abs. 3 OR betrifft es den Verzicht auf die Lohnfortzahlung während der beschränkten Zeit.

Bei Arbeit auf Abruf[126] ist verabredet, dass die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin jederzeit und kurzfristig zur Arbeit aufbietet[127]. Solange die Arbeitgeberin den Leistungsumfang und insbesondere den Lohn nicht einseitig bestimmt, ist Arbeit auf Abruf zulässig[128]. Dabei bestimmt die tatsächlich geleistete Arbeit den Arbeitsumfang quantitativ, auf dessen regelmässige Zuweisung sich die Arbeitnehmerin verlassen darf[129]. Wird dieses Quantum nicht abgerufen (Arbeitsausfall), entfällt die Nachleistungspflicht, während die Pflicht zur Lohnfortzahlung bestehen bleibt (Art. 324 OR). Auf die Nachleistung ausgefallener Arbeit wird bei Arbeit auf Abruf gerade nicht verzichtet.

Ist Arbeit von bis zu drei Tagen verabredet, z.B. der Glühweinausschank am letzten oder einzigen Tag eines Weihnachtsmarkts oder das in den Motiven zu § 615 erwähnte Aufstellen einer Schaubühne, ist sie absolut fix geschuldet. In solchen Konstellationen fehlen regelmässig die Zeitreserven, um die ausgefallene Arbeit nachträglich noch erfüllen zu können[130].

M.E. fällt dieser Arbeitsausfall, wenn er auf allgemeine Ursachen zurückzuführen ist, nicht unter Art. 324 OR, weil unter diesen Umständen der Arbeitsausfall die Nachleistung in rechtlicher Hinsicht (subjektiv) verunmöglicht (Art. 119 OR).

Die Rechtsfolgen von Art. 324 Abs. 1 OR dürfen auch für die Zukunft abgewendet werden, bspw. durch Kurzarbeit[131]. Werden Arbeits- und Lohnzahlungspflicht einvernehmlich für eine gewisse Zeit ausgesetzt, liegt keine Umgehung von Art. 362 und 341 Abs. 1 OR vor, weil nicht auf zwingende Ansprüche, die sich in der Vergangenheit realisiert haben, verzichtet wird; es entstehen vielmehr keine neuen Ansprüche in der Zukunft[132]. Die Kurzarbeitsabrede ist die Novation des Arbeitsvertrages mit Befreiungswirkung für die Zukunft[133].

Ist die Arbeit als relatives Fixgeschäft verabredet, so braucht die Arbeitgeberin sowohl bei Betriebsstörungen von bis zu drei Tagen, die auf allgemeine Ursachen zurückzuführen sind (siehe dazu Rz. 35 ff.), als auch bei Arbeitsausfällen infolge Gewährung ausserordentlicher Ruhezeit (Art. 329 Abs. 3 OR) respektive Verschuldens der Arbeitnehmerin (siehe dazu Rz. 26 ff.) keine Nachfrist anzusetzen (Art. 108 Ziff. 3 OR) und darf die ausgefallene Arbeit mit dem nächsten Lohn verrechnen (siehe dazu Rz. 41 ff.)

IV. Die Mechanik des Arbeitsausfalls

Basierend auf den bisherigen Ausführungen wird folgende Mechanik des Arbeitsausfalls entworfen, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist:

  1. Sofern keine anerkannten Verhinderungsgründe nach Art. 324a Abs. 1 oder Abs. 3 OR vorliegen, gerät die Arbeitnehmerin aufgrund ihrer Vorleistungspflicht durch den Arbeitsausfall in Verzug und trägt das Risiko dafür (Grundsatz «ohne Arbeit kein Lohn»), ohne dass es einer Mahnung bedarf[134].
  2. Der Annahmeverzug der Arbeitgeberin (Art. 324 OR) beseitigt[135] den Verzug der Arbeitnehmerin[136], sofern die Arbeitgeberin den Arbeitsausfall verschuldet oder die auf allgemeine Ursachen zurückzuführende Betriebsstörung länger als drei Tage dauert (kürzere Betriebsstörungen werden über Art. 342 Abs. 2 OR i.V.m. Art. 11 ArG abgewickelt) und die Arbeit eindeutig angeboten worden ist[137].
  3. Sofern der ungekündigte Arbeitsvertrag nicht als Fixgeschäft i.S.v. Art. 108 Ziff. 3 OR verabredet ist, setzt die Arbeitgeberin Frist an für die Nacharbeit (Art. 107 Abs. 1 OR): Wird innerhalb der Nachfrist nicht erfüllt, kann die Arbeitgeberin auf die Nacharbeit verzichten (Art. 107 Abs. 2 OR), indem sie sie bei der nächsten Lohnzahlung durch Verrechnung oder mit einem entsprechenden Vorbehalt geltend macht, andernfalls der Anspruch auf Nacharbeit verwirkt wird[138].
  4. Durch die Kündigung wird der Arbeitsvertrag zum Verfalltagsgeschäft[139] auf seinen Endtermin hin (Art. 339 OR) und der Nacharbeits- zum Schadenersatzanspruch[140], falls die Zeitreserven während der Kündigungsfrist nicht ausreichen, um die ausgefallene Arbeit auszugleichen.

V. Zusammenfassung

Kurze Arbeitseinsätze von bis zu drei Tagen können als absolute Fixschuld verabredet werden, weil hier der Arbeitsausfall, der durch allgemeine Risiken verursacht wird, dazu führt, dass die Zeitreserven fehlen, um die ausgefallene Arbeit nachzuleisten, weshalb sie (subjektiv) unmöglich geworden ist. Solche Arbeitsverträge bilden in der heutigen Arbeitswelt die Ausnahme. In länger dauernden und unbefristeten Arbeitsverträgen ist die Nachleistung der ausgefallenen Arbeit in der Regel tatsächlich und rechtlich möglich. Zudem haben sowohl die Arbeitgebenden als die Arbeitnehmenden grundsätzlich ein Interesse an der Nachleistung, weil sie nicht auf die vertraglich zugesicherten Leistungen verzichten möchten.

Die Inkonsistenz der Betriebsrisikolehre und der Rechtsprechung zu Arbeitsausfällen, die auf allgemeine Ursachen zurückzuführen sind, verunsichert im Rechtsalltag. Daher plädiere ich dafür, die Subsumtion dieser Konstellationen unter Art. 324 OR von der zeitlichen Dauer abhängig zu machen: Arbeitsausfälle von bis zu drei Tagen haben Arbeitnehmende gestützt auf Art. 342 Abs. 2 OR i.V.m. Art. 11 ArG und die Treuepflicht nachzuleisten. Länger dauernde Arbeitsausfälle dagegen lösen einen (sozialrechtlichen) Anspruch auf Lohnfortzahlung aus.

Fällt die Arbeit aus, bleibt sie grundsätzlich erfüllbar. Die Arbeitgeberin setzt die Nacharbeit per Weisung qualitativ und terminlich neu fest. Die neu zugewiesene Nacharbeit tilgt die ursprünglich geschuldete. Es ist also an der Zeit, das von Rehbinder ins Schweizer Arbeitsrecht transplantierte Dogma der absoluten Fixschuld abzustossen.



[1] Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht, OR; SR 220).

[2] Erst Ende des letzten Jahres ist der Beitrag «Die Arbeitsschuld ist keine absolute Fixschuld! Zum Rechtsrahmen der Nacharbeitspflicht» von Clemens Latzel im Archiv für die civilistische Praxis (AcP) 2021, S. 881 ff., erschienen.

[3] Alfred Blesi / René Hirsiger / Thomas Pietruszak, § 2, Arbeitsrecht, in: Helbing Lichtenhahn Verlag (Hrsg.), COVID-19, Basel 2020, S. 39 ff.; Thomas Geiser, Arbeitsrechtliche Regelungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus, AJP 2020, S. 545 ff.; Thomas Geiser / Roland Müller / Kurt Pärli, Klärung arbeitsrechtlicher Fragen im Zusammenhang mit dem Coronavirus, Jusletter 23. März 2020; Kurt Pärli / Jonas Eggmann, Corona und die Arbeitswelt, Jusletter 8. Februar 2021; Thomas Pietruszak, Lockdown und Lohnfortzahlung, Jusletter 14. April 2020; Isabelle Wildhaber, Das Arbeitsrecht in Pandemiezeiten, ZSR Sondernummer «Pandemie und Recht» 2020, S. 157 ff.

[4] Siehe Wolfgang Wiegand, in: Widmer Lüchinger/Oser (Hrsg.), Basler Kommentar, Obligationenrecht I, Art. 1-529 OR, 7. Aufl., Basel 2020, Art. 108 N 8 m.H.a. (herrschende) Lehre und Rechtsprechung (zit. BSK OR I-Bearbeiter:in).

[5] BGE 76 II 303 E. 1, bestätigt in BGE 103 II 102 E. 1b.

[6] Wiegand (Fn. 4), N 6.

[7] Latzel (Fn. 2), S. 886.

[8] Wiegand (Fn. 4), N 6.

[9] BGE 114 II 274 E. 4; Urteil des Bundesgerichts 4C.230/2005 vom 1. September 2005 E. 3.1.

[10] Ein Verfalltagsgeschäft liegt vor, wenn der Zeitpunkt, zu dem die Schuldnerin erfüllen muss, kalendermässig bestimmt oder aufgrund des Vertragsinhalts bestimmbar ist, wobei eine bloss ungefähre Festlegung des Erfüllungszeitpunktes nicht ausreicht (BGE 143 II 37 E. 5.2.3).

[11] Wiegand (Fn. 4), N 7.

[12] Widmer Lüchinger/Wiegand ziehen bezugnehmend auf das Urteil des Bundesgerichts 4C.230/2005 vom 1. September 2005 E. 3.1 den Schluss, dass Arbeit ein Verfalltagsgeschäft ist (BSK OR I-Widmer Lüchinger/Wiegand, Art. 102 N 10). Diese Einordnung ist aufgrund des zugrundeliegenden Sachverhalts dahingehend zu präzisieren, dass - aufgrund von Art. 339 Abs. 1 OR - ausschliesslich beendete, z.B. gekündigte (vgl. zu den weiteren Eintritten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Ausführungen bei Adrian Staehelin, Der Arbeitsvertrag, Kommentar zu den Art. 319-330 a OR, in: Gauch/Schmid [Hrsg.], Zürcher Kommentar, Bd. 5, 3. Aufl., Zürich 2006, Art. 339 N 2), Arbeitsverhältnisse als Verfalltagsgeschäfte einzuordnen sind. Wiegand will im Zweifelsfall immer ein Verfalltagsgeschäft annehmen (Wiegand [Fn. 4], N 7), woraus folgt, dass eine Nachfrist anzusetzen ist, wenn unklar ist, ob die Leistung mit dem Erfüllungszeitpunkt dahinfällt. Auch Arbeit wäre demnach im Zweifel nachholbar, also noch möglich.

[13] Rolf H. Weber, Die Erfüllung der Obligation, Art. 68-96 OR, Berner Kommentar, Bd. 6, 2. Aufl., Bern 2004, Art. 91 N 34.

[14] Andreas von Tuhr / Arnold Escher, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, Bd. 2, 3. Aufl., Zürich 1984, S. 135.

[15] Urteil des Bundesgerichts 4C.230/2005 vom 1. September 2005 E. 3.1. Der Grundsatz «ohne Arbeit kein Lohn» wird irrtümlicherweise teilweise aus Art. 119 OR hergeleitet (siehe z.B. JAR 1982, S. 119).

[16] Botschaft vom 3. März 1905 zu einem Gesetzesentwurf betreffend die Ergänzung des Entwurfes eines schweizerischen Zivilgesetzbuches durch Anfügung des Obligationenrechtes und der Einführungsbestimmungen (BBl 1905 II 1), S. 32 ff.

[17] Bei fortlaufender Nummerierung Art. 1378bis ZGB.

[18] Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht (BBl 1911 II 355), S. 456.

[19] Benno Schnüriger, Annahmeverzug und Betriebsrisiko, Eine Untersuchung über den Anwendungsbereich von Art. 324 OR, Diss. Zürich 1981, S. 18.

[20] Botschaft vom 25. August 1967 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Revision des Zehnten Titels und des Zehnten Titelsbis des Obligationenrechts (Der Arbeitsvertrag; BBl 1967 II 241), S. 330.

[22] Manfred Rehbinder, Annahmeverzug im Arbeitsverhältnis?, SJZ 1982, S. 355.

[23] «Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps», nach Rehbinder (Fn. 22), Fn. 21.

[24] Rolf H. Weber / Susan Emmenegger, Die Folgen der Nichterfüllung, Art. 97-109 OR, Berner Kommentar, 2. Aufl., Bern 2020, Art. 108 N 34.

[25] BGE 120 II 209 E. 9a, m.H.a. Weber (Fn. 13), Art. 82 OR N 90. Arbeitsleistungenkönnen gemäss BGE 122 III 66 E. 3a, unmöglich werden, wobei dem Entscheid ein Agenturvertrag zugrunde lag. Terminologisch unpräzise BGE 124 III 346 E. 2a, wonach «der Verzug [des Arbeitgebers]auch dann ein[tritt],wenn er die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat» und trotzdem verlangt wird, dass « die Arbeitsleistung als solche zwar möglich [sein muss]».

[26] Manfred Rehbinder / Jean-Fritz Stöckli, Einleitung und Kommentar zu den Art. 319-330b OR, in: Hausheer/Walter (Hrsg.), Berner Kommentar, Bd. 4, Bern 2010, Art. 324 N 4.

[27] BSK OR I-Portmann/Rudolph, Art. 324 N 5.

[28] Michel Pellascio, Kommentar zu Art. 324 OR, in: Kren Kostkiewicz / Wolf / Amstutz / Fankhauser (Hrsg.), Schweizerisches Obligationenrecht, Orell Füssli Kommentar, 3. Aufl., Zürich 2016, Art. 324 N 11.

[29] Frank Vischer, Der Arbeitsvertrag, 3. Aufl., Basel 2005, S. 122 Fn. 1.

[30] Ullin Streiff / Adrian von Kaenel / Roger Rudolph, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl., Zürich 2012, Art. 324 N 2.

[31] Staehelin (Fn. 12), Art. 324a OR N 25.

[32] Thomas Pietruszak, Kommentar zu Art. 324 OR, in: Honsell (Hrsg.), Kurzkommentar OR, Basel 2014, Art. 324 N 3.

[33] Siehe Latzel (Fn. 2), Fn. 4 ff.

[34] Dietrich von Stebut, Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis, Recht der Arbeit (RdA) 1985, S. 66; die ausdifferenzierten Argumente bei Latzel (Fn. 2), S. 883 f.

[36] Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 319 OR N 5.

[37] Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 319 OR N 11; Thomas Geiser, Grundlagen und Schranken flexibler Arbeitszeiten im Einzelarbeitsvertragsrecht, AJP 1997, S. 1328.

[38] Hermann Becker, Berner Kommentar, Obligationenrecht, Allgemeine Bestimmungen, Art. 1-183 OR, 2. Aufl., Bern 1941, Art. 71 N 8.

[39] Latzel (Fn. 2), S. 888.

[40] Anna Kley-Struller, Bundesgericht, I. Zivilabteilung, 24.5.1994, F. AG c. M. (4C.383/1993), Berufung, AJP 1994, S. 1474; a.A. Rehbinder (Fn. 22), S. 355.

[41] Latzel (Fn. 2), S. 889.

[42] Von Stebut (Fn. 34), S. 67 f.

[43] Weber (Fn. 13), Art. 71 OR N 40.

[44] Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 (BGB; FNA 400-2).

[45] Bericht vom 1. Juni 1909 betreffend die Revision des Obligationenrechts (Nachtrag zur Botschaft vom 3. März 1905; BBl 1909 III 725), S. 747.

[46] Die Interessen der Arbeitgeberin sind bereits in der Norm selbst berücksichtigt, weil sich die Arbeitnehmerin dasjenige anrechnen lassen muss, was sie infolge des Unterbleibens der Arbeitsleistung erspart oder durch anderweitige Arbeit erworben oder zu erwerben absichtlich unterlassen hat (Bericht 1909 OR-Revision [Fn. 45], S. 747).

[47] Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, Berlin/Leipzig 1888, S. 461 (zit. Motive E-BGB Bd. II).

[48] Motive E-BGB Bd. II (Fn. 47), S. 199 f.

[49] Von Stebut (Fn. 34), S. 68; Berthold Stoppelkamp, Annahmeverzug im Arbeitsverhältnis, Mainzer, Diss. Mainz 1993, Darmstadt 1993, S. 19 ff.

[50] Von Stebut (Fn. 34), S. 68.

[51] Latzel (Fn. 2), S. 886 f.

[52] Von Stebut (Fn. 34), S. 68.

[53] Motive E-BGB Bd. II (Fn. 47), S. 461 f.

[54] Motive E-BGB Bd. II (Fn. 47), S. 461.

[55] Bericht 1909 OR-Revision (Fn. 45), S. 747.

[56] Entscheidend ist, ob die (Nach-)Leistung für jede Gläubigerin in derselben Situation noch einen Wert hat (Weber/Emmenegger [Fn. 24], Art. 108 OR N 23).

[57] Siehe Fn. 12.

[59] Christiane Brors, Die Abschaffung der Fürsorgepflicht, Habil. Münster 2001, Tübingen 2002, S. 96.

[60] Brors (Fn. 59), S. 51.

[61] Verkürzt sich z.B. die Probezeit i.S.v. Art. 335b Abs. 3 OR, müssen die ausgefallenen Tage real «abgearbeitet» werden können (siehe Urteil des Bundesgerichts 8C_317/2021 vom 8. März 2022 [zur Publikation vorgesehen] E. 5.2.7).

[62] Die Zuweisung von (Nach-)Arbeit beurteilt sich anhand der Zumutbarkeit (vgl. Dieter Eglin, Das Weisungsrecht des Arbeitgebers zu Arbeitsort, Aufgaben und Arbeitszeit, Schweizer Arbeitgeber [SA] 2000, S. 772).

[63] Staehelin (Fn. 12), Art. 324 OR N 25. Siehe für das deutsche Recht Latzel (Fn. 2), S. 904.

[64] A.A. Weber (Fn. 13), Art. 82 OR N 90.

[65] In JAR 1982, S. 120, wird festgehalten, dass die Arbeitsleistung infolge anerkannter Verhinderungsgründe nach Art. 324a Abs. 1 OR nicht zumutbar ist.

[66] Trotzdem ist sich die schweizerische Lehre uneinig, ob Art. 324a Abs. 1 und Abs. 3 OR eine subjektive (nachträgliche) Unmöglichkeit oder eine Unzumutbarkeit der Erbringung der Arbeitsleistung zugrunde liegt: Staehelin (Fn. 12), Art. 324a OR N 3, 17 und 18 ff.; Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 324a OR N 1 und 11; BSK OR I-Portmann/Rudolph, Art. 324a N 1 ff.; Stéphanie Perrenoud, in: Thévenoz/Werro (Hrsg.), Code des obligations I, Commentaire Romand, 3. Aufl., Basel 2021, Art. 329 N 17, 22, 40 und 43 (zit. CR OR I-Bearbeiter:in). Auch BSK OR I-Wiegand, Art. 119 N 10, hält Art. 324a Abs. 1 OR für eine Sonderregelung i.S.v. Art. 119 Abs. 3 OR. Streiff/von Kaenel/Rudolph (Fn. 30), Art. 324a OR N 6, vertreten die Meinung, dass sowohl Fälle der Unmöglichkeit als auch solche der Unzumutbarkeit unter Art. 324a OR fallen.

[67] Z.B. Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 329 OR N 7.

[68] Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 329 OR N 19; BSK OR I-Portmann/Rudolph, Art. 329 N 19 f.; CR OR I-Dietschy-Martenet, Art. 329 N 10, solange die Ruhezeit nicht länger als 2-3 Tage dauert; a.A. Staehelin (Fn. 12), Art. 329 OR N 19, mit Ausnahme der Ruhezeit im Rahmen der von den Kantonen anerkannten religiösen Feiertagen, vgl. Art. 20a Abs. 2 ArG (Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel [Arbeitsgesetz, ArG; SR 822.11]); gemäss Streiff/von Kaenel/Rudolph (Fn. 30), Art. 329 OR N 11, ist eine vertragliche Kompensationspflicht nur bei fehlendem Lohnanspruch in der Ruhezeit (wie bei Stunden- oder Akkordlohn) zulässig.

[69] Z.B. Portmann/Rudolph (Fn. 68), N 19.

[70] Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 324a OR N 11.

[71] Thomas Geiser, Arbeitsrechtliche Fragen bei Umweltkatastrophen, ZBJV 2006, S. 178.

[72] Z.B. Portmann/Rudolph (Fn. 66), N 3.

[73] Rehbinder (Fn. 22), S. 355.

[74] Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz vom 10. Mai 2000 (ArGV 1; SR 822.111).

[75] Siehe zur Anrechnung des Pikettdienstes an die Arbeitszeit Art. 15 ArGV 1.

[76] Siehe dazu Philippe Nordmann / David Hill, Kommentar zu Art. 11 ArG, in: Blesi/Pietruszak/Wildhaber (Hrsg.), Kurzkommentar, ArG, Basel 2018, Art. 11 N 20. Siehe zudem zu den Voraussetzungen, der Dauer und dem Lohnzuschlag für Überzeitarbeit Art. 9 und 12 f. ArG.

[77] Je nach Branche darf höchstens 45 oder 50 Stunden pro Woche gearbeitet werden (Art. 9 Abs. 1 ArG).

[78] Die Nacharbeit im Anschluss an die reguläre Arbeit ist innerhalb von 14 Stunden zu erbringen (Art. 10 Abs. 3 ArG) und zum arbeitsfreien Sonntag (Art. 18 ArG) ist weiterhin ein zusätzlicher freier Halbtag pro Woche zu gewähren (Art. 21 ArG).

[79] Seco, Wegleitung zum Arbeitsgesetz und zu den Verordnungen 1 und 2, Bern 2021, S. 011 - 1.

[80] Nordmann/Hill (Fn. 76), N 7 ff.; Roland A. Müller / Christian Maduz, Orell Füssli Kommentar, ArG, Arbeitsgesetz mit weiteren Erlassen im Bereich Arbeitsschutz, 8. Aufl., Zürich 2017, Art. 11 N 4; Roland A. Müller, Kommentar zu Art. 11 ArG, in: Geiser/von Kaenel/Wyler (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar, Arbeitsgesetz, Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel, Bern 2005, Art. 11 N 41.

[81] Nordmann/Hill (Fn. 76), N 29.

[82] Siehe Streiff/von Kaenel/Rudolph (Fn. 30), Art. 342 OR N 6.

[85] Die wöchentliche Höchstarbeitszeit (Art. 9 ArG) wird um die Ausgleichszeit verlängert (SECO, Wegleitung zum Arbeitsgesetz und zu den Verordnungen 1 und 2, Bern November 2021, S. 011 - 1.

[86] Bei drei ausgefallenen Arbeitstagen à 8.25 Stunden, fallen insgesamt 24.75 Stunden aus, die innerhalb einer Arbeitswoche nachgearbeitet werden können, weil pro Tag 5.2 Stunden (3.2 Stunden + 2 Stunden) und pro Woche 26 Stunden (bei 5 Arbeitstagen pro Woche) Nacharbeit geleistet werden kann.

[87] Die beiden Fassungen von Art. 324 Abs. 1 OR in italienischer und in französischer Sprache sind sprachlich deckungsgleich mit der deutschen.

[88] A.A. Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 324 OR N 3, die diese Interpretation allerdings mit Blick auf die Gesetzesmaterialien gleichzeitig als unhaltbar betrachten.

[90] Einen Überblick über den aktuellen Stand der Betriebsrisikolehre liefert Nathalie Flück, Das Betriebsrisiko im Arbeitsverhältnis, Zürich/St. Gallen 2022.

[91] Portmann/Rudolph (Fn. 27), N 4.

[92] Streiff/von Kaenel/Rudolph (Fn. 30), Art. 324 OR N 5 und 10.

[93] Siehe Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 324 OR N 40.

[94] Staehelin (Fn. 12), Art. 324 OR N 20.

[95] CR OR I-Perrenoud, Art. 324 N 7 f.

[96] Pietruszak (Fn. 32), N 8.

[97] Pellascio (Fn. 28), N 13.

[98] Jürg Brühwiler, Handkommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2. Aufl., Bern 1996, Art. 324 N 3. Brühwiler gab diese Position in der Folge auf (siehe Jürg Brühwiler, Einzelarbeitsvertrag, Kommentar zu den Art. 319-343 OR, 3. Aufl., Basel 2014, Art. 324 N 6).

[99] Urteil des Arbeitsgerichts Kanton Zürich AH210123-L/U vom 14. Februar 2022.

[100] JAR 2011, S. 628 f.

[101] SJZ 1944, S. 361.

[102] BJM 1965, S. 77.

[103] Urteil des deutschen Bundesarbeitsgericht 5 AZR 211/21 vom 13. Oktober 2021.

[104] Motive E-BGB Bd. II (Fn. 47), S. 461 f.

[105] So schon Rehbinder (Fn. 22), S. 355, der anhand der Dauer des Arbeitsausfalls beurteilt, ob die die ausgefallene Arbeit nachholbar ist oder nicht.

[106] Während der Dauer von rechtmässigen, kollektivarbeitsrechtlichen Arbeitskämpfen ruhen die individualarbeitsrechtlichen Hauptleistungspflichten (siehe Rehbinder/Stöckli [Fn. 26], Art. 324 OR N 42).

[107] Von Gierke (Fn. 35), S. 593.

[108] Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Einleitung N 3.

[109] Hugo Oser, Der Dienstvertrag im Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Berlin 1907, S. 18, zitiert nach O. E. Imhof, Die Auswirkungen der Arbeitslosigkeit auf die rechtlichen Verhältnisse des Dienstvertrages, ZBJV 1944, S. 388.

[110] Siehe dazu Ulrich Becker, Sozialrecht und Sozialrechtswissenschaft, Zeitschrift für öffentliches Recht (ZÖR) 2010, S. 611 f.

[111] Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs Xa ZR 113/08 vom 28. Mai 2009, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2009, S. 2743 f., E. 12.

[112] Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs Xa ZR 113/08 vom 28. Mai 2009, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2009, S. 2743 f., E. 12.

[113] Latzel (Fn. 2), S. 893 m.H.a. die deutschen Lehrmeinungen in Fn. 80.

[114] Latzel (Fn. 2), S. 893 f.

[115] Latzel (Fn. 2), S. 897.

[116] Martin Hellfeier, Die Leistungszeit im Arbeitsverhältnis, Diss. Giessen 2002, Frankfurt a.M. 2003, S. 52 ff. Volker Beuthien, Das Nachleisten versäumter Arbeit, RdA 1972, S. 22, erachtet die Nachleistungspflicht in einer leistungs- und freizeitbewussten Gesellschaft als vertragsuntypisch.

[117] Latzel (Fn. 2), S. 898.

[118] Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (ZGB; SR 210).

[119] Siehe JAR 2002, S. 165 f.

[120] Gabriela Riemer-Kafka, Einseitige Arbeitszeitänderungen durch den Arbeitgeber, AJP 2017, S. 313.

[121] Geiser (Fn. 37), S. 1328.

[122] Urteil des Bundesgerichts 4A_291/2008 vom 2. Dezember 2008 E. 3.2.

[123] Christoph Senti, Rückforderung oder Verrechnung zu viel bezahlter Leistungen durch den Arbeitgeber, AJP 2014, S. 51 f.

[124] In BGE 110 II 344 E. 2, erachtete das Bundesgericht eine Schadenersatzforderung gestützt auf Art. 321e OR als verwirkt an, weil die Arbeitgeberin diese nicht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht hatte. Auch in Urteil des Bundesgerichts 4A_351/2011 vom 5. September 2011 E. 2.2 war eine Schadenersatzforderung gestützt auf Art. 321e OR Gegenstand des Verfahrens. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts wird teilweise als zu streng erachtet (Rehbinder/Stöckli [Fn. 26], Art. 321e OR N 16; Streiff/von Kaenel/Rudolph [Fn. 30], Art. 321e OR N 14).

[126] Das Bundesgericht erachtet Arbeit auf Abruf grundsätzlich als zulässig (BGE 124 III 249; BGE 125 III 65).

[127] Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 319 OR N 35.

[128] Siehe Fn. 126.

[129] Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 319 OR N 35.

[130] Latzel (Fn. 2), S. 887.

[131] Pietruszak (Fn. 32), N 15.

[132] Frank Vischer / Roland M. Müller, Der Arbeitsvertrag, 4. Aufl., Basel 2014, § 11 N 16 m.H.a. BGE 107 V 177 E. 1b.

[133] Rehbinder/Stöckli (Fn. 26), Art. 324 OR N 45.

[134] BGE 115 V 437 E. 5a; Urteil des Bundesgerichts 4C.230/2005 vom 1. September 2005 E. 3.1.

[135] Siehe auch Widmer Lüchinger/Wiegand (Fn. 12), N 12 m.H.a. die herrschende Lehre und die Rechtsprechung.

[136] Urteil des Bundesgerichts 4A_291/2008 vom 2. Dezember 2008 E. 3.2.

[138] Siehe Fn. 125.

[139] Siehe Fn. 12.

[140] BGE 110 II 344 , Urteil des Bundesgerichts 4A_351/2011 vom 5. September 2011 und Urteil des Bundesgerichts 4A_291/2008 vom 2. Dezember 2008 lag ein gekündigtes Arbeitsverhältnis zugrunde.